Liebling, Ich Kann Auch Anders
Aber den Film gibt es sicher auch als DVD zu kaufen!«, rief sie hoffnungsvoll, »Ich bring ihn dir mit, wenn ich nächstes Mal in die Stadt komme.«
Doch Magnus blieb sauer und wünschte schroff eine gute Nacht.
»Du musst wissen, Magnus ist ein erklärter Freund von Woody Allen. Und heute Abend kam eben ein Film, den er noch nicht oder erst ein paar Mal gesehen hat. Eine ganze Reihe davon kann er nämlich auswendig zitieren. Allen voran ›Was Sie schon immer über Sex wissen wollten‹.«
Es fiel wie Schuppen von Evas Augen, dass es sich bei manchen der Äußerungen in Magnus’ Mails, mit denen sie nichts anzufangen wusste, um Anspielungen auf Woody-Filme handeln musste.
»Das ist das, was ich vorhin meinte«, erklärte Francis seufzend, »wenn die Dinge so ablaufen, wie er es mag, ist alles in Ordnung. Das Recht auf Abweichungen aus der gewohnten Spur steht ausschließlich ihm zu.«
Eva, die sich als Kronzeugin dieses Sonderrechts unwohl in ihrer Haut fühlte, versuchte abzulenken und fragte, was Magnus an den Filmen besonders fasziniere?
»Junge, dünne, neurotische Frauen! Und die gibt’s da ja zuhauf – ebenso wie neurotische Männer. Aber ich bin sicher, wenn ich einen Nervenzusammenbruch bekäme, fände er das überhaupt nicht witzig.« Sie klang ziemlich bitter. »Ist doch im Grunde ein dicker Hund: Fürs Grobe heiratet er eine praktische, unkomplizierte Frau mit Grips und starken Nerven, aber sein wahrer Traum ist so ein gestörtes Vögelchen, das beim leisesten Windhauch eine Bruchlandung liefert.«
Eva hat Mühe zu glauben, dass die souveräne Francis, die sie bisher kennengelernt hatte, wegen eines cineastischen Prototyps derart in Rage geriet.
»Sag mal, Francis, vielleicht spinn ich ja, aber es hört sich gerade so an, als empfändest du diese Vorliebe für eine persönliche Kränkung.«
»Was mich in Wahrheit wurmt, ist, dass Magnus, der ohne meine Umsicht, mein Organisationstalent und meine Tüchtigkeit längst vor die Hunde gegangen wäre, von einem Frauentyp fasziniert ist, der dasselbe unpraktische, neurotische und fleischlose Weib verkörpert wie seine Mutter. Dieses bigotte selbstgerechte Monster hat im Verein mit ihrem Tochter-Klon sowohl Mann als auch Söhne nur schikaniert und manipuliert mit ihren Launen und Kränkeleien. Magnus leidet heute noch unter den Folgeschäden – dennoch sinkt er vor Frauen, die alle diese Untugenden verkörpern, auf die Knie!«
»Aha, daher weht der Wind«, sagte Eva und verstand auch ein bisschen besser, warum ihre Beziehung zu Magnus keinen Bestand haben konnte. Das starke Frauenmodell hatte er bereits zu Hause. Es bot jedoch wenige Möglichkeiten, seine Neurosen aufzuarbeiten. Er suchte eine neurotische Halbleiche, mit der er seine Mutter-Macke beackern konnte.
»Aber lassen wir das unerfreuliche Thema und den Herrn im Internet rumstromern! Wir trinken – mit Seeblick und Optimismus für kommende Freuden noch ein Glas auf den wunderbaren Damenabend.«
22
Eva lag auf dem glatten kühlen Laken im Gästebett in Weizeneggers Villa und war versucht, sich zu kneifen, weil ihr alles so unwahrscheinlich vorkam. Die erste Nacht, die sie mit Magnus unter einem Dach verbrachte. Die hatte sie sich auch anders ausgemalt!
Als sie sich gerade hingelegt hatte, fiel ihr ein, dass die Tür nicht abgeschlossen war. Doch Magnus würde sicher niemals wagen, sie im Gästezimmer aufzusuchen.
Ihre Anwesenheit in seinem Hause beunruhigte und störte ihn zweifellos, aber er war nicht der Mensch, der Klärung im offenen Gespräch suchte – schon gar nicht bei dem Risiko.
Plötzlich schrak sie aus ihren Grübeleien auf. Irgendetwas hatte sie hart am Arm getroffen. Sie hörte kurze Atemstöße. Ihr Körper war vor Schreck gelähmt, doch ihr Geist arbeitete auf Hochtouren. War das Magnus? Wollte er sie umbringen?
Der Geruch in ihrer Nase belehrte sie eines Besseren und die warme nasse Zunge, die ihre Hand leckte, klärte sie endgültig auf. Cerberus, der Torhüter des Hades, empfahl sich als Nachtwache.
Kurz nach sechs Uhr stand Eva auf, um zu schwimmen. Kräftige Stöße im glatten Wasser des morgendlich friedlichen Sees besänftigen ihre aufgewühlte Seele. Ein paar Fischer waren unterwegs und zahlreiche Wasservögel. Ein Schwan, der am Ufer saß, schrak auf, reagierte mit aggressivem Fauchen auf den herbeitrottenden Cerberus und nahm eine wichtigtuerische Drohgebärde ein.
»Komm her, Cerbi!«, rief Eva und der Hund schwamm ihr entgegen. Sie
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