Liebeswut (Junge Liebe) (German Edition)
vor ihm, selbst die Lehrer. Jeder möchte mit
Dirk befreundet sein, alle Jungs wollen ihn als Kumpel, und ich
kenne kein Mädchen, das nicht scharf auf ihn ist. - Und du - hast
beides“, erklärte Richard. „Du hast ihn als Kumpel und als Freund.
Was glaubst du, wie neidisch alle sein werden, wenn sich das
herumspricht.“
Neal runzelte die Stirn. „Meinst du?“
„Sicher.“ Richard zögerte kurz, dann erklärte er von Neuem: „Als
Geliebter von Dirk nimmst du eine Position ein ... das ist gewaltig.
Du bist echt zu beneiden.“
„Aber ... wir sind zwei Männer.“
„Es ist bekannt, dass Dirk bi ist. Das schockt keinen mehr!“,
erwiderte Richard lässig.
„Also, für mich ist das ganz neu“, gestand Neal. Er sah verzweifelt
aus, und sogar ein wenig traurig. „Ich muss mich erst an den
Gedanken gewöhnen, dass ich anders veranlagt bin.“
„Ist doch in Ordnung.“ Richard lächelte. „Alles geklärt jetzt?“
Sein Mitschüler nickte.
„Dann lass uns zurück in die Klasse gehen.“
„Ich komme gleich nach“, sagte Neal nachdenklich. „Ich muss
jetzt unbedingt eine rauchen.“
Als Richard den Klassenraum wieder betrat, versammelten sich
die anderen um ihn, wie um einen begehrten Hollywoodstar.
Fragend blickten sie ihn an.
„Und, was ist?“, wollte Dennis als erster wissen.
Richard nickte bedächtig. „Es ist wahr. Neal ist mit Dirk
zusammen.“
Sofort ging ein lautes Getuschel durch den Raum.
„Das ist der Hammer“, sagte Dennis. Er setzte sich. Er schien als
einziger unzufrieden mit dieser Entwicklung. Die anderen Schüler
wirkten eher positiv überrascht.
„Ehrlich?“, schrie Carola. „Wie aufregend!“
„Wahnsinn.“ Laura drehte sich zu Cecile. „Ich wäre auch gern mit
Dirk zusammen.
„Ach, halt den Mund!“, fuhr Cecile sie an.
„Aber die passen doch gut zusammen. Meinst du, die waren schon
zusammen im Bett?“
„Das will ich gar nicht wissen.“ Cecile machte ein wütendes
Gesicht.
„Was hast du denn plötzlich?“ Laura sah ihre Freundin erstaunt an.
„Ich wusste schon immer, dass Dirk nicht der richtige Umgang für
Neal ist! – Nun haben wir den Salat: jetzt bildet sich Neal ein,
schwul zu sein!“
Laura lachte. „Ach so, ich verstehe – du bist eifersüchtig.“
„Bin ich nicht. Ich mache mir nur Gedanken!“
„Da bist du wohl die einzige. Dass Neal und Dirk ein Paar sind, ist
der Knüller! Das werden die meisten denken.“
Nach kurzer Zeit kam auch Neal wieder in die Klasse. Er
bemerkte sofort die aufgedrehte Atmosphäre – und wie seine
Mitschüler ihn ansahen: lächelnd, freundlich – bewundernd!
Vorsichtig steuerte er auf seinen Platz zu, da schlug ihm sein
Mitschüler Sven mit einer solchen Wucht auf den Rücken, dass er
fast vornüber fiel.
„Glückwunsch, Neal! Tolle Sache ... das mit Dirk!“
„Äh, ja?“ Neal fehlten die Worte, da hielt Sven ihm auch schon
einen Zettel entgegen.
„Meine Telefonnummer, wenn du mal Hilfe brauchst, in Mathe
oder so!“
„Danke.“ Völlig perplex über diese Freundlichkeit nahm Neal den
Zettel entgegen. Er setzte sich, da nahm plötzlich Carola, das
hübsche blonde Mädchen aus der letzten Reihe, neben ihm Platz.
Sie zwinkerte ihm zu.
„Ich hoffe, es stört dich nicht, wenn ich heute mal neben dir
sitze?“
Neal grinste Carola aufmerksam an. „Nein, äh ... Ganz sicher
nicht.“
Den ganzen Tag musste Neal an diese Wandlung denken. Er fühlte
sich erleichtert, fast frei. Jetzt erst bemerkte er, wie sehr ihm die
ganze Angelegenheit im Magen gelegen hatte. Und dann war doch
alles so einfach gewesen. Er hätte eher auf seinen Freund hören
sollen ...
„Also, hätte ich gewusst, was es heißt, mit dir befreundet zu sein“,
begann Neal, „dann hätte ich wohl die Schule gewechselt.“
Dirk lachte. „So schlimm?“
„Ja, die Weiber kratzen sich schon gegenseitig die Augen aus, weil
sie neben mir sitzen wollen, und die Jungs in meiner Klasse
wollen sich alle mit mir verabreden. Es ist echt unheimlich.“
Sie schlenderten Hand in Hand durch den großen, üppig
bepflanzten Park, vorbei an dem versteckt liegenden See. Ihre
Schuhe schoben das bunte, knisternde Laub beiseite.
„Dann war dein Coming-out ja ein voller Erfolg“, stellte Dirk
grinsend fest. Sie setzten sich auf eine Bank.
„Es war eigentlich ganz leicht. – Nur am Anfang war ich total
verunsichert. Es kam so überraschend! Ich hätte nie gedacht, dass
uns jemand auf dem Oberstufenschulhof beobachten würde.“
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