Liebesnacht im Wuestenpalast
Vielleicht hatte sie es einfach zu eilig damit gehabt, sich zu verlieben. Wie eine reife Frucht hatte sie darauf gewartet, dass Jacques kam und sie pflückte.
Auf so etwas würde sie sich nie wieder einlassen. Diese Entscheidung hatte sie während der langen und schlaflosen Nacht getroffen, die hinter ihr lag.
Es war zu erniedrigend. Sie hatte nicht einmal gemerkt, dass Jacques nur mit ihr gespielt hatte, obwohl es im Nachhinein offensichtlich war. Manchmal hatte er am Telefon ganz leise gesprochen. Sie hatte es erotisch gefunden, aber jetzt wusste sie, dass er nicht allein gewesen war. Das war alles andere als erotisch.
Und oft hatte er ihre Anrufe gar nicht erst angenommen. Sie hatte sich eingeredet, dass er beschäftigt war, ein hart arbeitender Geschäftsmann. Sein Erfolg hatte sie geblendet, genauso wie sein gutes Aussehen und seine schmeichelnden Worte.
Wie dumm konnte eine Frau sein?
Während sie nach der großen Liebe gesucht hatte, wollte Jacques sich einfach noch einmal amüsieren, bevor er heiratete. Kein Wunder, dass er nicht begeistert war, sie in Dhahara zu treffen! Kein Wunder, dass er so tief wie möglich in der Wüste übernachten wollte! Das hatte nichts mit Romantik zu tun. Er wollte einfach nicht, dass Zaras Familie die schmutzige Wahrheit erfuhr.
Anscheinend ahnten sie etwas. Aber dank Jacques dachten sie nur das Schlechteste von ihr. Eine Mitgiftjägerin, die sich einen reichen Mann angelte. Wie furchtbar.
Plötzlich hörte Megan, wie sich ihre Schlafzimmertür öffnete und wieder schloss. Sie umklammerte das Geländer noch fester. Sie brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, dass es nicht Naema war.
Sie fragte sich nicht einmal, was Shafir um diese Zeit hier machte. Die ganze Nacht hatte Megan nicht geschlafen. So sehr schämte sie sich, weil sie sich dermaßen getäuscht hatte.
Wie erstarrt wartete sie darauf, dass er sie nur noch weiter erniedrigte, indem er ihr ihre Dummheit vorwarf.
„Siehst du die Palmen da drüben?“
Erleichtert und verblüfft darüber, dass er ihr keine Vorwürfe machte, blickte Megan in die Richtung, in die er zeigte. Eine Reihe von Palmen führte auf einen Rundbogen in der Mauer zu. Durch den Bogen sah sie, wie die morgendlichen Sonnenstrahlen auf den größten Teich des Gartens fielen. Er glitzerte wie pures Gold. „Ja, ich sehe sie.“
„Mein Vater hat sie gepflanzt, als er noch ein Junge war.“
„König Selim hat sie gepflanzt?“ Sie merkte, wie ungläubig sie klang. „Mit seinen eigenen Händen?“
„Ein paar Männer haben ihm geholfen, aber die meiste Arbeit hat er selbst gemacht.“
Shafir stellte sich neben sie und stützte sich mit den Ellbogen auf das Geländer. Sein Duft nach Seife, Sandelholz und orientalischem Gewürz kam ihr schon vertraut vor. Er trug einen Jogginganzug und war barfuß. Außerdem war sein Haar noch feucht. Offensichtlich hatte er gerade geduscht. Das Morgenlicht tauchte seine Haut in einen warmen Bronzeton und betonte seine Wangenknochen. Seine faszinierenden Augen hatten einen wachen Ausdruck.
Schnell sah Megan wieder geradeaus.
„Meine Großmutter glaubte an die Magie der Gärten.“
Sie hielt das Gesicht der Sonne entgegen und sagte: „Kein Wunder, nach dem, was du über die persische Braut deines Vorfahren erzählt hast.“
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Shafir nickte. Der dumpfe Schmerz in ihrer Brust ließ langsam nach.
„Sie glaubte, dass Gärtnern eine Kunst ist, die zum Erbe der Menschheit gehört. Dass wir Orte der Ruhe und des Friedens geschenkt bekommen, um dort zur Besinnung zu kommen. Dass sie uns Lebensfreude schenken und dass jedes Kind das Glück erleben sollte, ein Stück Garten zu bepflanzen.“
Verstohlen warf sie ihm einen Blick zu. „Hast du auch etwas gepflanzt?“
„Ja, einen Palmengarten. Er liegt im Osten des Palastes.“
„Ich habe ihn noch gar nicht gesehen.“
„Er gehört nicht zum Garten der Frauen.“
Der Gedanke an die strenge Trennung beunruhigte sie. „Dann werde ich ihn nie sehen?“
„Ich werde ihn dir zeigen.“
„Wirklich?“ Ungläubig drehte sie sich zu ihm um. Wieso sollte er ihr einen Gefallen tun, wenn er sie doch verachtete. Und das alles wegen Jacques!
„Wirklich.“
Sie hoffte, dass er es ernst meinte. „Wann?“
Vielleicht würde er erkennen, wer die echte Megan Saxon war, wenn sie etwas Zeit mit ihm verbrachte.
Er verzog den Mund. „Du fragst immer so viel. Was? Warum? Wann? Du musst lernen, geduldiger zu sein.“
Zum ersten Mal
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