Liebeslüge, Liebesglück? (Julia) (German Edition)
flüsterte sie entsetzt.
Sein Verantwortungsbewusstsein zwang Athan, das Ganze zu einem bitteren Ende zu bringen – gegen seinen Willen. Er lachte sarkastisch. „Woher auch? Warum hätte Ian dir das erzählen sollen? Für mich und mein Vorhaben war deine Ahnungslosigkeit natürlich ein großer Vorteil.“
Fassungslos sah Marisa ihn an. Seine Augen, die auf St. Cécile so oft leidenschaftlich geglüht hatten, erwiderten ihren Blick kalt und gefühllos.
„Ich habe Erkundungen einzogen und so von der Sache mit dir und Ian erfahren. Seit mir der Verdacht kam, dass Evas Ehemann ein schmutziges kleines Geheimnis hat, beobachte ich dich“, fuhr Athan fort, ließ sie los und richtete sich auf. „Ich bin in das Apartment neben deinem gezogen, um die Sache zu beenden. Und das ist mir gelungen. Denn nach dem, was zwischen uns war, kannst du in seinem Leben natürlich keine Rolle mehr spielen.“
Marisa hatte das Gefühl, alles um sie her würde sich drehen. Es kostete sie unendlich viel Kraft, doch schließlich brachte sie heraus: „Das … das alles war also nur eine Falle, die du mir gestellt hast?“
Ihre Augen wirkten riesig, und ihr zartes Gesicht war bleich. Wieder wurde Athan von Wut erfasst. Wut darüber, dass sie so schön war und dass diese schöne Frau nie wieder ihm gehören würde.
„Genau“, bestätigte er. „Eine Falle. Mehr nicht.“ Mit diesen Worten versetzte er all dem, was zwischen ihm und Marisa gewesen war, endgültig den Todesstoß. Doch er hatte keine andere Wahl.
Marisa spürte, wie ihr übel wurde. „Verschwinde“, sagte sie schwer atmend.
Ihm war zumute, als würde sich ein stählernes Band um seinen Körper legen und immer enger werden. Doch Athan war noch nicht fertig. „Du wirst dich von jetzt an von Ian fernhalten und nie wieder etwas mit ihm zu tun haben“, begann er ausdruckslos, denn es war viel zu gefährlich, Gefühle zuzulassen. „Begründe das ihm gegenüber, wie du willst. Aber ich warne dich, wenn du es nicht tust, werde ich ihm einen Grund liefern, den Kontakt zu dir abzubrechen.“ Er machte eine bedeutungsschwere Pause. „Dann werde ich ihm verraten, was zwischen uns war. Hast du das verstanden?“
Marisa schluckte und kämpfte gegen ihre Übelkeit an. Dann nickte sie – und verbot sich mit aller Macht, über das nachzudenken, was Athan ihr angetan hatte. Sie erhob sich und stand bewegungslos da.
Athan atmete hörbar aus. Er hatte seinen Plan umgesetzt. Nun gab es für ihn nichts mehr zu tun, als zu gehen. Also wandte er sich um und ging zur Tür. Dort zögerte er einen winzigen Moment. Als würde er …
Doch schließlich ging er hinaus und schloss die Tür hinter sich.
Marisa stand noch eine Weile da und betrachtete starr die Stelle, an der Athan eben gestanden hatte. Dann sank sie, von ihrem Schmerz überwältigt, aufs Sofa.
Mit versteinerter Miene ging Athan den Flur entlang. Er hielt seine Regungen und Gefühle rigoros unter Kontrolle, weil er Angst hatte, diese könnten sich sonst machtvoll ihren Weg bahnen. Es war wichtig, dass er seine absolute Beherrschung aufrechterhielt.
Als er aus dem Foyer nach draußen ging, bestellte er einen seiner Geschäftswagen mit Fahrer, der ihn in sein eigenes Apartment fahren würde. Ich habe es geschafft, dachte er immer wieder. Sein Plan war aufgegangen. Daran musste er sich erinnern. Nicht daran, wie er den Arm um Marisas Schultern gelegt hatte und mit ihr bei Sonnenuntergang einen Strandspaziergang machte. Oder daran, wie ihr seidiges Haar im Mondlicht glänzte und ihr schlanker Hals betont wurde, wenn sie zum Himmel aufblickte, wo er ihr die Sternbilder erklärte. Oder daran, wie sich in seinem Innern etwas zusammenzog, wenn er ihr Gesicht umfasste, sie küsste und sie sanft auf den Sand legte. Unwillkürlich tauchten immer neue Bilder vor seinem inneren Auge auf: Marisa, die nackt in seinen Armen lag und ihren wunderschönen zarten Körper an ihn schmiegte. Marisa, die den Kopf in den Nacken warf und vor Lust laut aufschrie …
Athan verkrampfte die Hand um den Griff seines Koffers und zwang sich, die Bilder zu verdrängen.
Marisa packte ihre Sachen. Einen Koffer hatte sie ja schon fertig – gepackt auf einem anderen Kontinent, in einem anderen Leben. Den anderen hatte sie sich morgens gekauft. Methodisch und ohne nachzudenken leerte sie die Schubladen und verstaute alles im Koffer. Wenn sie die Kleidung eingepackt hätte, würde sie noch ein paar Kleinigkeiten in Kartons verstauen und sich nachschicken
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