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Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)

Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)

Titel: Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Schley
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Einkauf der Kasse näherte, der aus der üblichen Pizza, der ebenso üblichen Dose Cola sowie mehreren Tüten Salzgebäck bestand, schoben sich eilig und überhaupt nicht Schuld bewusst zwei andere Kunden an ihm vorbei. Ehe er es sich versah, hatte er den breiten Rücken eines jungen Mannes direkt vor sich, der wiederum interessiert die Rückfront der Frau vor ihm betrachtete.
    Von dieser Frau sah Julian nur eine Hand, die die Waren auf das Laufband legte, sowie ein Stück Ärmel eines roten Wildledermantels.
    Die Kassiererin begann sofort zu reden, während sie gleichzeitig Zahlen in die elektronische Kasse hämmerte.
    „Und? Hat er sich noch mal bei dir gemeldet? Nein? Das wusste ich. Hast du was anderes erwartet? Männer sind so. Alle sind sie so. Sie sagen, sie melden sich und dann tun sie es nie. Hat er denn wenigstens seine Klamotten mitgenommen? War ja überhaupt eine Frechheit, sich erst so bei dir einzunisten und dann eigentlich nie da zu sein. Ich meine, wo war er Mann andauernd? Ach, vergiss den Kerl! Vergiss die ganze Sache! Da muss man durch. Da mussten wir alle irgendwann durch. Ich hab´s ungefähr eine Million mal überstanden, und du schaffst das auch.“
    Plötzlich schwieg sie abrupt, als hätte sie jetzt erst etwas begriffen. „Aber“ begann sie überrascht, „hast du denn geglaubt, es war Liebe?“
    „Ja“, sagte die junge Frau. Mehr nicht.
    Und als Julian diese Stimme hörte, kehrte die Vergangenheit schlagartig zu ihm zurück. Er drängte sich an dem Mann vorbei, der ihm die ganze Zeit die Sicht versperrt hatte, warf die Coladose mitsamt der Pizza und dem Salzgebäck in irgendein Regal zurück und rannte hinter der jungen Frau in dem roten Wildlederledermantel hinterher, die bereits dem Ausgang zustrebte.
    „Jess“, rief er atemlos. „Jess, warte mal!“
    Sie blieb mit einem Ruck stehen, drehte sich um und – sie war es. Jessica. Irgendwann einmal seine Jess. Jul und Jess. Das Liebespaar am Kant-Gymnasium. Das waren sie gewesen.
    „Ach, hallo“, sagte sie erstaunt. „Julian. Wie nett.“
    Diese wenigen Worte genügten, um ihn begreifen zu lassen, dass sie nicht mehr die war, die er gekannt hatte. Vor ihm stand eine völlig veränderte Jess, die nichts Mädchenhaftes, Scheues mehr hatte. Sie war schlank, hielt sich sehr gerade, das Haar trug sie kurz, ihr Gesicht war schmal, ernst.
    Selbst ihre Stimme klang anders als früher, und jenes schiefe, hilflose Lächeln, das sich ihm so unvergesslich eingeprägt hatte, gab es auch nicht mehr.
    Jessica war erwachsen geworden.
    Sie war sie selbst, erkannte er. Es würde nie mehr passieren, dass sie ihn oder irgendeinen Mann anflehte, sie nicht zu verlassen.
    Irgendwann hatte er sogar das Gefühl, als sei sie nicht nur innerlich gewachsen, sondern auch äußerlich, denn während sie ihm gegenüberstand, befanden sie sich die ganze Zeit auf Augenhöhe, und sie dachte nicht daran, auch nur ein einziges Mal den Blick zu senken.
    „Was machst du denn so?“ fragte er, immer noch etwas atemlos.
    „Ich lebe jetzt in USA. Nach dem Examen habe ich das Angebot angenommen und arbeite an der Columbia-Universität mit einem Team an einer Forschungsreihe, über die ich meine Doktorarbeit schreiben möchte.“
    „Und was tust du jetzt hier?“
    Sie seufzte leicht. „Meine Mutter hatte vor einigen Wochen eine ziemlich schwere Operation und brauchte ein bisschen moralische Unterstützung. Übermorgen fliege ich aber schon wieder zurück.“
    „Ah, ja“, sagte Julian hilflos. Mehr fiel ihm einfach nicht ein.
    „Und du?“ wollte sie wissen. „Was machst du so?“
    „Ach, ich… na ja, ich hab´ ein Architekturstudium angefangen – hier an der Fachhochschule…“
    „Architektur?“ wiederholte Jessica überrascht. „Das kommt jetzt etwas unerwartet. Und warum hier und nicht in Hamburg?“
    Er hob vage die Schultern. „In Hamburg… Also, ich hab´ da jede Menge Mist gebaut.“
    Und dann schwiegen sie beide plötzlich. Julian holte irgendwann tief Luft, um das zu sagen, was er ihr längst hatte sagen wollen:
    „Es tut mir leid, Jess…“
    „Mir auch, Julian“, erwiderte sie, ehe er fortfahren konnte. Und nach einem kurzen Schweigen fügte sie hinzu: „Ich will jetzt nicht behaupten, dass du auf immer und ewig einen Platz in meinem Herzen haben wirst, Julian. Aber ich werde mich sicher hin und wieder daran erinnern, dass ich mit dir meinen ersten Joint geraucht, zum ersten Mal Sex und meinen ersten Vollrausch hatte.“
    Als sie ihn ansah und

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