Liebeswut (Junge Liebe) (German Edition)
kleinen
Augenblick war Neal geblendet. Er war so ein grelles Licht nicht
gewohnt, doch schon nach den ersten Klängen der Musik, bewegte
er sich rhythmisch zum Takt und griff dann zum Mikrofon ...
„Sie sind klasse“, schwärmte Dirk, während er sich neben seinen
Onkel stellte. „Ich habe es gewusst.“
Der Direktor schmunzelte. Er fixierte Neal genau. Dieser trug
heute ein schwarzes Hemd aus hauchdünner Spitze. Ziemlich
gewagt, wie er fand, doch dieser junge Engländer schien zu
seinem Outfit zu stehen. Er wirkte selbstbewusst, strahlte Ruhe
aus, fast Routine. Dabei war es der erste Live-Auftritt vor
Publikum.
„Dein kleiner Freund hat Talent, muss ich sagen.“ Der Direktor
nickte zufrieden.
Dirk stutzte. Er sah seinen Onkel neugierig an.
„Du weißt, dass Neal mein Freund ist?“
„Neulich, in meinem Büro“, fing der Direktor an. „Da hast du ihn
ordentlich verteidigt.“
Er nahm einen Schluck von seinem Saft, dann fuhr er fort: „Ich
habe es gemerkt. Und man sieht es dir an. Du strahlst, wenn er in
deiner Nähe ist.“
Dirk sah verlegen zu Boden.
„Du müsstest jetzt mal deine Augen sehen, wie sie leuchten.“
Dirk sah wieder auf. Er blickte auf die Bühne.
„Du hast recht. Ich bin schwer verliebt. Neal ist so ganz anders,
etwas kostbares ...“
Stephanie Anderson machte hingegen ein weniger zufriedenes
Gesicht. Sie schüttelte den Kopf, während sie zwei Kaffee von
einem Imbissstand entgegen nahm.
„Ich weiß nicht, ob ich es gut heißen soll, dass unser Sohn sich
derart vor allen Leuten darbietet ... Was trägt er überhaupt? Ist das
eine Frauenbluse?“
„Alle Musiker sehen so aus, Steph!“ Peter Anderson nahm ihr
einen Kaffee ab. „Lass ihm doch seinen Spaß.“
Die Menge klatschte. Die vielen Kunstwerke, Bilder und Stände,
die am Rande der Aula von den Schülern mühevoll errichtet
wurden, blieben fast unbeachtet. Alle sahen nur zu der Schulband,
die soeben ihr letztes Stück gespielt hatte. Neal tropfte der
Schweiß von der Stirn, aber er lächelte. Seine Bandkollegen traten
nach vorne. Sie verbeugten sich, dann verließen sie die Bühne.
Dirk besorgte Getränke und einen kleinen Imbiss, dann gesellte er
sich zu der Band, die hinter der Bühne Platz genommen hatte.
„Ihr ward großartig!“ Er verteilte Wasserflaschen. „Trinkt! Tankt
die Energie wieder auf!“
Schließlich nahm Dirk Kurs auf seinen Freund, der etwas abseits
der Band saß. Sein Hemd hatte er ausgezogen, sein Gesicht war in
den Händen vergraben. Er atmete angestrengt.
„Hey, du bist ja ganz erschöpft!“
Sachte hob Neal seinen Kopf.
„Waren wir wirklich gut?“
Dirk nickte. „Ihr ward der Knüller! Ich bin stolz auf dich, mein
Goldschatz. Sehr stolz.“ Er küsste Neal auf die Stirn. „Trink’ was,
bevor es weiter geht.“
„Wieso weiter?“
Dirk lächelte, als könne er Neal Frage nicht verstehen. „Na, ihr
müsst doch eine Zugabe geben, noch mal raus.“
Hastig schüttelte Neal den Kopf.
„Ich kann nicht mehr.“
Empört sprang Dirk auf. „Aber ihr müsst noch mal spielen! Die
Leute warten drauf!“
Neal lehnte ab. „Ich kann echt nicht mehr. Ich bin es gar nicht
gewohnt, so lange am Stück zu spielen!“
„Dann lernst du es eben!“ Dirks Stimme klang hart. Sein Gesicht
war richtig ernst geworden. Neal wagte kaum einen Widerspruch.
„Wir sind eine Schulband - keine Profis! Niemand erwartet hier
Heldenleistungen!“
Dirk fasste sich an den Kopf. Er wurde richtig wütend.
„Klar wollen die Leute, dass ihr weiter spielt!“ Er schrie so laut,
dass selbst die anderen Bandmitglieder zusammen zuckten.
„Wenn ihr weiterkommen wollt, dann müsst ihr auch etwas dafür
tun!“
Neal lehnte sich erschöpft gegen die Wand. Doch sofort packte
Dirk ihn am Arm.
„Du gehst jetzt mit der Band auf die Bühne und singst. Ist das
klar!“
Erschrocken sah Neal seinen Freund an.
„Dirk??? Was hast du denn?“
„Spreche ich so undeutlich? Ihr spielt weiter!“, befahl Dirk in
einem äußerst dominanten Ton. „Denkst du, ich habe euren
Auftritt zum Spaß organisiert, damit ihr euch so eine Chance
verbaut? Ich glaub’ das ja wohl nicht!“
Er drehte sich weg.
„Reg’ dich doch nicht so auf.“ Neal versuchte, die Situation zu
schlichten. „Wir sind echt froh, dass du uns zu diesem Auftritt
verholfen hast. Die anderen sind aber auch ganz kaputt.“
Dirks Gesicht entspannte sich nicht. Stattdessen bildeten sich
Falten auf seiner Stirn.
„Du willst also nicht weiter
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