Liebling der Götter
andermal?«
Lächeln. Doch dann kehrte Ms. Fisichelli mit der heiligen Schüssel zurück, und Apollo lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf weit unwichtigere Dinge. Wichtigere Dinge! Verdammt und zugenäht!
»Ich habe überhaupt kein heiliges Wasser mehr, deshalb habe ich Perrier genommen«, entschuldigte sich die Pythia. »Wie ich durch Versuche herausgefunden habe, funktioniert das aber genausogut.«
Ms. Fisichelli stellte die Schüssel auf den Dreifuß, kramte ihr Sistrum hervor, eine altertümliche Rassel, und begann die Zauberformel zu summen. Apollo (der einst nebenberuflich auch noch der Gott der Musik war) zuckte zusammen, bedankte sich bei ihr und übernahm das Summen der Formel für sie.
Sofort wurde der ganze Raum von einem blaßgoldenen Glanz erfüllt, während sich das elektrische Licht klammheimlich davonstahl, um woanders sinnvollere Verwendung zu finden. Außerdem machte sich ein merkwürdiger, fast geheimnisvoller Duft breit, was allerdings weniger etwas Überirdischem, sondern vielmehr dem Umstand zuzuschreiben war, daß Ms. Fisichellis Zitronenquarkauflauf im Gasherd in der Küche überkochte.
Apollo erhob sich und spähte in die Tiefen der Schüssel. »He, das funktioniert ja prächtig!« freute er sich. Ms. Fisichelli lächelte geziert.
Auf der schwach gewölbten Oberfläche des noch immer leicht sprudelnden Wassers erschien ein Bild, auf dem ein Hund zu sehen war.
Er lag auf einem Teppich und nagte an drei Knochen.
Das tat er zu Füßen eines Mannes, der in einem fast unerträglich gemütlich wirkenden Zimmer in einem sehr bequemen Sessel saß und etwas aß, das verdächtig nach einem Stück furchtbar leckerer Schokoladentorte aussah. Ihm gegenüber saß ein Mann, den man nur als einen sehr netten und freundlichen Gentleman im fortgeschrittenen Alter beschreiben konnte, der ein wenig zuviel mit den Händen redete, während er seinen ständig mit vollem Mund dasitzenden Gesprächspartner zum Lachen brachte.
»Donner und Blitz!« begeisterte sich Apollo. »Wo dreht man bei diesem Ding den Ton an?«
»Ehm …«
»Bitte?«
»Das geht nicht.«
»Also gibt es keinen Ton?«
»Richtig.«
»Macht nichts … He, was soll das?«
Ms. Fisichelli errötete. »Das passiert manchmal ganz automatisch.«
Das hübsche Zimmer war genauso plötzlich verschwunden, wie es erschienen war, und statt dessen sah man nun das Bild von einem anderen Mann, der lange Haare und abstoßend lange Fingernägel hatte. Es sah ganz so aus, als erhöbe er sich gerade in einem U-Bahn-Wagen von seinem Platz. Jetzt trat er zu der Verbindungstür zwischen den Waggons. Er öffnete sie und verschwand …
Es gab ein unheimliches Zischen, und das gesamte Wasser in der Schüssel verdampfte auf einen Schlag und stieg nach oben. Die überhitzte Schüssel bekam einen Sprung und zersplitterte in tausend Stücke, von denen eins Apollo an der Nase traf.
»Aua!« rief er erschrocken.
Ms. Fisichelli schien einen furchtbaren Schock erlitten zu haben, und nachdem sich Apollo selbst vom ersten Schreck erholt hatte, legte er sie aufs Sofa.
»Geht es ihr gut?« fragte er Mary nervös, die sich um ihre Ausbilderin kümmerte.
»Ich denke, schon«, antwortete die Volontärin. »Sie reagiert manchmal etwas überempfindlich.«
Apollo nickte. »Ich frage mich, wie das passieren konnte.«
»Zu viele Strömungen«, meinte Mary.
Apollo nickte erneut. Doch plötzlich schnellte er zu ihr herum und starrte sie verdutzt an. »Wie bitte?«
»Ach, das ist nur so eine Vermutung, aber vielleicht hast du die Schüssel mit deinem intensiven Blick in das verbotene Reich einfach überlastet«, schlug sie in aller Bescheidenheit vor.
Apollos göttliches Gehirn riet dem göttlichen Herzen und göttlichen Körper, jetzt nur nicht die Fassung zu verlieren und die Angelegenheit in Ruhe zu Ende zu führen. So beiläufig wie möglich fragte er Mary: »Nur so, aus rein persönlichem Interesse, woher hast du gewußt, daß das eben das verbotene Reich war?«
Mary stockte zunächst der Atem. Dann durchbohrte sie Apollo mit giftigen Blicken, verwandelte sich in einen riesigen Adler und flatterte aus dem Fenster hinaus.
In der trockenen Hitze einer Betamax-Sonne blieb auf dem Marktplatz von Tiberiopolis, bis vor kurzem noch als Jerusalem bekannt, ein Trupp römischer Soldaten stehen. Ein junger Mann wurde nach vorn getrieben und gezwungen, ein großes Holzkreuz aufzuheben. Während er dies tat, untersuchte er unwillkürlich die Arbeitsqualität.
»Unter
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