Liebling, Ich Kann Auch Anders
Bleibe für die innere Balance sei. Und dann ermahnte er sie eindringlich, es sei absolut gefährlich für sie, so nah mit Magnus zusammenzuleben. Distanz, so versicherte er ihr, stelle das einzig vernünftige Mittel der Wahl dar.
Aber im Grunde kam ihm Evas Auszug nicht gar so ungelegen, denn David wollte den Rest des Sommers bei ihm verbringen.
So schwächte selbst bei einem überaus idealistischen Freund wie Leonardo die Energie des persönlichen Interesses den therapeutischen Impetus.
Der richtige Augenblick für das Geständnis wollte sich partout nicht einstellen. Solang es ihr jedoch gelang, dieses Thema auszuklammern, fühlte sich Eva von der Sommersonne, der traumhaften Umgebung und der Zuneigung von vier Fünfteln ihrer Gastfamilie täglich aufs Neue in Euphorie katapultiert. Übertraf die Entwicklung doch ihre kühnsten Vergeltungspläne! Der einzige Wermutstropfen waren ihre Skrupel gegenüber Francis, die sie jedoch meist hinter den Triumph zu drängen vermochte, dass ihr entsetzter Ex-Geliebter nichts gegen ihre Präsenz in seinem Domizil sagen konnte. Der dicke Wurm saß jetzt mitten im Apfel und nahm dort mehr und mehr Raum ein … Wann immer sich ihre Wege kreuzten, lächelte sie Magnus zuckersüß an. Er revanchierte sich mit hasserfüllten Blicken.
Einmal traf sie ihn allein vor den Garagen. Er blickte sich nach unliebsamen Ohrenzeugen um und fauchte schließlich giftig: »Findest du nicht, dass es allmählich reicht, mit dem Theater? Himmel noch mal, wann wirst du mich endlich in Ruhe lassen?«
Wenn du längst unter dem Boden liegst, werde ich an deinem Grab noch mit den Mäusen pfeifen, hätte sie am liebsten erwidert. Aber sie antwortete lediglich: »Magnus, du hast mich zwar per Mausklick in dein Leben geholt, aber ich bin keine Lady aus dem Cyberspace, mit der jeder nach Belieben spielen kann, um sie anschließend wieder per Mausklick verschwinden zu lassen. Ich bin eine Frau aus Fleisch und Blut, was du auch durchaus schon zu schätzen wusstest … Und nicht zu vergessen: mit Seele und einem sehr guten Gedächtnis.«
Und dann zitierte sie mit milder Stimme und halb im Singsang einige seiner überaus süßen Worte, Versprechen ewiger Zuneigung und Geständnisse über das große Glück und die niemals endende Dankbarkeit. Das alles empörte ihn natürlich weit mehr als Gift und Galle aus ihrem Munde, weil er dabei ganz klar der Düpierte war.
Magnus ärgerte sich gehörig darüber, dass Evas Einsatz die Kinder begeisterte. Das hinderte ihn jedoch nicht daran, weiterhin seinen bequemen, gemütlichen Stil zu pflegen. Nach wie vor legte er Wert darauf, dass die Mahlzeiten pünktlich serviert wurden, das Fernsehprogramm seiner Wahl lief und niemand außer ihm seinen Computer benutzte.
Dieses Gebot wurde allerdings von den Kindern recht häufig unterwandert. Wenn Thomas oder Marie-Rose etwas im Internet suchen wollten, war es für sie selbstverständlich, sich an den Computer ihres Vaters zu setzen. Lediglich wenn er im Hause weilte, stand das Gerät ihm allein zur Verfügung. Es sei denn, er schlief bereits, sah fern oder schlief vor dem Fernseher.
Da Eva über hervorragende Beziehungen verfügte, gelangte sie an Konzertkarten für Veranstaltungen, die längst ausverkauft waren. Der eine Kollege oder die andere Kollegin schickten ihr gern ihre Pressekarten für Auftritte von Bands, die eher die jüngere Generation ansprachen, und zu denen sie normalerweise nicht gegangen wäre. Aber nun begleitete sie einmal Marie-Rose zu ihrer bevorzugten Popgruppe und ein andermal Thomas zu einer Teenieband. Die Kinder waren hochbeglückt, und Eva unterhielt sich auch nicht schlecht, denn die Atmosphäre war ausnahmslos prima. Auch fiel sie weniger als befürchtet auf, da viele der Kinder und Jugendlichen von Müttern oder Tanten begleitet wurden. Erwachsene Männer waren eher dünn gesät.
Magnus verfolgte jeweils das Presseecho auf die Veranstaltungen, markierte negative Äußerungen oder las sie genüsslich vor. Obwohl seine Ansichten einzig auf Vorurteilen beruhten, sparte er nicht mit Spott an den Musikern, ihrer Kunst und ihrer Klientel. »Dröhnung für Flachhirne …«
Aber dieses Gehabe kam bei seinem Nachwuchs ziemlich schlecht an. Denn wie die meisten jungen Menschen reagierten sie eher empfindlich, wenn ihre Idole verhöhnt wurden. Zumal Ironie in diesem Alter ohnehin nicht so gut ankommt.
Francis war glücklich über Evas Unternehmungslust und den neuen Wind, der im Hause
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