Liebeswut (Junge Liebe) (German Edition)
gesagt habe“, sagte er undeutlich, während er genüsslich
in eine vor Fett triefende Pizza biss. Er genoss es sichtlich, einmal
ungesund zu essen.
Dirk runzelte die Stirn. „Du bist doch wohl alt genug.“
„Sag ihr das mal ... und dann noch die Sache mit der
Geschichtsklausur.“
„Hast du echt eine Sechs?“, fragte Dirk zaghaft nach.
„Sechs ist geschmeichelt. Sie wurde nicht gewertet!“ Neal
unterbrach das Essen und lehnte sich zurück. Diese miserable
Leistung schien ihn arg zu belasten.
„Scheiße“
„Aber, Mensch, das hätte ich fast vergessen - Richards Band ist
inzwischen so begeistert von meinen Stücken, dass sie sogar zwei
meiner Songs in ihr Repertoire aufgenommen haben!“
„Hey, super. Meinen Glückwunsch.“ Dirk nickte bewundernd.
Daher setzte Neal noch einen drauf: „Außerdem - bin ich zum
Klassensprecher gewählt worden.“
„Wenn das so weitergeht, werden andere Seiten aufgezogen!“,
hatte Stephanie Anderson wütend gesagt.
Was sie bloß damit meinte?
Neal lag in seinem Bett, wälzte sich unruhig von einer Seite auf
die andere. Immer wieder wurde sein Zimmer in die Helligkeit
eines Blitzes getaucht, dem gleich darauf ein heftiger Donner
folgte. Das Gewitter war direkt über ihm. Der Regen prasselte in
ungewöhnlicher Lautstärke gegen die Scheibe.
Sein Stiefvater hatte ihn in Schutz genommen. „Der Junge hat es
doch auch nicht leicht hier.“
Wenigstens einer, der zu ihm hielt, dachte Neal.
„Du wirst immer unordentlicher!“, hatte seine Mutter ihm jedoch
vorgeworfen. „Hanna hat schon wieder schmutzige Wäsche unter
deinem Bett hervorholen müssen. Kannst du mir das mal erklären?
Ich finde das wirklich ekelhaft!“
Was hätte er dazu sagen sollen? Was verstand seine Mutter schon
davon? Woher sollte sie wissen, was er manchmal allein in
seinem Bett trieb - und warum anschließend die Wäsche unter
dem Bett landete ...
Er hatte nichts gesagt, nur den Kopf gesenkt, um ihr nicht in die
Augen sehen zu müssen.
Wieder ertönte ein lauter Donner.
„Neal?“
„Ja?“
„Ich kann nicht schlafen.“
Er richtete sich auf und sah in die Dunkelheit seines Zimmers. In
der Wand, die an das Zimmer seiner Schwester angrenzte, war
eine Klappe eingebaut – eine Art „Durchreiche“, wie man sie in
manchen Küchen vorfand. Als ein Blitz sein Zimmer erhellte,
konnte er sehen, dass diese Klappe geöffnet war und Francesca
hindurchschaute.
„Ich habe Angst ... vor dem Gewitter.“
Er seufzte. „Dann komm her.“
Das ließ Francesca sich nicht zweimal sagen. Flink wie ein Wiesel
kletterte sie durch die Öffnung in der Wand, huschte durch das
Zimmer und kroch zu ihrem Bruder ins Bett.
„Du brauchst keine Angst haben, das ist doch nur die Natur, die
etwas Lärm macht“, versuchte er sie zu beruhigen.
„Aber das ist unheimlich.“
„Es wird nichts passieren.“ Er strich ihr sanft über das Haar.
Es blitzte erneut, ein krachender Donner folgte. Francesca
klammerte sich erschrocken an ihren Bruder und schloss die
Augen.
„Bei dir ist es schön warm ...“, murmelte sie. Wenig später war sie
eingeschlafen.
Neal stand im Badezimmer vor dem Spiegel und musterte sich
nachdenklich. Er sah in glasklare, blaue Augen, leicht geziert von
dunklen Schatten. Er sah ein schmales Gesicht mit ungewöhnlich
hohen, markanten Wangenknochen, einer geraden Nase und einem
Mund mit weichen, tiefroten Lippen. Seidiges, glänzendes Haar
fiel seitlich in sein blasses Gesicht.
Go home, Anderson! Du schwule Sau! - Diese Sätze gingen ihm
nicht aus dem Kopf. Warum hatten sie das geschrieben?
„Neal, it’s time for school, isn’t it?“ Seine Mutter sah ins
Badezimmer. „Na, wird unser Großer jetzt langsam eitel?“
Neal verdrehte die Augen. Dann sah er wieder in den Spiegel und
zeichnete mit den Fingerkuppen die Konturen seines Gesichtes
nach.
„Geht das irgendwann mal weg?“
„Was?“ Stephanie trat erstaunt näher.
„Diese eingefallenen Wangen ...“
Stephanie lächelte ihn an. „Die hast du von deinem Vater geerbt.“
„Also werden sich meine Gesichtszüge nicht mehr viel ändern?“,
fragte Neal nach. Es klang unzufrieden.
„Ich denke nicht. Du bist ein hübscher Junge. Dein Vater wäre
sehr stolz auf dich.“
Wütend blitzte Neal sie an. „Aber das sieht weibisch aus! Welcher
Mann möchte schon so ein feminines Gesicht haben?“
„Was hast du plötzlich? Sonst warst du doch auch mit deinem
Aussehen zufrieden.“
„Sonst ... aber jetzt ...“ Neal
Weitere Kostenlose Bücher