Liebessterne ueber Nizza
habe ich wohl voreilige Schlüsse gezogen.“
„Ja, das hast du!“ Innerlich fragte sie sich allerdings, woher sie die Stärke nehmen sollte, ihn für immer abzuweisen. „Um eines einmal klarzustellen: Wenn ich auf deinen Vorschlag eingehen würde – und das werde ich natürlich nicht“, fügte sie schnell hinzu. „Hättest du dann keine Angst, dass ich mich wirklich in dich verlieben könnte? Oder noch schlimmer …“ Sie verdrehte die Augen. „Vielleicht würdest du eines Tages feststellen, dass du dich in mich verliebt hast.“
„Hör auf.“ Plötzlich konnte er es nicht mehr ertragen, dass sie diese Vorstellung gab. Tränen wären ihm lieber gewesen – sogar wüste Tiraden. „Ich werde mich nicht in dich verlieben. Das wird niemals passieren. Hast du verstanden?“
„Und ob.“ Warum sollte es ihr etwas ausmachen? Sie war fest entschlossen gewesen, sich nie wieder an einen Mann zu binden. Nie wieder hatte sie diese Hölle erleben wollen, zu der ihre Ehe mit Niall am Ende geworden war. Doch noch immer aufgewühlt von Conans arroganter Behauptung, fragte sie mit aller Würde, die ihr noch geblieben war: „Woher nimmst du eigentlich die Gewissheit, als einziger Mensch auf der Welt immun gegen Gefühle zu sein?“
Er kann sich nicht in mich verlieben, weil ich nicht seinen gesellschaftlichen Kreisen angehöre. Ich kann zwar seinen Körper, niemals aber seinen Intellekt befriedigen . Tausend mögliche Antworten gingen ihr durch den Kopf. Vielleicht war er auch einfach noch in Petra Flax verliebt.
Doch er sagte nur: „Ich komme aus einer zerrütteten Familie und habe ganz bestimmt nicht vor, diese schlimme Geschichte mit meiner eigenen zu wiederholen.“
Seine Stimme klang so scharf, dass Sienna seine Verbitterung deutlich spüren konnte. „Wie meinst du das?“, fragte sie mit einem Stirnrunzeln. Wieso sollte eine Beziehung, die er mit einer Frau einging, genauso enden wie das Familienleben seiner Kindheit?
„Ich habe nicht vor, der Stiefvater des Kindes eines anderen Mannes zu werden. Selbst wenn es sich dabei um meine Nichte handelt. Das würde alles nur noch komplizierter machen.“
Ungläubig sah sie ihn an.
„Ich erwarte nicht, dass du mich verstehst. Vertraue mir einfach.“
Wie denn? hätte sie beinahe gefragt, hielt sich aber zurück. Sonst hätte er womöglich gedacht, dass sie ihn wirklich liebte und sich eine feste Beziehung mit ihm wünschte. Allerdings konnte sie es nicht auf sich beruhen lassen.
„Selbst wenn ich mehr von dir wollte – was nicht der Fall ist“, erwiderte sie, „wie könnte Daisy dann alles noch komplizierter machen?“
Für einen Augenblick dachte er an die Einsamkeit seiner Kindheit, an die Angst seiner Mutter und an die Eifersucht seines Stiefvaters zurück.
„Vielleicht will ich eines Tages eigene Kinder haben. Und mein eigen Fleisch und Blut würde ich einem Stiefkind vermutlich vorziehen. Wie kann ich verhindern, dass ich das Kind eines anderen Mannes schlechter behandle? Selbst wenn ich jemals heiraten sollte, werde ich es niemals riskieren, so ein Stiefvater zu werden, wie es meiner gewesen ist.“
Aber du bist ein ganz anderer Mensch, wollte sie sagen, doch dann hätte er vielleicht geglaubt, sie wolle ihn nur zur Heirat überreden. Stattdessen fragte sie zaghaft: „Hast du vielleicht Angst, dass du auch in anderer Hinsicht so werden könntest wie er? Dass du wegen deiner Erziehung …“ Sie musste ihren Mut zusammennehmen, um weiterzusprechen. „… deine Frau und deine Kinder so behandeln könntest, wie er dich und deine Mutter behandelt hat?“
„Du meinst, dass ich gewalttätig werden könnte?“ Er sah sie erschrocken an. „Das würde ich niemals tun. Ich verabscheue Gewalt.“ Der entschlossene Zug um seinen Mund sagte ihr, dass er es ernst meinte. „Ich glaube, alles lässt sich durch Gespräche aus der Welt räumen oder in den Griff bekommen. Aber ein Kind braucht seinen eigenen Vater. Alles andere ist nur ein schwacher Ersatz.“
Ein schwacher Ersatz – wofür? dachte sie. Für einen Mann, der seine Tochter anbrüllte, bis sie vor Furcht zu weinen begann? Für einen Mann, der solche Wutausbrüche bekam, dass seine Frau Angst hatte, das Mädchen mit ihm im selben Hause zu lassen?
„Nicht, dass es mich etwas angeht, aber ist das für einen Mann von deiner Intelligenz nicht etwas engstirnig gedacht? Glaubst du wirklich, dass es in jeder Stieffamilie nur Leid gibt, weil es in deiner so gewesen ist? Meinst du nicht, dass
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