Liebesvisitation (German Edition)
Vorgarten machen. An was es ihm fehlte, war der Mut, es ihr zu sagen. Er musste handeln. Jetzt !... Aber was sollte er tun?...Er würde sie anrufen! Welch bahnbrechende Erkenntnis! Er ging zum Telefon…ging wieder weg, ging wieder hin, ging wieder weg. Verdammt, nur Ruhe bewahren. Erstmal ihre Telefonnummer raussuchen . Bullshit, die kannte er auswendig, aber er suchte nach Maßnahmen, um Zeit zu schinden, die Sache noch weiter hinauszuzögern.
Nein. Jetzt. Er atmete tief durch, ging zum Telefon, nahm den Hörer ab. Er glitt ihm aus der Hand...Das machte nichts, die Dinger waren ja stabil. Er nahm ihn wieder auf, atmete tief durch, wählte mit zittrigen Fingern die Nummer. War sich nicht sicher, ob er jeder Taste den nötigen, spezifischen Druck gegebenen hatte, damit die Ziffer von der Apparatur angenommen wurde. Seine Finger waren so taub. Das Telefon wählte durch. Er legte auf, lief einmal durch die Wohnung, atmete tief durch, nahm den Telefonhörer wieder ab, wählte ihre Nummer, atmete tief durch. Das Freizeichen ertönte. Er legte hastig auf, raufte sich die Haare und machte ein paar Dehnübungen. Er ging wieder zum Telefon, nahm den Hörer ab, wählte die Nummer. Er hätte die Wahlwiederholung drücken können, aber das ging zu schnell...Tief durchatmen. Das Freizeichen ertönte...Seine Finger waren klitschnass. Er legte auf. Drehte sich um, klatschte mit den Händen auf die Schenkel, atmete tief durch und ging wieder zum Telefon. Diesmal nahm Judith ab, noch bevor er überhaupt ein Tuten vernommen hatte. „Albert? Hast du gerade fünf Mal bei mir angerufen und wieder aufgelegt?“
Oooohh , scheiße…Er hatte sich einen wunderbaren Monolog bereit gelegt, den er ablassen wollte, wenn sie abnahm, jetzt hatte sie ihn völlig aus dem Konzept gebracht.
„Ich... ähhh ...“, stammelte er. „Eigentlich waren es nur vier Anrufe. Das ist der fünfte.“
„Tja“, sagte Judith. „Ich wollte deinen Weltrekordversuch im sinnlosen Durchwählen nicht unterbinden. Wenn du jetzt auflegst, versichere ich dir, dass ich nicht wieder rangehe.“
„Nein!“
„Ja ?... Willst du irgendwas, Albert?“
„Wollen wir vielleicht was unternehmen?“
„Was denn?“
„ Aaaaahein Eis essen gehen?“
„Ja.“
„J…ja!?“
„Ja.“
„Äh...Ich hol dich in ‘ner halben Stunde.“
„Okay.“
„Dann bis dann, dann.“
Er legte auf… Waaaaaaa , geschafft!! Er hatte es geschafft!! Was sollte er anziehen?!!
Er fuhr zu ihrem Haus, sie ließ ihn nicht warten. Er versuchte so lässig auszusehen, wie man aussehen konnte, wenn man am Steuer eines Wagens klemmte und arschnervös war. Sie hatte eine dunkelgrüne Cordhose zu einem gelben T-Shirt an. Es sah fantastisch aus. Darauf konnte nur Judith kommen. Wobei er auch gleich, wenn er nicht aufpasste.
Sie stieg in den Wagen.
„Hallo.“
Es war unglaublich. Sie war hier! Hier!! Sie könnte überall sein! An tausend verschiedenen Orten! Mit tausend verschiedenen Leuten! Aber sie war hier! Hier!!
„Klopf klopf klopf “, sagte Judith und klopfte ihm dabei an den Kopf. Willst du nicht losfahren?“
Sie aßen ein Eis, nachher gingen sie noch spazieren. Spazieren...Man konnte mit Judith echt spazieren gehen...Bei den Anderen war Bewegung nur der Grund, um von einem Ort zu einem anderen zu kommen, oder um Kalorien abzubauen. Aber sie ging mit ihm spazieren.
Es war an der Zeit, ihr ein Kompliment zu machen. Aber wie sollte er es anpacken? Er könnte einfach sagen: „Du siehst gut aus“, aber das schien ihm platt. Er musste es subtiler angehen. Er könnte auf das schöne Wetter anspielen und dann überlenken, dass sie schön war. Nein, das war ja noch schlimmer. Er dachte an einen Vergleich von den eben verzehrten Eiskugeln mit ihrem Hintern, verwarf den Gedanken aber sofort wieder. Ha! Jetzt hatte er es. „Ich mag deinen Kleidungsstil. Ich meine, mir gefällt, was du anhast.“
Judith gluckste. „Also gefällt dir nur mein Kleidungsstil und nicht ich. Es ist ja immer interessanter, was Leute nicht sagen, als das, was sie sagen.“
„Nein!“, rief Albert aus. „So hab ich das nicht gemeint. Deine Kleidung schmückt deinen…tollen Körper.“
Verdammt, das war nun gar nicht seine Sprache.
„Du siehst gut aus“, versuchte er es nun doch ganz profan.
„Das sagst du nur, um mir zu schmeicheln.“
„Das auch. Aber ich meine es auch ernst.“
„Ich hab eine Nase wie ein Richtfunkmast.“
„Du hast noch nie einen Richtfunkmast gesehen,
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