Liebeswut (Junge Liebe) (German Edition)
neue Töne.“ Dirk grinste ungläubig.
„Na ja“, schränkte Neal ein, „hier auf dem Oberstufenschulhof
kennt mich ja niemand.“
„Aha, so ganz stehst du also doch noch nicht dazu.“
Neal zuckte mit den Schultern. „Ich arbeite dran – ich verspreche
es!”
Dirk nickte zufrieden, und erneut versanken sie in einem innigen
Kuss.
Hektisch rannte Richard auf Olli zu.
„Du glaubst es nicht! Unfassbar!”, rief er ganz außer Atem.
„Wieso? Was ist denn?“ Olli klang eher genervt, als erstaunt. Wie
auch andere, verbrachte der rothaarige Mitschüler die Pausenzeit
damit, die Hausaufgaben abzuschreiben.
„Ich kam eben zufällig am Oberstufenschulhof vorbei, weil ich
kurz zum Fahrradkeller wollte, du weißt ja, mein neues Rad ...
Ich gucke ständig danach, habe Angst, dass es geklaut wird,
nachdem ...“
Olli unterbrach ihn ungeduldig. „Ja, und?“
„Also, ich kam am Oberstufenschulhof vorbei und dann sah ich
Neal – mit Dirk.“
Olli lächelte irritiert. „Was ist daran so spannend? Die beiden sind
befreundet, das weiß doch jeder.“
Richard schüttelte aufgeregt den Kopf, „Nein, was ich gesehen
habe, das ist unglaublich.“
„Ja, was denn?“
„Neal und Dirk ... haben sich geküsst!“
„Was?“, schrie Olli. „Sie haben was?“
„Sich geküsst, ja! Ich konnte es auch nicht glauben, doch ich habe
es genau gesehen. Sie standen da, eng umschlungen, und haben
rumgeknutscht.“
„Das gibt’s doch nicht“, entwich es Olli fassungslos. Er war ganz
blass geworden.
Gut gelaunt betrat Neal den Klassenraum, doch er bemerkte sofort,
dass etwas nicht stimmte. Seine Mitschüler starrten ihn an, wie
einen Außerirdischen. Es herrschte Totenstille. Neals Herz begann
zu rasen. Es erinnerte alles an den Traum, den er vor ein paar
Tagen hatte. Den hatte er nicht so schnell vergessen. Zaghaft
blickte Neal sich um und sah in die ernsten Gesichter seiner
Mitschüler. Und auf einmal erschienen sie ihm alle fremd.
„Was ist denn?“, fragte er leise, unsicher, doch niemand
antwortete. Dann löste sich Richard aus der Gruppe.
„Neal, ist es wahr?“
„Was?“ Es war kaum hörbar.
„Du und Dirk – ihr seid zusammen?“
Neal schluckte. „Wer sagt das?“ Hektisch sah er sich um, doch
seine Mitschüler blickten alle betroffen zu Boden.
„Du wurdest gesehen, wie du Dirk geküsst hast. Also, stimmt es?“
„Was geht dich das an?“, erwiderte Neal gereizt. Seine Stimme
klang augenblicklich angespannt und gleichzeitig verzweifelt.
„Es interessiert uns eben“, erklärte Richard. „Wenn du was mit
Dirk hast, dann müssen wir das doch wissen.“
Neal schwieg. Ihm wurde ganz heiß vor Aufregung. Er schämte
sich zutiefst.
„Was wäre, wenn?“, schrie er hysterisch. „Lasst mich in Ruhe, ja?
Lasst mich bloß in Ruhe!“
Erschüttert rannte er aus dem Klassenraum. Keine Sekunde länger
hätte er dem Druck stand halten können. Richard senkte betroffen
den Kopf.
„Geh’ ihm nach“, schaltete sich Olli ein. „Schnell!“
Richard nickte und lief Neal hinterher. Er fand ihn wie ein
Häufchen Elend in der leeren Pausenhalle. Mit traurigem Blick
starrte er aus dem Fenster. Plötzlich spürte er Richard Hand auf
seiner Schulter.
„Es ist doch nicht so schlimm, wenn du was mit Dirk hast“,
begann jener vorsichtig.
„Warum haben dann alle eben so geglotzt? Mich angestarrt wie
einen Aussätzigen?“
„Dann stimmt es also?“, fragte Richard, ohne auf Neals Frage
einzugehen. „Ihr seid ein Paar?“
Neal nickte zaghaft und wich Richards forschendem Blick aus.
„Und wie lange schon?“
„Ein paar Wochen“, antwortete Neal. „Bist du nun zufrieden, ja?“
Er klang plötzlich wütend.
„Jetzt habt ihr ja wieder einen Grund, um auf mir herumzuhacken!
Könnt über mich lästern, über mich lachen. Das habt ihr doch
immer so gerne getan!“
Richard schüttelte den Kopf. „Ich glaube, du verstehst da einiges
ganz falsch. Niemand will über dich lästern.“
„Wieso wollt ihr dann unbedingt wissen, ob ich was mit Dirk
habe?“
Jetzt musste Richard sogar lachen. „Na, hör’ mal. Wenn du mit
Dirk zusammen bist, ist das schon von Bedeutung.“
„Warum?“, fragte Neal erstaunt. „Ist doch meine Sache, mit wem
ich zusammen bin, oder?“
Richard seufze. „Ich glaube, dir ist gar nicht bewusst, was für
einen Status Dirk hier an unserer Schule hat, was?“
Neal war immer noch verwundert. Bewusst war ihm Dirks
Bedeutung tatsächlich noch nie aufgefallen.
„Jeder hat Respekt
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