Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebling, Ich Kann Auch Anders

Liebling, Ich Kann Auch Anders

Titel: Liebling, Ich Kann Auch Anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Kast-Riedlinger
Vom Netzwerk:
gelautet. Bauern rangierten vor dreißig Jahren auf der Rangliste der heiratswilligen Frauen auf ähnlich tiefem Niveau wie Knackis.
    Die Lotte aus Hanners Stall war ein Angebot, das der Viehhändler sich nicht entgehen lassen wollte. So organisierte er einen Grillabend für die sizilianische Familie und den Freundeskreis seiner Putzfrau und lud Josef Hanner dazu ein. Dabei fiel dessen Auge auf Camilla, die in einem Lebensmittelbetrieb in Memmingen am Fließband arbeitete.
    Die junge Frau fand Gefallen an dem Bauern, und Lotte wechselte den Besitzer.
    Nun hatte es aber die schöne Siciliana trotz der rührenden Eheanbahnung nicht leicht mit der Familie ihres Mannes. Und nachdem sie ein Mädchen nach dem anderen gebar, schien das für einige böswillige Anverwandte die Bestätigung ihrer Untauglichkeit. Insofern bedeutete die Geburt des Knaben Benedict, den seine Mutter nur Benedetto nannte und der außerdem noch auf die Namen Salvatore und Angelo (also Erretter und Engel) getauft wurde, ihre Erlösung von einem vermeintlichen Fluch. Camilla liebte ihn abgöttisch und verwöhnte ihn nach Strich und Faden. Er war ein hübscher und aufgeweckter Bub. Zu Ende seiner Grundschulzeit bearbeiteten sein Lehrer und der Pfarrer die Familie wochenlang, dass Beni, der schlaueste Junge weit und breit (in der Quasi-Einsiedelei), aufs Gymnasium durfte. Und hätte sein Vater damals nicht wegen einer Umlegung der Kreisstraße durch sein Ackerland einen Anwalt gebraucht, wäre Beni wie alle seine Kameraden zur Hauptschule gegangen. So aber gab’s ein Argument, das für die höhere Schule sprach: Das horrende Stundenhonorar, das ein Anwalt veranschlagen konnte.
    Den Hof bewirtschaftete inzwischen die älteste Schwester mit ihrem Mann, einem dritten Sohn von einem Hof in der Gegend. Und wenn Beni gelegentlich zu Besuch kam, wurde im biblischen Sinne ein gemästet Kalb geschlachtet.
    In diesem geradlinigen ländlich-multikulturell geprägten Lebenslauf meines Liebsten lag zweifellos sein kaum zu erschütterndes Selbstbewusstsein begründet und die Überzeugung, seine Intelligenz sei ganz außergewöhnlich hoch und könne von kaum jemandem – zuallerletzt von einer Frau   – übertroffen werden.

     

9

    Am Freitagabend trafen die drei aus Konstanz ein. Eva strahlte wie die Mittagssonne am wolkenlosen Himmel. Tags zuvor hatte sie Magnus getroffen und sich seither nicht bei mir gemeldet. Ich platzte fast vor Neugier und war sehr zufrieden, als die beiden Männer sich auf die Socken machten, nachdem sie ihr Gepäck verstaut hatten.
    »Schon wieder Blumen!«, rief Eva, als ich ihr den bunten Begrüßungsstrauß überreichte. Sie trug ihn in der schlichten Glasvase auf den Balkontisch, und ich folge mit Crémant, Kühler und zwei Gläsern.
    »Lustig, in der eigenen Wohnung zu Gast zu sein«, fand Eva und lobte mich gleich dafür, dass ich ihre Kräuter so gut gepflegt hatte. Das geschah schon in meinem eigenen Interesse. Dennoch bedankte ich mich für das Kompliment. Aber sogleich fiel mir ein, dass ich ihr beichten musste, was alles Benis hilfreichen Händen entglitten war. Leider hatte sich zu den leicht ersetzbaren Geschirrteilen inzwischen auch noch eine zauberhafte alte Kristallschale gesellt. Ein Stück, wie es sich allenfalls in einem Antiquitätengeschäft finden lässt.
    »Ach, mach dir keine Gedanken. Ist doch kein Problem, solange es nur um Materielles geht.«
    Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dann war er jetzt erbracht: Eva war heiß verliebt. Wer liebt, kann so gut loslassen. Alles außer dem geliebten Wesen. Das wird ängstlich festgehalten, zärtlich gestreichelt oder neckisch stimuliert. Jedenfalls bleibt keine Hand frei für etwas, das nichts mit dieser alles ringsum bagatellisierenden Liebe zu tun hat. Wie schön, dass wir beide fast gleichzeitig etwas so Wunderbares erleben durften.
    Ich füllte die Gläser und wir stießen an. »Auf das, was uns berührt«, sagte ich grinsend.
    »Na, warum so zurückhaltend? Nenn das Kind doch ruhig beim Namen! Auf die Liebe!«
    »Okay, auf die Liebe!«
    Wir tranken einen Schluck und dann forderte ich sie auf: »Jetzt aber raus mit der Sprache!«
    Eva strahlte mich an. »Eliza, das Unglaubliche ist geschehen: Ich habe einen Mann gefunden, der meine kühnsten Wunschvorstellungen weit übertrifft.«
    Ich wusste ja, um wen es ging, aber ich neckte sie ein wenig: »Sag mal, von dem einen Schluck kannst du noch nicht schon besoffen sein. Oder hast du etwa gekifft? Oder bist du

Weitere Kostenlose Bücher