Liebesmaerchen in New York
versuchen, wenigstens einen Teil davon zu verwirklichen. »Du fühlst dich so himmlisch an.« Er drehte sie zu sich herum. »Und du siehst außerdem fantastisch aus«, erklärte er, während er sie aus noch halb geschlossenen Augen betrachtete. »Und du schmeckst …«, er berührte ihre Lippen, »… wunderbar. Stell dir einmal Folgendes vor.«
Er strich mit der Hand über ihre Hüften. »Wir sind auf einer Insel – nehmen wir mal an, in der Südsee. Unser Schiff ist vor einer Woche untergegangen. Wir sind die einzigen Überlebenden.« Er schloss die Augen und küsste sie auf die Stirn. »Wir haben von Früchten gelebt und von den Fischen, die ich so geschickt mit meinem selbst geschnitzten Spieß gefangen habe.«
»Wer nimmt sie aus?«
»Hier geht es um Fantasie, also brauchst du dich nicht um Einzelheiten zu kümmern. In der vergangenen Nacht hatten wir einen Sturm – einen gewaltigen tropischen Sturm –, und wir haben in der Wärme des Unterstandes, den ich gebaut habe, Zuflucht gesucht.«
»Den du gebaut hast?« Sie hauchte einen Kuss auf seine Lippen. »Tue ich eigentlich auch irgendetwas Nützliches?«
»In deiner eigenen Fantasie kannst du alles tun, was du willst. Jetzt halte einmal den Mund.« Er zog sie enger an sich und hatte fast das Gefühl, die salzige Luft riechen zu können. »Es ist Morgen, und der Sturm hat alles reingewaschen. Die Möwen segeln über der nahen Brandung. Wir liegen zusammen unter einer alten Decke.«
»Die du auf heroische Weise vom Wrack gerettet hast.«
»Jetzt kommst du der Sache schon wesentlich näher. Als wir aufwachen, entdecken wir, dass wir einander umschlungen halten. Gegen unseren Willen hat es uns zueinandergezogen. Die Sonne brennt heiß. Sie hat unsere halb nackten Körper erwärmt. Und dann …« Mitchs Lippen waren kaum von ihren entfernt. »Und dann greift uns ein Wildschwein an, und ich kämpfe mit ihm.«
»Halb nackt und unbewaffnet.«
»Genau. Ich werde ernsthaft verletzt, aber ich töte es mit bloßen Händen.«
»Und während du das tust, ziehe ich mir die Decke über den Kopf und jammere.«
»Richtig.« Mitch küsste sie auf die Nase. »Aber hinterher bist du mir sehr dankbar dafür, dass ich dir das Leben gerettet habe.«
»Arme hilflose Frau, die ich bin.«
»Du hast es begriffen. Du bist so dankbar, dass du die Lumpen deines Rockes zerreißt, um daraus Verbände für meine Wunden zu machen, und dann …« Er legte eine Pause ein, um die Spannung zu vergrößern. »Dann machst du mir Kaffee.«
Hester fuhr zurück. »Diese ganze Geschichte hast du nur erfunden, damit ich dir Kaffee mache?«
»Nicht nur irgendwelchen Kaffee. Die erste Tasse Kaffee. Lebenselixier.«
»Den hätte ich dir auch ohne diese Geschichte gemacht.«
»Ja, aber hat dir die Geschichte gefallen?«
Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht, während sie überlegte. »Das nächste Mal fange ich den Fisch.«
»Einverstanden.«
Sie stand auf, und obgleich sie wusste, dass es albern war, wünschte sie, sie hätte etwas zum Anziehen in Reichweite. Sie ging an ihren Schrank, holte ihren Morgenrock heraus und zog ihn über. »Möchtest du frühstücken?«
Er setzte sich auf. »Frühstücken? Meinst du etwa, mit Eiern und so? Was Warmes?« Sonst bekam er nur dann ein warmes Frühstück, wenn er genügend Energie aufbrachte, zum Café an der Ecke zu gehen.
»Mrs Wallace, für ein warmes Frühstück können Sie die Kronjuwelen von Perth haben.«
»Nur für Eier und Speck?«
»Speck auch noch? Himmel, was für eine Frau!«
Sie lachte. »Dann steh auf und geh unter die Dusche – wenn du willst. Es wird nicht lange dauern.«
Er hatte das gar nicht scherzhaft gemeint. Er erwartete von einer Frau nicht, dass sie ihm anbot, für ihn zu kochen. Aber, erinnerte er sich, das war die Frau, die seine alten Jeans hatte flicken wollen, weil sie geglaubt hatte, er könne sich keine neuen erlauben.
Er sprang aus dem Bett und fuhr sich nachdenklich mit den Händen durchs Haar. Diese sich kühl und geschäftsmäßig gebärdende Mrs Wallace war in Wirklichkeit eine warmherzige und ganz besondere Frau, und er hatte nicht die Absicht, sie jemals wieder gehen zu lassen.
Als Mitch in die Küche kam, rührte Hester gerade Eier in die Pfanne. Der Speck tropfte auf einem Sieb ab, und der Kaffee war schon fertig. Er blieb einen Augenblick im Türrahmen stehen, verwundert darüber, dass eine so einfache häusliche Szene ihn so anrührte.
Hesters Morgenrock war vom Hals bis zu den Knöcheln
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