Liebling der Götter
ganz genau, warum. Weil ich ein Hornochse bin, deshalb.
»Und das ist niemandem aufgefallen?«
»Nein.«
»Und ihr Pack nennt euch tatsächlich Götter?«
»Ja.«
Jupiter lachte, und auf der Erde zogen schwarze Wolken am Himmel schuldbewußt an die Stellen, wo sie eigentlich schon vor zehn Minuten hätten gewesen sein sollen; auch als Wolke hat man’s manchmal nicht leicht.
»Und darf ich dich nun, da du endlich dahintergekommen bist, fragen, was du dagegen zu unternehmen gedenkst?«
Apollo begriff rasch, daß es sich hierbei um eine Frage handelte, die man nicht einfach mit einem Ja oder Nein beantworten konnte. Deshalb durchforstete er seinen göttlichen Verstand sorgfältig nach einer passenden Antwort und sagte schließlich: »Ich weiß nicht recht.«
»Na, das eingerostete Gehirn ist heute wohl ein wenig müde, wie?«
»Nun, ich …«
»BRING DAS IN ORDNUNG!« brüllte Jupiter – wenn man der große Himmelsgott ist, stellt es überhaupt kein Problem dar, in Großbuchstaben zu schreien. Wenn er wirklich in Rage war, konnte er sogar in Fettdruck, Kursivschrift und sämtlichen Schriftgrößen fluchen.
»Ja, wir …«
»AUF DER STELLE!«
»Selbstverständlich, aber …«
Bei seiner ganzen Allwissenheit schien Jupiter dennoch die Begleiterscheinungen des Wörtchens ›aber‹ nicht zu verstehen, und deshalb runzelte er nur die Stirn – was zur Folge hatte, daß auf vier Kontinenten sämtliche Freiluftveranstaltungen buchstäblich ins Wasser fielen. Apollo wich ängstlich zurück, stolperte über einen altertümlichen Schemel mit Selbstantrieb (der sich bei ihm auf lateinisch entschuldigte) und eilte davon.
Kurz nachdem er sich aus der Gegenwart des Vaters der Götter und Menschen entfernt hatte, begegnete er Mars. Genauer gesagt, er trat ihm auf die Füße.
»Paß doch auf!« beschwerte sich der Exkriegsgott. »Von Tretminen habe ich für heute genug.«
Apollo blieb stehen und entschuldigte sich sofort – er hatte sich schon häufig gefragt, warum man einen nach Harmonie strebenden Menschen als apollinischen Charakter bezeichnete.
Mars blickte ihn besorgt an. »Was ist mit dir los, Apo? Du scheinst mir heute ein bißchen fahrig zu sein.«
»Fahrig?« Apollo dachte über das Adjektiv angestrengt nach; es klang zwar ein wenig verlierermäßig, aber dennoch schien es für seine innere Verfassung einigermaßen treffend zu sein. »Ja«, fügte er aus reiner Gewohnheit hinzu.
»Und weshalb?«
»Da ist was in die Hose gegangen«, antwortete Apollo – jeder darf mal untertreiben, warum also nicht auch ich? sagte er sich –, »und anscheinend muß ich das wieder in Ordnung bringen.«
Mars blickte ihn mitleidig an. »Pech für dich. Was ist denn passiert?«
»Du kennst doch Prometheus’ Adler, oder?«
Mars nickte, wodurch auch der von Kugeln zerfetzte Federbusch auf seinem Helm vor und zurück wippte.
»Jedenfalls sind wir dahintergekommen, daß dieses verdammte Federvieh die Seiten gewechselt hat. Er hat die ganze Zeit für du weißt schon wen gearbeitet.«
»Wirklich?«
»Ja.«
Mars dachte kurz nach. »Ich weiß nicht, ob man es wirklich als Arbeit bezeichnen kann, wenn man jemandem morgens und abends die Leber rausreißt. Zwar ist das wahrscheinlich billiger als ein Dialysegerät, trotzdem …«
»Darum geht es doch gar nicht«, unterbrach ihn Apollo. »Offenbar hat dieser schräge Vogel für ihn Botengänge erledigt, Helden zum Umsturz angestachelt und uns ausspioniert.«
»Er hat spioniert?«
»Ja. Er hat sich als Mensch verkleidet und sich als Volontärin der Pythia von Delphi ausgegeben.« Dabei fiel Apollo ein, daß er sich um ein Haar in diese gefiederte Verführerin verknallt hätte, und er erschauderte. »Das heißt, daß der große P. jeden einzelnen Schritt von uns verfolgen konnte. Ganz schön ärgerlich, was?«
Mars kratzte sich am Kinn. »Du meinst, wir haben so was wie einen Maulwurf?«
Apollo lächelte; jetzt konnte er es endlich sagen. »Nein, Marsi, ein Adler kann kein Maulwurf sein. Das ist biologisch unmöglich.«
Mars runzelte verärgert die Stirn. »Du weißt genau, was ich meine. Jedenfalls hast du dir da ein ganz schönes Problem aufgehalst. Mein herzliches Beileid.«
»Ganz meinerseits, Marsi. Trotzdem bin ich heilfroh, daß der alte Arsch noch nicht dahintergekommen ist, daß er Zerberus jetzt auch noch auf seiner Seite hat.«
»Zerberus?«
»Richtig. Ganz schön fies, nicht? Ich kann dir sagen, Pluto wird gleich einen furchtbaren Schock erleiden.«
»Ist
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