Liebling der Götter
pantomimischen Fähigkeiten verlassen.
»Hör mal, ich will doch nur …«, zischte Prometheus.
»Nein, jetzt hörst du mir mal zu!« unterbrach ihn der Sterbliche. »Nach allem, was du hier das letztemal angerichtet hast, haben wir die Schnauze gestrichen voll von dir. Klar?«
»Ach so?«
»Ja! Ich weiß wirklich nicht, woher du die Nerven nimmst, dich hier noch mal blicken zu lassen.«
Prometheus zuckte leicht zusammen. »Aber ich habe ihr doch gesagt: ›Öffne es nicht!‹«, rechtfertigte er sich.
Der Sterbliche schnaufte verächtlich. »Ja, ja, du hast es ihr gesagt … Verstehst du denn gar nichts von Frauen?«
Prometheus schüttelte den Kopf und sagte: »Ich habe sie gewarnt. ›Pandora‹, habe ich gesagt, ›laß die Finger davon‹, und bin …«
»Und du hast wirklich von ihr erwartet, daß sie das Ding nicht öffnet?« unterbrach ihn der Sterbliche.
»Ja.«
»Obwohl darauf stand: Vorsichtig öffnen! Enthält Gratisgeschenk?«
»Nun ja …« Prometheus wurde ein wenig rot im Gesicht. »Also gut, anscheinend habe ich mich da ein wenig geirrt«, räumte er schließlich ein. »Aber diesmal werde ich alles wiedergutmachen, das verspreche ich dir. Hier.« Er drückte dem Sterblichen den Fenchelstrunk in die Hand und fragte ihn begierig: »Na, was kann man damit wohl alles machen?«
»Fenchelsalat natürlich«, antwortete der Sterbliche kurz angebunden. »Vielen Dank auch.«
»Nein, schau doch mal da unten rein!« forderte Prometheus ihn auf.
Der Sterbliche äugte ins untere Ende des Strunks hinein, schreckte zurück, schlug sich auf die angesengten Augenbrauen und brüllte: »Aua!«
»Das ist Feuer«, klärte ihn Prometheus voller Stolz auf.
»Aha, so nennt ihr dieses Zeugs also«, grummelte der Sterbliche, wobei er sich die Nasenspitze rieb. »Und bestimmt kannst du mir auch verraten, was man damit alles machen kann, nicht wahr, mein Freund?«
»Wenn du etwas Geduld hast, ja«, sagte Prometheus mit feierlicher Stimme und weihte ihn gleich darauf in das Geheimnis des Feuers ein.
Er erklärte dem Sterblichen, daß man mit Feuer im Dunkeln besser sehen könne (»Ich habe immer gedacht, Möhren seien dafür gut«, fiel dem Sterblichen dazu ein). Weiterhin wies er ihn darauf hin, daß man damit nicht nur Essen zubereiten und Metall schmelzen, sondern auch Wasser kochen und Bakterien töten könne. Zudem eigne es sich sogar zur Erzeugung von Dampf, um damit eine Turbine anzutreiben und und und …
Der Sterbliche hörte ihm aber gar nicht mehr zu. Statt dessen blickte er die ganze Zeit über das düstere Tal hinweg, wo ein benachbarter Stamm die ersten zögerlichen Versuche der Menschheit unternahm, eine Holzhütte zu errichten, und grinste verschmitzt.
»Schön, schön. Herzlichen Dank noch mal. Ich will dich wirklich nicht länger aufhalten«, sagte der Sterbliche und wandte sich ab, um in die Höhle zurückzukehren.
»Warte, ich bin noch nicht fertig!« rief Prometheus ihm hinterher.
Der Sterbliche schnaufte verächtlich durch die Nase. »Ach, wirklich? Was gibt’s denn noch?« grummelte er argwöhnisch, wobei er mit der linken Hand nach der schweren Steinaxt griff, die er für solche hartnäckigen Fälle hinter dem Höhleneingang aufzubewahren pflegte.
»Feuer ist auf seine Art schon äußerst nützlich, aber ich habe da noch etwas anderes mitgebracht, das euer Leben wirklich von Grund auf verändern wird.«
»Etwas, das unser Leben wirklich verändern oder nur verkürzen wird?« wollte der Sterbliche wissen.
»Verändern, und zwar so sehr, das es nicht mehr wiederzuerkennen sein wird«, versicherte ihm Prometheus. »Statt als erbärmliche Kreaturen ein sinnloses Dasein in elenden Verhältnissen fristen zu müssen, werdet ihr …«
»Ich habe alles ganz genau mit angehört!« rief die Frau des Sterblichen aus dem Innern der Höhle heraus.
»… werdet ihr die Söhne und Töchter des Lichts sein«, fuhr Prometheus rasch fort und fügte mit schwelgender Stimme hinzu: »Ihr werdet mit den heiligen Göttern gleichgestellt sein und euch im Glanz des goldenen Zeitalters der Welt aalen.«
»Ach, wirklich?« Der Sterbliche schloß die Finger noch fester um den Griff der Axt. »Das ist doch gut für uns, oder?«
»Sicher«, antwortete Prometheus. »Und jetzt hör mir mal genau zu.« Er räusperte sich, baute sich in voller Größe vor dem Sterblichen auf und fragte ihn: »Wann ist eine Tür keine Tür?«
Der Fremde runzelte verwirrt die Stirn. »Was ist denn eine Tür?«
Prometheus bat
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