Liebeslüge, Liebesglück? (Julia) (German Edition)
seinen Blick ebenso wenig deuten wie seinen Ton. Plötzlich beugte er sich vor und stieß mit ihr an. „Auf einen Urlaub, den wir nie vergessen werden.“ Liebevoll sah er sie an.
„Ich werde das hier bestimmt nie vergessen!“, sagte sie atemlos.
„Bestimmt nicht.“ Einen kurzen Moment lang wirkten seine Augen wieder merkwürdig verschlossen. Dann trank er einen langen Schluck und blickte zum Wasser, wo die golden leuchtende Sonne sich anschickte, in die Arme des Meeres zu sinken. Genau wie Marisa darauf wartete, sich in Athans Arme zu schmiegen.
Sie unterhielten sich entspannt, lauschten dem sanften Rascheln der Palmen in der warmen Brise und dem leisen Plätschern der Wellen. Alles war so friedlich und ruhig, als wären sie die einzigen Menschen auf der ganzen Insel.
„Ist das eine echte Kokosnuss?“, fragte sie und wies auf eine Palme.
Athan lachte. „Natürlich. Oder meinst du, die werden nur zur Dekoration aufgehängt? Wenn du möchtest, bitte ich mal einen Hotelmitarbeiter darum, uns eine davon zu pflücken. Es ist faszinierend, wie geschickt die Leute hier auf Palmen klettern können.“
„Das klingt, als hättest du das schon mal gesehen.“
„Ja, aber nicht hier. Hier war ich noch nie.“
Genau deshalb hatte Athan ja diese Ferienanlage ausgesucht: weil die Gefahr äußerst gering war, jemandem zu begegnen, der ihn oder seine Schwester kannte. Außerdem war hier alles auf Paare ausgerichtet, die ganz für sich sein wollten. Der ideale Ort für ihn und Marisa Milburne – und für Athans Zwecke.
Als er Marisa ansah, die so vertrauensvoll neben ihm saß, kamen ihm erneut Skrupel. Doch er hatte sie nun einmal hergebracht, damit sie am Ende allein ihn wollte und nicht Ian. Und Marisa wollte ihn – ebenso sehr wie er sie. Das spürte Athan deutlich, und deshalb unterdrückte er seine Skrupel ein weiteres Mal.
Wieder hob er sein Glas. „Auf uns“, sagte er leise, und im goldenen Licht der Sonne leuchteten ihre Augen wie Juwelen.
Marisa hörte konzentriert zu, als sich einer der Kellner mit einem anderen Inselbewohner unterhielt. Schließlich sagte sie zu Athan, der ihr gegenüber am Tisch saß: „Ich verstehe kein einziges Wort.“
„Kein Wunder“, erwiderte er. „St. Cécile stand früher unter französischer Herrschaft. Neben Französisch sind in das Kreol, das hier gesprochen wird, Fragmente verschiedener afrikanischer Sprachen sowie der ursprünglichen karibischen Sprachen eingeflossen. Auf praktisch allen Inseln der Karibik gibt es eine eigene Sprache. Es gibt auch eine eigene Literatur, und es ist nicht einfach für die Bewohner, dies alles für kommende Generationen zu erhalten.“
Während er sprach, betrachtete Marisa Athan verstohlen. Nachdem sie auf der gemütlichen Sänfte bei Sonnenuntergang mit Champagner angestoßen hatten, hatte er sich umgezogen und trug nun eine braune Stoffhose und ein anderes kurzärmeliges Hemd mit offenem Kragen. Marisa hätte stundenlang einfach dasitzen und ihn ansehen können. Doch sie plauderte weiter mit ihm, weil es ihr peinlich gewesen wäre, ihn stumm anzubeten wie ein liebeskranker Teenager.
Aber es fiel ihr sehr schwer, sich gelassen zu geben. Nicht zuletzt, weil Athan immer wieder langsam den Blick über sie gleiten ließ, wobei ihm deutlich anzusehen war, dass ihm sehr gefiel, was er sah.
Marisa verspürte ein nervöses Kribbeln im Bauch. Es hatte sich gelohnt, dass sie sich heute Abend mit ihrem Aussehen die größte Mühe gegeben hatte. Nach dem Champagner hatte sie sich im Badezimmer sorgfältig geschminkt – nicht übertrieben, aber ausreichend, um ihre Augen besonders zu betonen. Sie hatte Lipgloss aufgelegt und sich das Haar frisiert, sodass es ihr in ganz natürlich wirkenden Wellen auf die Schultern fiel.
Als Outfit hatte sie ein rot-goldenes Kleid ausgewählt, mit Spaghettiträgern und einer hohen Taille, die sie größer und schlanker wirken ließ. Dazu hatte sie sich eine hauchfeine Stola in denselben Farben um die Schultern gelegt. Als sie nun das Weinglas hob und ihre schmalen goldenen Armreife im Kerzenlicht glänzten, wusste Marisa, dass sie sehr hübsch aussah.
Es waren auch noch andere Paare im Restaurant, aber die einzelnen Tische waren durch Palmen und Bougainvillea voneinander abgetrennt. Die Tische waren im Halbkreis um den Pool der Anlage angeordnet, der aus dem Wasser heraus beleuchtet wurde.
Ich werde mich mein Leben lang an das hier erinnern, dachte Marisa. An diesen wundervollen Ort, diesen
Weitere Kostenlose Bücher