Liebling, Ich Kann Auch Anders
(in des Vorgangs Sinne) kann, was ich beim Klang deiner Stimme empfunden habe. Dies war der Anfang einer wunderbaren Freundschaft – was uns hoffentlich immer bleiben wird – und der Beginn eines leidenschaftlichen Traumes, den umzusetzen ich ersehne.‹
Schriftliches Nachsäuseln als Bonbon nach dem ersten Gespräch seinerseits.
›Mein Lieber, meine Freude, ich wünsche mir so sehr, dass meine Nase und meine Augen dich genauso begehren werden wie mein Geist, meine Seele und meine Ohren!‹, lautete ihr schriftlicher Erwiderungsseufzer.
Er antwortete ihr nun meist umgehend und rief sie auch mehrmals täglich an. Von zu Hause aus, wenn alle anderen ausgeflogen waren, aus seinem Büro oder von unterwegs aus Telefonzellen, in denen er zahlreiche Karten leer telefonierte. Magnus gehörte zu der aussterbenden Spezies Männer, die Handys ablehnten (vermutlich zum Schutz vor anderen und sich selbst). Während er am Telefon endlos schwatzte und Eva kaum eine Chance gab, je einen Gedanken bis zum Schluss auszuführen, strotzen seine Mails nun vor Demut und Bescheidenheit – und vor Ewigkeitsversprechen. ›Und ob mein kleiner Funke ausreicht, deine Sinne zu entfachen, ist eine spannende Frage. Unabhängig davon erträume und wünsche ich mir, deine Freundschaft erwerben und erhalten zu können. Für immer! Du bist so eine wundervolle Frau!‹
Na, bitte, wer von uns lechzt nicht geradezu nach dergleichen Bekenntnissen! Wenn ich nicht selbst gerade durchs erotische Delirium getorkelt wäre, hätte ich glatt neidisch werden können. So aber bat ich Eva um eine Kopie der Glanzlichter und las sie Beni vor.
»Gesülze und Geschwalle«, kommentierte er.
»Mag wohl sein, mein Süßer, aber das ist der Stoff, der Frauenherzen schmelzen lässt …«
»Wenn du meinst, dass ich das noch nötig habe, dann druck mir das Zeug halt mal aus!«, verlangte er lachend. Und als ich mir vorstellte, wie Beni mit Magnus’ Worten jonglierte, musste ich auch herzlich lachen. Endlich schien diese strapaziöse Geschichte eine erfreuliche Wendung zu nehmen! Erfreulich zumindest in der Hinsicht, dass Eva wieder jubilierte. Spannend war das Ganze natürlich auch. Höchst spannend. Meine Skepsis gegenüber Herrn Magnus Unbekannt blieb jedoch bestehen. Um meine Zweifel zu zerstreuen, musste er sich bei Eva noch gewaltig ins Zeug legen und den salbungsvollen Worten überzeugende Taten folgen lassen.
Am Donnerstag also sollten die Würfel fallen. Bel ami oder Quasimodo? – Wir waren gespannt. Worauf wir auch sehr gespannt waren – in diesem Falle bezog sich das Personalpronomen auf Sibylle und mich –, war, ob Eva am Wochenende zu Sibylles Geburtstag kommen würde. Sibylle feierte wieder mal ihren Fünfundzwanzigsten und hatte Lust auf eine große Party, was zur allgemeinen Vermutung führte, sie werde dreißig. Aber sie wurde dreiunddreißig. Wer es besser wusste, würde garantiert dazu schweigen.
Eva hatte fest zugesagt, worauf Sibylle ihr kurz entschlossen anbot, Leonardo und David mitzubringen, denn sie hält viel davon, interessante Menschen unter ihrem Dach zu versammeln.
Ich vereinbarte mit dem Fitnesstrainer, der jedes zweite Wochenende wegfährt, dass die beiden Männer in meiner Wohnung logieren konnten. Eva und ich teilten uns wie gewohnt Evas Räume, was kein Problem darstellte, da Beni zu seiner Familie aufs Land gefahren war, um die Taufe des dritten Kindes seiner ältesten Schwester zu feiern.
Zwar wäre ich wegen Sibylles Geburtstagsfeier ohnehin nicht mit ihm gekommen, aber ich hätte es schon nett gefunden, wenn er mich wenigstens gefragt oder die Andeutung einer Einladung ausgesprochen hätte, zumal er es für selbstverständlich hielt, dass er mit meinem Auto hinfahren konnte.
Beni stammt von einem Bauernhof in einer winzigen Allgäugemeinde und ist der einzige Sohn nach vier Töchtern. Also der designierte Hoferbe, der vom ersten Atemzug an wie etwas ganz Besonderes und Kostbares behandelt wurde. Verschärfend kommt hinzu, dass seine Mutter Sizilianerin ist, also einem Kulturkreis entstammt, in dem Männer ein weit höheres Ansehen genießen als Frauen. Camilla Bellini, deren Eltern von einem Dorf am Fuße des Ätna mit zwei kleinen Kindern nach Deutschland eingewandert waren, hatte Josef Hanner über die Vermittlung eines Viehhändlers kennengelernt.
»Du darfst dir meine beste Kuh aussuchen, wenn du für mich eine tüchtige Frau findest, die bereit ist, Bäuerin zu werden«, hatte Josefs Offerte
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