Liebesvisitation (German Edition)
oder?“
„Du willst mir nur schmeicheln“, wiederholte sich Judith.
„Aus welchem Grund sollte ich dir schmeicheln wollen, wenn nicht aus dem, dass ich was von dir will?“
Judith lächelte schelmisch. Verdammt, was musste noch geschehen?
Albert holte zum nächsten Liebesbeweis aus: „Ich sag es dir ganz objektiv...Nein, ich sag es dir nicht objektiv, aber ich würde es ganz objektiv sagen, wenn ich es könnte: Du bist wunderschön.“
„Ich bin zu klein.“
„Zu klein für was?“
„Zu klein, um Model zu sein.“
„Willst du denn Model sein?“
„Nein.“
„Na also.“
Albert blieb stehen und drehte sich zu Judith. Dann sagte er:
„Ich wünschte, du könntest dich durch meine Augen sehen.“
Sie gingen weiter. Albert war schwer verunsichert. Judith war doch eigentlich nicht der Typ, die einer Frage auswich. Andererseits hatte er gar keine Frage gestellt. Vielleicht wollte sie ihn aber auch nicht verletzten. Aber ein sauberer Schnitt war besser, als das Rumgezerre eines geschundenen Herzens.
„Darf ich dich was fragen?“, fragte Judith.
„War das schon die Frage?“, fragte Albert.
„Das war eine ungefragte Frage, aber jetzt kommt die gefragte:
Wie lange hast du den heutigen Tag geplant?“
Albert wurde rot. „Wie kommst du darauf, dass ich ihn geplant habe? Er kam von ganz alleine.“
„Du weißt genau was ich meine.“
„Ist das wichtig? Du weißt, dass ich nicht spontan bin. Ich plane gerne. Das gibt mir Sicherheit. Ich bin eben gerne vorbereitet.“
„Auf alles?“
Albert wurde rot. Also noch röter. Judith fuhr fort: „Hast du nicht manchmal Interesse daran, einfach impulsiv zu handeln? Ganz spontan?“
„Es gibt nichts Unspontaneres als einen Impuls. Wenn ich rational festlege, dass ich, wenn ich heute noch mehr als fünf Aufträge rein bekomme, morgen weiterarbeite, ansonsten heute die Sachen fertig mache, dann ist das Ergebnis spontan. Aber wenn ich jemandem aus einem Impuls heraus auf die Schnauze haue, dann ist das letztendliche das Ergebnis von etwas, das unterbewusst bereits lange brodelte.“
Albert wartete einen Moment, dann kniff er Judith in die Seite.
„Das war jetzt aber spontan“, sagte sie.
„Willst du noch was Spontanes?“, fragte Albert und gab ihr einen Kuss.
„Das war nicht ganz so spontan“, antwortete Judith.
„Dann weißt du also schon, dass ich dich grenzenlos Liebe und für immer mit dir zusammen sein will.“
„Dass du für immer mit mir zusammen sein willst, wusste ich nicht. Dass du mich grenzenlos liebst, wusste ich glaub ich auch nicht.“
„Ich hab deine Reaktion nicht voraus geplant, aber wenn ich sie geplant hätte, dann hätte ich sie mir nicht so gewünscht.“
Judith kam jetzt ganz nah an ihn heran. „Vielleicht ist das so eine Art Therapie von mir, dass ich immer das Gegenteil von dem tue, was du dir ausgedacht hast.“
„Dann denke ich jetzt ganz sicher nicht an Sex und keinerlei Zärtlichkeit.“
Judith küsste ihn.
Er musste sich was einfallen lassen. Ralf musste Anna zeigen, wie sehr er sie mochte. Und dass er es ernst meinte. Vielleicht sollte er mal duschen. Aber vielleicht erwartete Anna mehr von ihm. Sie würde ihm sicher gerne eine warme Dusche verpassen, oder eine kalte. Und danach eine Abreibung.
Er musste ihr zeigen, dass er etwas gelernt hatte. Dass er jetzt ein souveräner, verantwortungsbewusster Idiot war...aber wie ?... Es musste etwas unegoistisches sein. Etwas für sie. Aber wie gab man sich uneigennützig souverän, wenn die Person, der man etwas Gutes tun wollte, ihr Leben voll im Griff hatte? Sein letzter - zugegeben wahnwitziger - Versuch, war voll in die Hose gegangen.
Liebesschwüre auf einem Banner mit einem Sportflugzeug über den Himmel ziehen zu lassen, war jedenfalls keine Methode, seine Souveränität unter Beweis zu stellen, sondern wieder nur wahnwitzig.
Er…Er...Er würde ihr Auto putzen.
Ralf huschte wie ein Ganove um die Häuserecke. In der Hand ein Eimer mit warmen Wasser, das inzwischen kalt geworden war. Er hatte den Eimer zuhause gefüllt und quer durch die Fußgängerzone getragen. Drei Kilometer bis in Annas Wohnsiedlung...Jetzt schlich er wie ein Gangster, in leicht geduckter Haltung um die Häuser...Da stand ihr Wagen...Zu seiner größten Freude, war er in einem desolaten Zustand. Er ging mit seinem Eimer und seinem Schwamm zum Wagen und begann zu schrubben. Er hatte das Wasser großzügig mit Spüli versetzt, damit auch schön der
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