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Liebling der Götter

Liebling der Götter

Titel: Liebling der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Fütterst du ihn eigentlich nicht mehr richtig, oder wie soll ich das verstehen?«
    »So was in der Richtung«, räumte Prometheus ein. »Wir hatten einen kleinen Streit. Er hackte dauernd auf mir rum, und da habe ich ihm gesagt: ›Hör zu, du kannst mir mal den Buckel runterrutschen.‹ Er ist daraufhin ziemlich beleidigt gewesen. Er versteht einfach keinen Spaß.«
    »Ganz schön empfindliche Wesen, diese Adler.«
    »Und wie. Aber wir haben uns schon wieder vertragen und werden sogar demnächst wieder miteinander essen … auf meine Kosten natürlich.«
    »Freut mich zu hören. Du, ich bliebe gern noch etwas länger, muß aber leider wieder los. Falls du diesen Helden doch noch mal sehen solltest, ruf einfach nach mir, klar?«
    »Mach ich.« Prometheus rührte sich ein wenig. »Ach, noch etwas, Merkur.«
    »Ja?«
    »Könnte ich mein Buch wiederhaben? Ich bin erst bei der Stelle, wo Perry Mason die fehlende Keksdose bemerkt, und würde gern …«
    Merkur, der Schutzgott der Diebe, grinste entschuldigend. »Tut mir leid, Macht der Gewohnheit. Tschüs!«
    Gleich darauf verschwand Merkur. Prometheus zählte in Gedanken bis zehn, hob den Kopf und pfiff. Aus einer Höhle des nächstgelegenen Bergs tauchte der Adler hervor.
    »Manchmal kann das Leben wirklich gemein sein, wie?« fragte der Vogel.
    Prometheus grinste nur und antwortete: »Ach, vergiß es. Ich werte das sogar als ein gutes Zeichen. Wir haben denen einen ganz schönen Schock versetzt.«
    An der Stelle, wo sich beim Menschen die Augenbrauen befinden, zog der Adler die Kopffedern hoch. »Aufgebrachte Götter können aber auch äußerst unangenehm reagieren und lassen gern ihren Zorn an einem aus«, merkte der Adler aus Erfahrung an. »Außerdem muß ich auf meine Ernährung achten. Dieser alte Quacksalber sagt mir andauernd, ich solle mehr Gemüse essen. Am schädlichsten sei es, mich mit Leber und Nieren vollzustopfen und …«
    Prometheus wackelte beruhigend mit den Ohren. »Mach dir bloß keine Sorgen. Glaub mir, die haben schon bald ganz andere Sachen im Kopf. Trotzdem halte ich es für besser, wenn sie ihn bald finden, sonst werden die sich noch an uns schadlos halten, und das können wir uns nicht leisten. Sag mal, was hast du eigentlich mit ihm gemacht?«
    »Ich habe ihn im Café Baisbekian abgesetzt«, antwortete der Adler mit einem hämischen Grinsen. »Er haut sich dort die Wampe mit Honigkuchen voll. Soll ich ihn holen?«
    »Das wäre wohl angebracht. Ach, und noch was, Adler …«
    Der Adler hatte sich bereits in die Lüfte geschwungen und verharrte nun, mit seinen riesigen Flügeln schlagend, auf der Stelle. »Ja, was denn?«
    »Danke.«
    »Ach, nicht der Rede wert«, winkte der Adler ab, wobei er unter seinem Federkleid errötete. Dann flog er davon.
     
    Merkur hatte unterdessen in Lichtgeschwindigkeit den gesamten Kaukasus abgesucht und machte sich allmählich Sorgen; dabei war er die ganze Zeit so konzentriert gewesen, daß er sogar die Volksbank von Kislowodsk überflogen hatte, ohne auch nur eine Kopeke abzuheben. Falls er zur Sonne zurückkehren würde, ohne den Sterblichen gefunden zu haben, könnte er ernsthafte Probleme bekommen; was bei seiner Personalakte alles andere als angenehme Folgen haben dürfte.
    Als er die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, wurde er von einem grellen blauen Blitz geblendet. Er blickte nach unten und sah, wie das Sonnenlicht auf dem Schwert von Verdammt-wie-war-doch-gleich-der-Name-er-liegt-mir-auf-der-Zunge-und-fängt-mit-G-an funkelte.
    Vor dem Café Baisbekian vertilgte Jason die siebte Portion Honigkuchen, und als er gerade die Gabel zum Mund führte, fiel ihm eine sehr alte Frau auf, die mit einem Esel über den staubigen Marktplatz ging. Als er den goldenen Merkurstab [5] durch den Saum ihres langen schwarzen Rocks hindurchschimmern sah, setzte er seufzend die Gabel ab und rief: »Hierher!«
    Merkur band den Esel an einem Baum fest und kam hinkend zu ihm herüber. »Das sieht aber lecker aus«, sagte er und nahm sich unaufgefordert ein Stück Honigkuchen.
    »Ich verstehe. Du hast den ganzen Weg von der Sonne bis hierher zurückgelegt, um mir beim Aufessen des Kuchens zu helfen«, stellte Jason lakonisch fest. »So was nennt man Service.«
    Merkur blickte ihn finster an und sagte mit vollem Mund: »Laß das, ja? Wegen dir ist die Lage da oben ganz schön angespannt, sehr angespannt sogar. Wo bist du eigentlich die ganze Zeit gewesen?«
    Jason zuckte die Achseln. »Hier. Frag doch den

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