Liebesnacht im Wuestenpalast
sah sie an, als wäre sie jetzt völlig übergeschnappt. Vielleicht war sie das auch. Es war die einzige Erklärung dafür, dass sie ihn geküsst hatte.
„Warum bist du so verärgert?“
„Da fragst du noch?“ Sie fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen und sah ihn wortlos an.
„Du hast keine Träne vergossen, als ich dich gegen deinen Willen hierher gebracht habe. Nicht einmal, als du große Angst hattest. Aber jetzt bist du auf einmal entsetzt. Das passt irgendwie nicht zusammen. Und deshalb frage ich dich.“
„Du hast mich geküsst!“
„Und?“
Ihr Vorwurf schien ihm rein gar nichts auszumachen. Megan war außer sich. Gut, dass sie nicht in dem Raum mit den Säbeln an der Wand waren … „Das hättest du nicht tun dürfen.“
„Warum nicht? Wir wollten es schließlich beide.“
Wenn sie ehrlich war, konnte sie dem nicht widersprechen. Stattdessen sagte sie: „Ich lasse mich nicht mit den Männern anderer Frauen ein, und da du heiraten wirst, bist du für mich tabu. Und mir ist egal, ob es eine arrangierte Hochzeit ist.“
Während der langen Gesprächspause, die nun einsetzte, wurde Megan immer wütender. Sie verachtete sich dafür, diesen Kuss zugelassen zu haben. So etwas war ihr noch nie passiert. Gott sei Dank kannte sie seine arme Verlobte nicht, sonst würde sie sich noch schlechter fühlen – falls das überhaupt möglich war. Obwohl sie der nichts ahnenden Frau am liebsten gesagt hätte, auf was für einen unmöglichen Menschen sie sich da einließ.
Endlich fragte er: „Ich werde was ?“
„Heiraten. Deine Braut. Die Frau, wegen der du auf alle anderen verzichten solltest – schon bevor eure Hochzeit in Katar gefeiert wird.“
„Glaubst du nicht, dass ich von dieser Hochzeit etwas wissen sollte?“
„Ach, bitte. Jetzt tu doch nicht so!“
Er schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, wovon du redest. Wer hat dir gesagt, dass ich heiraten werde?“
„Du.“ Jetzt kam sie sich vor, als wäre sie verrückt geworden.
„Ich?“ Er fixierte sie mit Blicken. „Wann soll ich das gesagt haben?“
„Du hast gesagt …“ Sie überlegte fieberhaft. „Du hast gesagt, dass du und Jacques bald zur gleichen Familie gehört. Durch eine Hochzeit.“
„Und du dachtest, damit meinte ich meine Hochzeit.“
„Ja, natürlich. Welche denn sonst?“
„Ich habe von Jacques’ Hochzeit gesprochen“, sagte Shafir ruhig in die Stille der Nacht hinein.
6. KAPITEL
„ Jacques wird heiraten?“
Shafir stand regungslos in der Mitte des duftenden Gartens und sah zu, wie Megan versuchte, das alles zu begreifen.
„ Mein Jacques?“, fragte sie schließlich.
„Nicht dein Jacques“, sagte er wütend. „Garnier wird meine Cousine Zara heiraten.“
Sie blickte ihn fassungslos an.
Ich lasse mich nicht mit den Männern anderer Frauen ein, und da du heiraten wirst, bist du für mich tabu. Das hieß, Megan hatte nicht gewusst, dass Garnier verlobt war, als sie nach Dhahara gekommen war. Sie hatte sich also nicht vorgenommen, die Hochzeit zu verhindern. Shafir wollte so gern glauben, dass sie nichts von all dem gewusst hatte. Aber er musste vorsichtig sein. Immerhin stand Zaras Glück auf dem Spiel. Bevor er mit Zara über Jacques sprach, musste er ganz sicher sein, dass Megan nichts Böses im Schilde führte.
„Jacques kann doch nicht …“ Sie brach ab.
In der rasch dichter werdenden Dämmerung betrachtete er ihre Augen, konnte die Gefühle nicht deuten, die sich darin widerspiegelten. „Warum sollte ich dir nur ein Wort glauben, Shafir? Du warst bisher schließlich auch nicht gerade sehr ehrlich zu mir.“
Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und fuhr fort: „Jacques würde mir das nicht antun.“
Wenn sie schauspielerte, dann war sie verdammt gut. Er bezwang den Wunsch, ihre Hände in seine zu nehmen und die Fäuste sanft zu öffnen. Ihr Schock musste echt sein … Oder sie hatte wirklich einen Oscar verdient. Doch als Shafir daran dachte, wie verliebt sie vor seinem Personal getan hatte, als er aus Katar zurückgekommen war, befielen ihn Zweifel. Fast hätte er es ihr sogar abgenommen, bei Allah.
Nein, das hier musste auch gespielt sein. In schneidendem Ton fragte Shafir: „Du kennst Garnier so gut, dass du weißt, was er tun würde und was nicht?“
Offen begegnete sie seinem Blick. „Ich weiß, dass Jacques ein Gentleman ist. Er würde niemals stehlen oder eine Frau entführen.“
Verärgert über diesen persönlichen Angriff, entgegnete Shafir: „Ich sage dir, was ich
Weitere Kostenlose Bücher