Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)
wie eine Explosion heranrollen fühlte, die sie in nicht enden wollenden Wellen davon trug, und Roberts Aufstöhnen verriet ihr, dass er es auch spürte und genauso erlebte und sie beide in diesem Moment untrennbar eins wurden.
„Möchtest du etwas trinken?“
„Ja, gerne.“
„Was darf es denn sein?“
„Wodka mit Cassis.“
„Wie immer?“
„Alles wie immer, Robert.“
Sie lag an seiner Seite, warm und erschöpft nach der Liebe. Selbstvergessen hatte sie sich an ihn geschmiegt, in seiner Umarmung geborgen. Beinahe wäre sie eingeschlafen, aber da kam Roberts Frage, ob sie etwas trinken wollte und, ja, sie war sehr durstig.
Es war weit nach Mitternacht. Der Morgen würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Der neue Morgen. Der erste Ferientag. Heute begannen die Sommerferien, erinnerte Sarah sich ein wenig wehmütig. In ein paar Stunden würde sie nach Neuseeland unterwegs sein, wo die Uhren und die Jahreszeiten anders gingen…
Robert kehrte mit zwei Gläsern auf einem kleinen Tablett zurück, reichte Sarah den Wodka und trank selbst einen Whisky mit Eis.
Sarah richtete sich etwas auf, wobei Robert ihr half, indem er ein Kissen in ihren Nacken schob. Dann sah er sie lächelnd an. „Ich hoffe, ich hab´ die richtige Mischung getroffen.“
„Genau richtig, Robert. Nicht zuviel Wodka, auch nicht zuviel Cassis.“
„Das freut mich.“
Sie trank einen Schluck, wusste aber jetzt nicht mehr, worüber sie eigentlich reden wollten. Plötzlich waren sie beide so höflich wie zwei Fremde, die zu früh zu einer Party gekommen waren.
Robert leerte sein Glas mit wenigen Schlucken, legte sich neben Sarah, wartete, dass sie ihren Wodka trank, doch sie nippte nur ein- zweimal daran, um das Glas dann bereits wieder auf das Tablett zu stellen und sich schließlich wieder zu Robert umzudrehen.
Sie liebten sich erneut, während die Sonne ganz langsam aus dem Dunst des frühen Morgens aufstieg, und irgendwann später, als Robert dachte, sie würden nun endlich beginnen, über das zu reden, was in den letzten Wochen geschehen war, da erkannte er, dass Sarah eingeschlafen war.
Ihr Kopf ruhte in seiner Armbeuge, ihr Atem ging leise und friedlich, und als Robert sich über sie beugte und ihren Namen nannte, bewegte sie sich leicht und murmelte etwas, das er nicht gleich verstand. Als ob sie es geahnt hätte, wiederholte sie den Satz aus ihrem Schlaf heraus.
„Ich habe dich immer so geliebt…“
Robert brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, dass sie ihn damit meinte, und da leerte er auch noch ihr Glas mit dem Wodka, der erst kühl und dann sehr scharf schmeckte, so scharf, dass es ihm die Tränen in die Augen trieb. Es liefen ihm tatsächlich Tränen über die Wangen, doch er wusste nicht, ob das am Wodka lag oder an dem, was Sarah eben gesagt hatte.
Er lag reglos neben ihr, um sie nicht zu wecken und nach einer geraumen Zeit war er soweit, sich einzugestehen, dass er Angst davor hatte. Was würde geschehen, wenn Sarah aufwachte – würden sie dann endlich anfangen zu reden?
Alles das aussprechen, was sie eigentlich längst hätten sagen müssen?
Würde sie bereit sein, ihm zuzuhören?
Und mehr noch: Wäre er bereit, all das offen und aufrichtig vor ihr auszubreiten, was ihn in die Arme einer Kitty Cornelius getrieben hatte?
Vielleicht würde Sarah großzügiger reagieren, als er momentan noch für möglich hielt. Immerhin war sie es gewesen, die plötzlich in der Tür zu ihrem gemeinsamen Schlafzimmer gestanden hatte, um sich wenig später in seine Arme zu werfen.
Nicht eine Sekunde lang hatte er in ihrem Gesicht, ihren Augen, ihrer Hingabe auch nur das geringste Anzeichen von Reue angesichts dieser Tatsache erkennen können. Andererseits war ihm klar, dass mit dem neuen Tag nach einer solchen Nacht möglicherweise doch ein Bedauern folgen konnte, weil man das Vergangene jetzt in einem anderen Licht sah.
Absolut sicher war nur eines:
Sarah war in der letzten Nacht über ihren Schatten gesprungen, indem sie zurückkehrte in ihr gemeinsames Bett.
Das konnte nur einen Neuanfang bedeuten, fasste Robert zusammen. Sie liebte ihn noch. Und er liebte sie stärker als jemals zuvor.
Es kam ihm wie ein Märchen vor, in dem am Ende immer alles gut wurde.
Aber es war tatsächlich so.
Alles war wieder gut.
Er öffnete die Augen und erinnerte sich sofort, was in der vergangenen Nacht geschehen war.
Er drehte sich auf die andere Seite, in der Erwartung, Sarah zu sehen. Aber der leere Platz, das leere
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