Liebessklavin
Gedanken abspielte, Erica konnte es deutlich auf ihrem Gesicht ablesen.
Sie straffte ihre Schultern, hob ihr Kinn und erinnerte sich daran, wie zum ersten Mal eine Last von ihrer Seele abgefallen war. Jetzt spürte sie es ebenso, nachdem sie sich zu ihrer Neigung bekannt hatte. „Ich bin, was ich bin, Marie. Ich bin eine Sklavin und ich genieße es. Der Mann ist wunderbar. Er liebt mich und zeigt mir eine Welt, die du nicht verstehen kannst. Alles, was ich von dir als Freundin fordere, ist deine Toleranz. Du musst das nicht verstehen, du musst es auch nicht toll finden, aber akzeptiere es.“ Erica richtete ihr Haar, strich ihr Kleid glatt und betrachtete nachdenklich ihr Spiegelbild.
Marie schwieg, als müsse sie die Ankündigung der alten Freundin erst verdauen.
„Es hat vor ihm keinen Mann gegeben, bei dem ich gekommen bin. Mir hat ständig etwas gefehlt, aber ich wusste nicht, was. Jetzt verstehe ich meine eigenen Fantasien wesentlich besser. Ich habe immer davon geträumt, von einem Mann benutzt, beherrscht und unterworfen zu werden, habe mich für diese Gedanken geschämt und dann kam Simon. Als könnte er in meine Seele blicken, hat er das in mir erkannt.“ Sie drehte sich zu Marie um. „Ich liebe ihn. Nicht nur dafür, aber vielleicht gerade deswegen. Es hat mit einer Einladung und einem Spiel begonnen, aber jetzt ist da viel mehr. Sieh mich nicht an wie das siebte Weltwunder.“
Die Freundin senkte ihren Blick, schüttelte den Kopf. „Du bist an einen Perversen geraten und der hat dich einer Gehirnwäsche unterzogen. Missie,wach auf. Du willst mir doch nicht allen Ernstes weismachen, dass du darauf stehst, ausgepeitscht und ohne jeglichen Respekt missbraucht zu werden. Was hat der bloß mit dir angestellt?“ Maries Hände lagen auf Ericas Schultern, eindringlich sah sie ihr in die Augen. „Erica, diese Typen sind krank! Keine Ahnung, was in deren Leben schiefgelaufen ist, vielleicht hat Mami sie absichtlich vom Wickeltisch fallen lassen, aber diese Kerle sind total irre. Die finden es geil, eine Frau zu unterdrücken, nur um ihr kaum vorhandenes Ego damit aufzupolieren. Wer weiß, vielleicht ist dieser Simon ein Frauenhasser. Die meisten von denen sind Alltagsversager, deswegen brauchen sie so einen Kick.“
„Simon ist ein erfolgreicher, souveräner und verdammt guter Geschäftsmann. Wie ich schon sagte, Marie, du wirst das nicht verstehen können. Niemand, der das nicht erlebt hat, kann es nachvollziehen.“ Sie schnaubte höhnisch.
Einerseits hätte sie gern die Uhr zurückgedreht und nichts erzählt, andererseits fühlte sie sich befreit, es ausgesprochen zu haben. Sie wusste, auch die anderen Freunde würden wie Marie reagieren. Sie berührte die rechte Wange ihrer Freundin, hauchte ihr einen Kuss auf die linke. „Sei meine Freundin, Marie, aber urteile nicht über Dinge, von denen du keine Ahnung hast. Ich bin, was ich bin, und ich bin noch immer ich. Selbstbewusst, stehe auf eigenen Füssen, verdiene mein eigenes Geld und bin gut in meinem Job. Wenn du meine Offenbarung nicht akzeptieren kannst - ich bin nicht abhängig von deinem Urteil, oder davon, was du oder die anderen da draußen über mich denken.“ Erica verließ erhobenen Hauptes den Waschraum, kehrte zu den Freunden am Tisch zurück, um ihre Tasche zu holen. Wortlos betrachtete sie die fragenden Gesichter der Menschen, die ihr näher stehen sollten als sonst jemand.
Sie verließ die Bar, hielt ein Taxi an und fuhr zu ihrer kleinen Wohnung. Minutenlang saß sie im Halbdunkel ihres gemütlichen, geschmackvoll eingerichteten Wohnzimmers, amüsierte sich über sich selbst, die Reaktion ihrer Freundin, aber ihr schlechtes Gewissen regte sich. War sie zu barsch gewesen? Zu hart ihrer Freundin gegenüber? Sie war doch selbst vor wenigen Wochen noch unwissend gewesen. Erica versuchte sich vorzustellen, wie sie in Maries Situation reagiert hätte und das schlechte Gewissen wuchs ein Stück, doch sie war zu erleichtert über ihr Outing, und auch zu wütend über die heftigen Reaktionen, um einzulenken. Sie griff nach dem Telefon.
„DiLucca!“
Erica schloss die Augen. „Hey, ich bin‘s!“
„Hallo Engel! Ist etwas passiert?“
„Nein, es ist alles okay. Ich musste deine Stimme hören.“
Bis in die Nacht hinein redeten sie und Erica erzählte ihm von ihrem Erlebnis mit den Freunden. Die Beschreibungen ihrer Gefühle, ihrer Gedanken sprudelten aus ihr heraus und Simon hörte schweigend zu. „Was denkst du jetzt?“
Er
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