Liebesnaehe
den Kopf hinunter und lauscht mit einem Ohr, ob sie sein Herz hören kann.
Das T-Shirt riecht nach Zwiebeln und Rauch, sie saugt auch diesen Duft ein und streift das Shirt dann mit aller Vorsicht ein wenig nach oben. Sie sieht seinen kleinen Nabel und würde ihn gerne küssen, tut es aber nicht, sie will ihn nicht wecken, denn sie vermutet, dass er bei einem allzu plötzlichen Aufwachen erschrickt. Vielleicht ist sie aber auch zu vorsichtig und sollte sich nicht derart beherrschen, eine angenehm späte Weinschwere lauert etwas lüstern in ihr, so dass sie daran denkt, wie es wohl wäre, sein nacktes Glied zu sehen und zu berühren.
Diese Fantasie hat sie vor Augen, als sie das Ohr an seinen Unterkörper legt und dann langsam mit ihm an seiner warmen Haut hinaufgeht, sie untersucht ihn, ja, sie horcht ihn ab, noch ist nichts zu hören, doch dann sind seine Herztöne plötzlich da. Sie ist von diesem leisen Trommeln und Schlagen derart überrascht, dass sie ihr Ohr dann dicht an seinen Körper hält, sie liegt jetzt mit ihrem Kopf auf seiner nackten Brust, und sie fährt mit den Fingern ihrer linken Hand behutsam über seine Haut, hin und her, als spielte sie wie ein Kind mit kleinen Wellen, die sie gegeneinander anrennen lässt, bis sie sich brechen.
Sie richtet sich auf und schlägt die Decke, die ihn noch an einer Seite bedeckt, ganz zur Seite. Er bewegt ein wenig den Kopf, erwacht aber nicht, sie beugt sich wieder über ihn und sieht, dass seine Lippen einen Spalt offen stehen. Sie kniet sich so hin, dass er jetzt mit seinem ganzen Körper unter ihr liegt, dann nähert sie sich mit ihren Lippen den seinen, sie riecht den Duft des schweren Rotweins,
dann berühren sich ihre Lippen, und sie atmet mit ihm ein und aus, ein und aus, ganz in seinem Rhythmus. Nicht den geringsten Druck üben ihre Lippen aus, nein, sie bleiben vielmehr in einer Art Schwebe, ja, sie schweben und touchieren nur seine Lippen, es ist eine Art – wie soll sie es nennen? – eine Art Tuchfühlung.
»Tuchfühlung« – die seltsamsten Worte gehen ihr jetzt durch den Kopf, ihr Körper wirkt wie erhitzt, in ihrer Stirn pocht es ein wenig, und auf der Rückenhaut spürt sie plötzlich eine heftige Kälte, als flössen dort kleine Ströme von Schweiß. Sie richtet sich wieder auf und fährt sich mit der Rechten durchs Haar, Georg hat behauptet, diese Geste sei ihr angeboren, schon als kleines Kind habe sie sich immer wieder mit der Rechten durchs Haar gefahren. Diesmal ist diese Geste aber so heftig, dass wirklich ein kaum merklicher Regen von Schweiß auf seine nackte Brust niedergeht, sie sieht, wie seine Haut zusammenzuckt, aber er wacht noch immer nicht auf, nein, sein Träumen ist noch nicht zu Ende.
Die winzigen Tropfen, die sich auf seiner Haut abgesetzt haben, erregen sie, sie starrt auf diese Tropfen, der ganze Vorgang hat für sie etwas ungemein Sinnliches. Es fällt ihr immer schwerer, ihre Berührungen weiter so beherrscht und vorsichtig fortzusetzen, sie möchte sich ausziehen, sofort, sie zittert ein wenig, sie zögert, dann aber tut sie es wirklich und streift sich das T-Shirt über den Kopf. Sie trägt keinen BH, sie hat noch nie gerne einen BH getragen, in Gesprächen mit Georg hat sie sich oft über das blöde Kürzel, das noch eine Spur blöder als der
dadurch bezeichnete Gegenstand ist, lustig gemacht. Wie kann es einer Frau Vergnügen machen, einen BH zu tragen? Sie verscheucht diese Fragen, sie stören ihre Konzentration, denn sie will jetzt, dass er ihre Brustspitzen küsst, ja, genau das will sie.
Sie kniet sich wieder hin und bringt ihre Brüste ganz dicht an seinen Mund, dann hebt sie die rechte Brust etwas an und führt sie an seine Lippen. Sie spürt einen leichten Hauch, mehrmals, und dann auch die sanfte Berührung, so sanft berühren sich nur träumende Wesen, ja, ihre Brust träumt noch, so, wie seine Lippen träumen, diese Berührung geschieht in einer starken Verzögerung, wie unter Wasser. Dann greift sie auch nach ihrer linken Brust und lässt seine Lippen an diesen Brustspitzen entlangstreichen, die Bewegung ist aber nur kurz, sie hält lieber inne und spürt dem leichten Druck nach, der von diesen Lippen bis tief hinein in ihren Körper reicht. Es ist, als würde sich dieser Druck in sie eingraben, ja, sie spürt, dass sie etwas von ihm in sich aufnimmt.
Sie zittert wieder, ihre Erregung ist noch gewachsen, sie schließt die Augen und stützt sich auf ihre beiden Hände, während ihr Körper jetzt
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