Liebeswut (Junge Liebe) (German Edition)
sich ja fast an, als wenn meine Schüler was ausgefressen
haben“, sagte Weiler lächelnd.
„Zum Lachen ist das wirklich nicht.“ Dirk fuhr sich über das
Gesicht. Die Angelegenheit schien ihn arg zu strapazieren.
Dennoch blieb er gefasst. „Neal ging es nicht so gut. Er kommt
gleich nach, aber ich habe ihm geraten, noch etwas an der frischen
Luft zu bleiben. Ich schick’ ihn gleich rein, ja?“
„Ist gut, danke, Dirk.“
Wenige Minuten später betrat Neal den Klassenraum. Er war noch
immer blass, gestresst.
„Es tut mir leid“, entschuldigte er sich mit zusammengebissenen
Zähnen bei dem Lehrer. Dieser nickte verständnisvoll.
„Geht es dir denn besser?“
„Nicht viel, aber es geht.“ Neal setzte sich auf seinen Platz zurück.
Doch er wirkte zerbrechlich und schwach. Fast so, als hätte ihm
dieser Vorfall das Genick gebrochen. Weiler ließ ihn für den Rest
der Stunde in Ruhe. Neal konnte dem Unterricht sowieso kaum
folgen. Seine Gedanken kreisten ständig um den Zettel. Es ließ
ihm keine Ruhe.
Als die Stunde zu Ende war, packte er erleichtert seine Sachen
zusammen und erhob sich vom Stuhl. Er wollte nur noch weg.
Am Sportunterricht wollte er nicht mehr teilnehmen. Seine
Abwesenheit wurde von den Mitschülern ausgenutzt. Ganz
öffentlich diskutierten diese den Vorfall in der Umkleidekabine.
„Das mit Anderson können wir wohl für alle Zeiten vergessen“,
fing Dennis das Gespräch an. „Da gibt es nichts mehr zu holen.“
„Da hätte ich sowieso nicht mehr mitgemacht. Mit Dirk will ich
keinen Ärger. Und mit dem Direktor schon gar nicht“, bemerkte
Kevin, als er sich auf eine der Bänke setzte, um seine Schuhe
zuzuschnüren.
„Schön blöd, dass Neal ausgerechnet Dirk auf seiner Seite hat.“
Dennis’ Unzufriedenheit war deutlich heraus zu hören. „Wir
können echt nichts mehr unternehmen ... mit Dirk im Nacken.
Nee, das ist mir auch eine Nummer zu groß.“
„Neal hat Glück, großes Glück.“
Neal stand währenddessen mit seiner kleinen Schwester an der
Bushaltestelle. Er konnte es kaum erwarten, endlich in den Bus
einzusteigen, um das schreckliche Schulgelände zu verlassen.
„Mir ist kalt“, jammerte Francesca. Unglücklich sah sie ihren
Bruder an.
„Dann komm her.“ Neal schloss seine Schwester in die Arme, um
sie zu wärmen. Er seufzte.
„Blöder Tag, heute. Und dann noch diese Kälte!“ Ein lauter
Seufzer löste sich von seinen Lippen, als er sich umsah. Von
weitem erkannte er einen seiner Mitschüler, der genau auf ihn
zusteuerte. Es war Richard.
„Auch das noch ...“ stöhnte Neal. Er sah schnell weg. Doch
Richard stand schon kurze Zeit später neben ihm.
„Gehst du nicht zum Sportunterricht?“, erkundigte er sich.
„Sieht so aus, oder?“ Neals Tonlage war pampig.
„Bist du noch sauer, wegen des Zettels?“, fragte Richard weiter.
„Nein, mir ist schlecht.“
Richard zeigte auf Francesca. „Ist das deine Schwester?“
„Ja, lass sie bloß in Ruhe! Hörst du?“ Er klang unüberhörbar
aggressiv, und Neal verkrampfte sich automatisch. Dabei hatte er
wirklich keine Lust auf weitere Auseinandersetzungen, doch
Richard machte eine abwehrende Geste. „Ja, natürlich. Ich tu’ ihr
doch gar nichts.“
Sogleich machte er ein nachdenkliches Gesicht.
„Ich habe gehört, dass du Gitarre spielst ...“
„Na und?“ Neal verdrehte die Augen. Ihm ging die Unterhaltung
auf die Nerven.
„Hast du nicht Lust in einer Band zu spielen? Hier an unserer
Schule?“
„Bei diesem Schulorchester? - Nein, danke“, lehnte Neal ab.
Demonstrativ sah er zur Seite.
„Nein, bei einer richtigen Band. Wir proben hier an der Schule -
und wir suchen dringend einen Gitarristen. Olli ist für längere Zeit
ausgefallen. Er hat sich den Arm gebrochen.“
„Und dann soll ich da einspringen, oder was?“, fragte Neal
ungläubig.
„Ja, genau! Hast du Lust?“ Richard sah ihn erwartungsvoll an.
Doch Neal war noch nicht überzeugt.
„Ich spiele Gitarre, zwei Leute aus der Elften spielen Schlagzeug
und Keyboard, und Kevin ist am Bass. Singen tun wir alle
abwechselnd“, erklärte Richard weiter.
„Kevin? Und du? - In einer Band, wo ich mitmachen soll? Das ist
ja wohl ein Witz!“
Richard runzelte die Stirn. „Wieso?“
„Ihr habt mich bisher permanent fertiggemacht, schon vergessen?“
„Das meinten wir doch nicht so, echt nicht. Komm doch einfach
mal vorbei.“
Neal zögerte. Er fixierte Richard genau. Er war kräftig, klein
gewachsen, hatte dunkle,
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