Liebling, vergiss die Socken nicht
zuknallte. Matt ging, ohne sich zu verabschieden und ohne den Mädchen anzubieten, sie mit zur Schule zu nehmen. Sie musste sich zusammenreißen, um nicht in Tränen auszubrechen, und überlegte, ob sie ihm nachlaufen sollte. Aber was wollte sie ihm sagen? Alles, was sie in der letzten Zeit über seine Arbeit geäußert hatte, hatte falsch geklungen. Gönnerhaft oder gekünstelt freundlich.
Seine Wagentür schlug zu. Vielleicht sollte sie ihm einfach nur sagen, dass sie ihn liebte? Doch plötzlich legte Jess am Frühstückstisch den Kopf in die Arme und fing an zu weinen.
»O Mum«, schluchzte sie. »Es tut mir so leid. Es ist alles meine Schuld.«
»Das stimmt nicht.« Ally, die nicht länger wütend auf Jess sein konnte, strich ihr über den Kopf. Sie hörte, wie Matt seinen Wagen startete, und wollte ihm so schrecklich gern nachlaufen, doch sie wusste, dass Jess sie ebenfalls brauchte. Verdammter Ritchie Page.
Der Kies spritzte auf, als Matt mit quietschenden Reifen die Zufahrt hinunter auf die gefährliche Kreuzung mit der Hauptstraße zuschoss. Mit fast 80 Stundenkilometern näherte er sich dem Ende der schmalen Nebenstraße, und er sah, dass der Abstand kaum ausreichte, um vor dem nächsten Wagen noch einzuscheren. Er tat es trotzdem. Er konnte sich nicht erinnern, wann er sich wütender oder mehr gedemütigt gefühlt hatte. Weder Ritchie Page noch Stephen besaßen nach zehn Jahren die Höflichkeit, ihn vorab zu informieren, dass man ihn beim Telethon fallenlassen würde. Und Danny Wilde, der nicht mal für Century arbeitete, an seine Stelle zu setzen, war eine ganz bewusste Brüskierung.
Matt bog in einen Feldweg ab und hielt an einer Wiese an. Er stieg aus und lehnte sich gegen den Zaun. Wenn er ehrlich mit sich selbst war, musste er zugeben, dass noch mehr hinter seiner Reaktion steckte. Er war nicht nur beleidigt, weil er durch einen zehn Jahre jüngeren Mann ersetzt würde. Damit hatte er irgendwann rechnen müssen. Das Fernsehen brauchte nun mal Veränderungen. Es war ein tückisches Medium. Es verschlang die Leute, kaute sie durch und spuckte sie am Ende wieder aus. Und deshalb wurden sie gut bezahlt. Das Fernsehen brauchte ständig neue Gesichter. Eines davon war Ally. Und er wusste, dass sie gut war.
Eigentlich wurde behauptet, die Männer hätten sich mittlerweile verändert und würden sich freuen, wenn die Frauen ihren Ehrgeiz auslebten. Doch im tiefsten Winkel seiner Seele wusste Matt, dass er mehr Erfolg haben wollte als seine Frau. Für den ›Neuen Mann‹ mochte das völlig inakzeptabel sein, aber Matt empfand es so, und er war sicher, dass viele Männer dieses Gefühl teilten.
Aber hatte Ally nicht dennoch ein Recht, ihr eigenes Leben zu leben, ihre eigene Begabung zu nutzen? War er nicht ein egoistischer Arsch? Matt schloss die Augen. Er wusste einfach nicht mehr, was männlich und was egoistisch war. Susie hätte mit Sicherheit gesagt, es sei ein und dasselbe.
Er dachte an seine Eltern. Wieviel einfacher war es für sie gewesen. Sein Vater war zur Arbeit gegangen und seine Mutter zu Hause geblieben. Jeden Freitag hatte sein Vater ihr die Lohntüte ausgehändigt, und seine Mutter hatte ihm sein Taschengeld gegeben. Obwohl sie nicht zur Arbeit ging, wusste jeder, dass sie die Hosen anhatte.
Heute jedoch wollten Frauen mehr sein als die heimlichen Drahtzieher im Hintergrund. Wer konnte es ihnen verdenken?
Als Matt wieder zum Wagen zurückging, wurde ihm bewusst, dass es vermutlich unmöglich war, solche Gedanken zu hegen, geschweige denn, sie auszusprechen. Es gab kein Zurück mehr für Ally, genausowenig wie für alle anderen Frauen. Entweder würde er es schaffen, die neue Ally zu akzeptieren, oder es war vorbei mit ihrer Ehe.
Bis er auf dem Parkplatz von Century ankam, hatte er begriffen, dass er seinen Zorn an der falschen Person ausließ. Es war nicht Allys Schuld, sondern die von Ritchie Page. Am Eingang lächelte er Bryony unbekümmert zu und nahm den Lift in den sechzehnten Stock.
Lorraine, Ritchie Pages Sekretärin, schien irritierend ruhig, als er nach ihrem Boss verlangte. Fast so, als ob sie ihn erwartet hätte. Sie nahm den Hörer ab, und wenige Minuten später tauchte Page mit einem breiten Grinsen in seiner Tür auf.
»Matt. Was für eine angenehme Überraschung!« Er streckte ihm seine Hand entgegen wie ein Versicherungsvertreter, der sich auf seine Provision freute. »Was kann ich für Sie tun?«
»Das wissen Sie verdammt gut.« Matt marschierte an der
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