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Liebling der Götter

Liebling der Götter

Titel: Liebling der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Apollo.
    Demeter kratzte sich nachdenklich an der Nase und zauberte auf diese Weise – aus reiner Macht der Gewohnheit – eine halbe Million Scheffel Getreide hinter dem Ohr hervor. Dann schimpfte sie: »So was habe ich ja noch nie gehört! Als nächstes beansprucht er womöglich noch einen eigenen Willen für sich. Wer kann sich das schon leisten?«
    »Wie? Meinst du, er kann sich das nicht leisten?«
    »Nein, wir können uns das nicht leisten.«
    »Ich verstehe.«
    Apollo beugte sich vor und drehte an einem freischwebenden Instrumentenknopf. Die Erde schien größer zu werden.
    »Wo geht er denn genau hin?« wollte Demeter wissen.
    »Gute Frage«, antwortete Apollo. »Mal sehen …« Er holte einen Feldstecher hervor. »Wir könnten es in Erfahrung bringen, wenn wir dahinterkämen, wo er gerade langgeht.«
    »Ganz schön pfiffig, Apo«, stellte Demeter beeindruckt fest. »Übrigens, wer ist eigentlich dran?«
    Apollo blickte zu ihr auf und sagte: »Ach, du Schreck! Bei der ganzen Aufregung habe ich das Spiel völlig vergessen. Laß mal sehen … mhm, mein Zug ist vorbei, also bist du dran und …« Er verstummte und schürzte die Lippen, dann fuhr er fort: »Jetzt verstehe ich! Na ja, zumindest wäre das eine Möglichkeit …«
    »Nun rück schon raus mit der Sprache!« drängte Demeter. »Wer steckt dahinter?«
    »Rate mal.«
    Demeters Stirn legte sich wie ein dreifach gepflügtes Feld in Falten. »Du weißt doch, daß ich nicht gut im Raten bin. Du mußt es mir schon verraten.«
    Apollo sagte nichts und händigte ihr statt dessen das himmlische Kuvert aus.
    »Ach, du dickes Ei!« staunte Demeter.
     
    Zweifellos fragen Sie sich schon seit längerem, was Prometheus denn nun von den Göttern gestohlen und auf die Erde gebracht hatte und was vermutlich nicht in einem hohlen Fenchelstrunk versteckt worden war. [3]
    An den Hängen des Bergs Olymp herrscht dunkle Nacht. Die dreizehn Olympier sitzen um das flackernde Licht von Apollos Dreifuß, auf dem sich einige winzige dreidimensionale Gestalten in farbigem Licht abzeichnen, die am Rand hin und her huschen, als führten sie eine Art Veitstanz auf. Aus dem Innern des Dreifußes ist leise Musik zu hören. Die Götter sehen gerade Lebenswunsch, Teil 3.
    Jupiter lehnt sich im Sessel zurück und zieht am Ring einer Dose Göttertrank. Demeter taucht mit einem Tablett Sterntaler in Eierkuchenteig aus der Küche auf und rät ihren göttlichen Kollegen, die Dinger zu essen, solange sie noch heiß seien. In der besten aller möglichen Welten steht alles zum besten.
    Tief unten auf der Erde stellt sich die Lage jedoch nicht ganz so rosig dar, wie man vermuten möchte. Weit gefehlt sogar. In den dunklen Höhlen kauern sich unsere frühesten Vorfahren mit Gänsehaut dicht aneinander. Sie tragen übelriechende Mammutfelle und knabbern lustlos das rohe Fleisch von Mäuseknochen ab. Mit Ausnahme einiger würgender Geräusche ist nichts zu hören, bis sich einer der älteren Stammesangehörigen darüber beklagt, wie durch und durch unbehaglich das ganze Leben doch sei. Dann herrscht wieder Stille, die schließlich von einem anderen älteren Stammesangehörigen unterbrochen wird, indem er sagt, daß es zwar stimme, was der andere gesagt habe, und daß das Leben wirklich durch und durch unbehaglich sei, aber von einem Säbelzahntiger aufgefressen zu werden, sei wahrscheinlich noch schlimmer.
    Zurück auf den Olymp. Der dreizehnte Olympier erhebt sich leise von seinem Platz auf dem Sofa, schlüpft in die Pantoffeln und schleicht sich in die Küche. Aus dem Gemüseregal sucht er sich einen geeigneten Fenchelstrunk heraus, zündet ein Streichholz an und steckt es unten in das hohle Ende hinein. Er wartet einen Augenblick lang ab, bis er davon überzeugt ist, daß von der schwach glühenden Flamme nichts mehr zu sehen ist. Dann entfernt er sich auf Zehenspitzen vom Rande des Olymps und rast im Affenzahn auf die Erde hinab.
    Vor einer riesigen Höhle bleibt er stehen und klopft an den Fels. Kurz darauf taucht im Höhleneingang ein Mann in einem nicht sonderlich kleidsamen Ziegenfell auf und blickt den Fremden argwöhnisch an.
    »Ach, du schon wieder?« grummelte der Höhlenmensch.
    Prometheus blickte ängstlich zum Himmel empor und flüsterte: »Ja, aber nicht so laut. Hier, sieh mal …«
    »Verpiß dich!« schnauzte ihn der Sterbliche an und machte eine abfällige Geste. Eigentlich wollte er dem Riesen die Tür ins Gesicht schlagen, da dort aber keine Tür war, mußte er sich auf seine

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