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Liebling der Götter

Liebling der Götter

Titel: Liebling der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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hoch.
    »Ich würde mich sogar zu der Behauptung versteifen, daß selbst Mutanten eine unzutreffende Bezeichnung ist, und eher sagen, daß wir behindert sind. Wenn du dich zum Beispiel in der Lage sehen könntest, diese Beine als eine Art praktischen Rollstuhlersatz zu betrachten, würden wir uns vielleicht alle gleich viel besser verstehen. Vergiß doch mal alle diese Klischeevorstellungen, lös dich von deinen tiefverwurzelten Vorurteilen, und begib dich auf eine höhere Bewußtseinsebene. Ich würde sogar fast behaupten wollen, du bist ein wenig … nun ja, ein wenig antiequidenisch eingestellt.«
    »Anti … was?«
    »Antiequidenisch.«
    »Ich dachte immer, das hat was mit alten Büchern oder so zu tun«, sagte Jason.
    »Du meinst antiquarisch«, klärte ihn der Zentaur auf. »Nein, du hast eine ausgeprägte Abneigung gegen Equiden, das sind pferdeartige Tiere.«
    »Pferde mag ich, Zentauren verarbeite ich zu Hackfleisch«, stellte Jason unmißverständlich klar. »Wer ist als nächstes dran?«
    Der Zentaur wurde unter seinem Fell kreidebleich. »Laß uns darum knobeln«, schlug er vor.
    »Nein!« widersprach Jason entschieden.
    »Stein schleift Schere?«
    »Nein.«
    »Würde es etwas nützen, wenn ich dich zusätzlich darauf aufmerksam mache, daß wir einer ethnischen Minderheit angehören?«
    »Nein.«
    Der Zentaur würgte. »Hör mal, wenn wir uns einmal in Ruhe darüber unterhalten, ich meine, wie intelligente Menschen … na ja, oder auch Halbmenschen, dann …«
    »Niemand unterstellt mir, Vorteile zu haben, und kommt dann ungeschoren davon!« unterbrach ihn Jason wütend.
    Der Zentaur fluchte erbärmlich, zog sein Schwert und griff an. Der letzte Gedanke, der ihm durch den Kopf schoß, bevor er das Bewußtsein verlor, lautete: Das eigentliche Problem mit Helden lag darin, daß sie immer alles besser wissen mußten.
     
    An diesem Abend raste etwa gegen halb elf ein kleiner Elektrowagen die Pool Street hinauf, fuhr am Freundschaftshaus, am George and Dragon und am Schlachter vorbei und hielt schließlich vor der Post an. Ein großer Mann, der einen goldenen Helm und einen Kampfanzug trug, stieg aus und steckte einen Brief ein. Als er gerade wieder in den Wagen springen wollte, kam ein Polizist um die Ecke und starrte ihn verdutzt an.
    »Das darf doch nicht wahr sein! Du schon wieder?« rief der Polizist.
    Der Mann blieb stehen und drehte sich gemächlich um. Er trug einen länglichen Stoffsack bei sich, der aber aufgrund der Dunkelheit kaum zu erkennen war. Der Polizist kam ein Stück näher und stand nun zwischen dem Mann und dem kleinen Elektrowagen.
    »Ich will mich mit dir unterhalten, und zwar auf der Stelle!« forderte der Polizist den Mann auf.
    Der große Mann runzelte die Stirn. »Kann das nicht warten?« fragte er. »Meine Mutter macht sich bestimmt Sorgen, und außerdem wird mein Essen kalt.«
    »Dein Essen ist mir piepegal, Freundchen. Was ist mit meinem Ruf als Polizist?«
    Der große Mann stutzte. »Wie bitte?«
    »Paß auf, sei ja nicht so frech. Du kommst jetzt umgehend mit mir auf die Wache und sagst mir, was du hier, das heißt, auf dem Parkplatz des George and Dragon, vor ziemlich genau fünf Jahren gemacht hast. Und erzähl mir jetzt bloß nicht, daß …«
    Die Wörter des Polizisten gingen in eine Art schnatterndes Gemurmel über, das mit den rechtschreiblich zulässigen drei Auslassungspunkten nur äußerst unzulänglich dargestellt werden kann.
    »Weißt du, was das ist?« fragte der große Mann.
    »Mhm«, antwortete der Polizist.
    »Das hier ist das Schwert von … von … Wenn du jedenfalls nicht sofort meinen Arm losläßt, werde ich dich damit einen Kopf kürzer machen. Hast du mich verstanden?«
    »Mhm!« versicherte ihm der Polizist.
    »Sehr schön. Und laß dir zu deiner Information gesagt sein, daß ich vor fünf Jahren noch auf der Schule war und mich nicht nachts um halb elf in der Nähe von Kneipen rumgetrieben habe. Verstanden?«
    »Mhm.«
    »Bestimmt?«
    »Mhm!«
    »Gut.« Der große Mann wandte sich ab und war bereits mit einem Bein in dem Golfbuggy. »Ach, und noch etwas.«
    »Mhm.«
    »Falls du dich fragst, was hier vor sich geht, dann ist das alles nur eine Ausgeburt deiner Phantasie. Entweder hast du zuviel getrunken oder zu hart gearbeitet, und du hast mich nie gesehen. Klar?«
    »Mhm.«
    »Für heute habe ich nämlich die Schnauze von allem gestrichen voll, wobei ich Essen ausdrücklich davon ausnehmen möchte, und mit Leuten wie dir will ich erst recht nichts

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