Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)
wolltest du hier lieber hier ´rein?“
Nein, das wollte sie nicht.
Auf keinen Fall wollte sie das.
Robert und seine neue Liebe Händchen haltend zu sehen, würde sie umbringen, wusste sie, und deshalb stieg sie zu Jens Schneider ins Auto, wischte sich auf dem Weg zum `Take Five` alle Schminke vom Gesicht, warf den Trenchcoat beiseite und die hässlichen Stiefel aus dem Seitenfenster.
Unter dem Mantel trug sie ein enges, glitzerndes Kleid, zauberte schwarze Stilettos aus ihrer umfangreichen Umhängetasche hervor, nahm endlich auch die Perücke ab und war nun wieder die, als die Jens Schneider sie kannte.
Sie war endlich wieder sie selbst.
Kitty Cornelius.
Und sie wollte in diesem Moment auch gar keine andere sein.
Irgendwann, viel später, als die kalte dunkle Novembernacht in einen nicht weniger kalten, nebeligen Novembermorgen überging, hielt Jens die Tür zum Beifahrersitz seines Wagens weit auf, damit Kitty aussteigen konnte. Sie wankte ein bisschen, weil sie beschwipst, aber nicht betrunken war.
Ehe sie ging, ließ sie sich noch einmal gegen Jens fallen und sagte halblaut an seiner Wange:
„Kommst du noch mit ´rein auf einen Kaffee?“
Der junge Mann schob sie sacht von sich. „Nee, danke, Kitty, ich möchte jetzt nur noch nach Hause.“
„Du kannst bei mir schlafen.“
„Ach, Kitty, das hatten wir doch alles schon mal. Weißt du, ich habe keine Lust, als Ersatz für Robert herhalten zu müssen – und darum geht’s doch, oder? Du willst eigentlich Robert, aber den kriegst du nicht, Kitty. Schon vergessen?“
Sekundenlang lang wirkte sie verletzt, wie ein kleines Mädchen, das man zu Unrecht gemaßregelt hatte.
Fast tat sie Jens leid.
Aber er konnte nun mal nicht vergessen, was Robert schon vor Wochen zu ihm gesagt hatte: „Schlaf niemals mit der Tochter vom Chef…“
Und das würde er ganz bestimmt nicht tun. Er wollte Karriere bei Paul Cornelius machen und nicht – aus Versehen – eine Familie mit dessen Tochter Kitty gründen.
Die verzog den Mund zu einem schwachen Lächeln. Dann stöckelte sie auf den Stilettos auf ihre Haustür zu.
Nein, sagte sie sich bei jedem Schritt, sie hatte gar nichts vergessen.
Das war das Schlimmste an der ganzen Sache.
Sie konnte Robert Debus einfach nicht vergessen.
Sie würde auch nie aufhören können, ihn zu lieben.
Als sie unter die Bettdecke kroch, lag der Raum im Halbdunkel, erfüllt vom flockigen Grau des frühen Morgens, das sie sogar auf ihrer Haut zu spüren glaubte.
Obwohl es warm war, wickelte sie sich in eng in die Steppdecke. Es kam ihr so vor, als würde sich ihr Herzschlag verlangsamen, je länger sie so lag. Ihre Hände und Füße waren eiskalt.
Sie streckte sich auf dem Bett aus und schlief ein, nachdem sie sich die Decke über den Kopf gezogen hatte, und darunter träumte sie, dass sie in einem engen, stickigen Raum gefangen gehalten wurde.
„Und du hast wirklich keine Ahnung, wo Sarah jetzt ist?“
fragte Dr. Maren Schellhorn exakt in dem Augenblick, als Kitty Cornelius draußen in der Novemberkälte vor dem „Einstein“ frierend auf und ab, hin und her ging und immer noch darauf wartete, dass Robert das Restaurant verließ.
Doch Robert lag nichts ferner als ausgerechnet jetzt nach Hause zu gehen. Maren Schellhorn war wie er im Theater gewesen. Sie begegneten sich jedoch erst nach der Aufführung in der Bar, wo Robert die junge Frau an der Theke entdeckte, als sie reichlich gelangweilt in einem giftgrünen Cocktail rührte.
Er erkannte sie nicht auf den ersten Blick, glaubte jedoch, sich zu erinnern, dass Sarah sie ihm irgendwann irgendwo vorgestellt hatte, und weil sie mindestens so alleine zu sein schien wie er, zögerte er nicht lange, sondern schritt direkt auf sie zu.
Und es war ihm überhaupt nicht peinlich, eine eventuelle Konversation mit dem banalen Satz „Ich glaube, wir kennen uns von irgendwoher“ zu beginnen.
Sie wandte sich ihm zu, lächelte, ja, grinste geradezu, während ihr kurz geraspeltes, karottenrotes Haar im matten Lichtschein der Schirmlämpchen über der Bar glänzte.
„Natürlich kennen wir uns. Wir haben uns bei Sarahs Geburtstagsparty getroffen. Hallo, Robert.“
Nun wurde er doch noch verlegen. „Also, das ist mir jetzt unangenehm, aber ich habe deinen Namen vergessen.“
„Macht nichts, Robert. Die halbe Welt vergisst meinen Namen, kaum, dass ich irgendwo zur Tür ´raus bin.“
„Du bist eine Freundin von Sarah“, tastete Robert sich vorsichtig weiter, woraufhin sie erst
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