Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)
Konzert hatte ich festgestellt“, hörte er sie leise sagen, „ dass ich schwanger war. Ich war so glücklich. Ich freute mich auf das Kind. Ich ahnte ja nicht, dass es kein Kind geben würde.“
Frederik horchte auf. „Du hast es verloren?“
„Nein“, sagte sie erneut, sie wusste nicht, zum wievielten Mal. „Es war keine richtige Schwangerschaft. Ich musste operiert werden. Danach bekam ich eine Infektion und war sehr lange krank.“
Frederik konnte hören, wie sie tief Luft holte und er sah auch, wie sie erneut ihre Hand auf die Stelle oberhalb ihres Herzens presste.
„Nach ein paar Wochen durfte ich das Krankenhaus verlassen. Die Ärzte erklärten mich für gesund. Aber keiner sagte mir, dass ich nie mehr ein Kind haben würde. Jedenfalls erinnere ich mich nicht, dass es irgendjemand erwähnt hätte.“
Frederik schwieg.
Und weil er schwieg, sprach sie weiter: „Daran musste ich heute im Konzert plötzlich denken. An meine Freude über das Kind, das ich glaubte, in mir zu tragen, und dass ich fast die ganze Zeit mitgesummt hatte: Freude schöner Götterfunken, Und dass ich damals am liebsten die ganze Welt umarmt hätte.“
„Seid umschlungen, Millionen“, murmelte Frederik.
Sie versuchte zu lächeln. „Richtig. Aber es kam alles ganz anders. Kein Kind. Niemals.“
„Wie hast du das ausgehalten?“
„Indem ich es nicht an mich heran ließ.“
Er nickte. „So schützt sich der Mensch vor einem unerträglichen Schmerz. Verdrängen. Verleugnen. Vergessen.“
Und nun streckte er ihr seine Hand hin. „Komm her zu mir, Sarah. Lass dich endlich trösten.“
Sie zögerte nicht, rückte ihren Stuhl zu Frederik heran, lehnte sich gegen ihn, das Gesicht abgewendet. Das Elend ihrer Vergangenheit verblich ganz allmählich in der lauen, mondhellen Nacht. Es gab plötzlich nur noch diesen stillen schönen Balkon und Frederik und Sarah, die sich nun vorbeugte und ihre Hände um ihre Knie faltete.
Auf ihrem hellen Haar spielte der matte Glanz des Mondlichts. Frederik ließ seine Hand darüber gleiten, so, wie eine Mutter ihrem Kind über den Kopf streicht. Sarahs Haar war weich und seidig, nicht so spröde wie das der meisten jungen Frauen, die es mit künstlicher Farbe bearbeiteten, sodass es sich irgendwann wie Cellophan anfühlte.
Der Gedanke, dass er Sarah eines Tages vermissen könnte, wenn sie Neuseeland verließ, traf Frederik unerwartet. Er tat deshalb das, was er schon längst hatte tun wollen: Er wandte sich ihr zu und hob ihr Kinn, um sie anzusehen. Ihr Gesichtsausdruck verriet Trauer und Erschöpfung, was nicht verwunderte nach alldem, was sie ihm gerade über sich erzählt hatte.
„Hast du hier so auch mit Ilka gesessen?“
Ihre Frage kam für ihn unerwartet. Aber er wich ihr nicht aus, reagierte auch nicht peinlich berührt, sondern eher belustigt.
„Nein. Ilka musste immerzu irgendwo wandern oder auf der Südinsel in den Bergen klettern. Außerdem mochte Claire sie nicht, das war schon beim ersten Kennenlernen zu merken.“
Sarah sah ihn über den Rand ihres leeren Weinglases prüfend an. „Du hast mir ihr geschlafen?“
Er wurde nicht einmal andeutungsweise verlegen. „Ja. Das große, überwältigende Erlebnis war es allerdings nicht. Sie hatte sicher mehr erwartet, aber es waren ja auch nicht die ganz großen Gefühle, die uns zusammen ins Bett gehen ließen.“
Dann lachte er leise. „Ilka hat mit vielen Männern geschlafen auf ihrer langen Reise. Sie ist nicht der Typ Frau, der abwägt, abwartet. Sie tut es einfach. Ganz spontan. Diese sexuellen Abenteuer bleiben meistens flüchtig und bedeuten eigentlich gar nichts.“
„Und du? Warum hast du es getan?“
Frederik streckte sich, fuhr sich dann mit einer Hand durch sein dichtes, kastanienfarbenes Haar. „Ich vermute mal, weil es sich so ergab“, antwortete er dabei lakonisch. „Ilka ist attraktiv und auf eine gewisse Art eine Herausforderung für einen Mann. Warum hätte ich ihr Angebot nicht annehmen sollen? Ich lebe alleine, hin und wieder gehe ich mit einer Frau ins Bett, das ist alles.“
„Aber was hat denn das mit Liebe zu tun?“
„Nichts“, erklärte Frederik ganz selbstverständlich. „Männer können das trennen. Sex und Liebe. Das eine hat nicht zwingend etwas mit dem anderen zu tun, okay? Und wenn ich Lust auf Sex habe, dann gehe ich mit einer netten Frau in ein Hotel, verbringe dort eine Nacht mit ihr und kehre am Morgen in mein altes Leben zurück. Ihr Frauen meint immer, Sex und Liebe gehörten
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