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Liebling, vergiss die Socken nicht

Liebling, vergiss die Socken nicht

Titel: Liebling, vergiss die Socken nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maeve Haran
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Rucksack fertigzupacken.
    Ally hatte Dannys Schlafzimmer von Anfang an gefallen. Trotz der spärlichen Möblierung hatte es Ausstrahlung. Danny hatte all den Grau- und Graphittönen, die sich normalerweise so gut für alleinlebende Männer eigneten, widerstanden. Sein Zimmer war in einem raffinierten Lavendelschimmer gehalten, zu blau, um grau zu wirken, und dennoch grau genug, um männlich zu wirken. Es erinnerte sie an die Farbe eines Crepe-de-Chine-Kleids von Ossie Clark, das sie vor Jahren getragen und immer als die Krönung der Eleganz betrachtet hatte. Die größte Überraschung bildete das Empire-Bett, das fast wie ein Schiff aussah. Aber es war kein Schiff, von dem sie sich diese Nacht aufs Meer hinaustreiben lassen würde. Sie wusste, wenn sie einschlief, würde alles zu spät sein. Dannys Augen waren fest geschlossen, und auf seinem Gesicht lag ein Lächeln, das einem Grinsen gefährlich nahe kam. Diesmal ließ sie es durchgehen.
    Sie blieb einen Moment am Bettrand sitzen und betrachtete ihn. Auf seine Art schien er sie zu lieben. Aber wäre ein gemeinsames Leben für sie möglich? Würde er überhaupt begreifen können, dass sie nicht nur für ihn da sein konnte, dass andere Menschen sie ebenfalls brauchten, und manchmal im ungünstigsten Augenblick? Auf der Ablage neben seinem Bett sah sie eine CD liegen, Janeys momentane Lieblingsplatte. Wie ein Blitz traf sie das schlechte Gewissen. Janey hatte mit ihr reden wollen und wahrscheinlich auf sie gewartet. Gott, warum musste das Leben immer so kompliziert sein?
    Leise nahm sie ihre Sachen und zog sich an.
    Als Ally eine Stunde später die Haustür öffnete, herrschte im Haus vollkommene Stille. Schnuppernd folgte sie dem leichten Geruch von Gebratenem in die Küche. Sie bemerkte die schmutzige Pfanne und den einzelnen Teller auf der Spülmaschine. Ohne auf ihre feine Kleidung zu achten, nahm sie das benutzte Geschirr und räumte es in den Geschirrspüler. Die Pfanne fühlte sich noch warm an. Janey konnte also noch nicht allzulange im Bett sein.
    Auf dem Weg zu ihrem Schlafzimmer steckte sie den Kopf bei Janey hinein. Sie schlief fest. Mit ihrem langen, über das Kopfkissen ausgebreiteten Haar und dem weißen T-Shirt, das sich leuchtend von der schwarzen Bettwäsche abhob, wirkte sie fast wie ein Kind.
    Morgen früh, beschloss Ally, würde sie Janey das Frühstück ans Bett bringen und sich entschuldigen. Morgen würde sie alle Zeit der Welt haben, um zuzuhören.
    Wie immer, wenn sie nervös war, wachte Janey am nächsten Morgen auf, bevor der Wecker klingelte. Es war fünf Uhr. Jemand aus der Schule hatte ihr erzählt, wenn man den Kopf fünfmal auf das Kissen schlug, wachte man auch um fünf Uhr auf. Das war bei Janey nicht nötig. Sie war auch so aufgewacht. Rasch zog sie sich an und nahm ihren Rucksack.
    Die Dielenbretter vor Jess‘ offener Tür knackten, als Janey dort vorbeihuschte. Doch sie kümmerte sich nicht darum. Jess war unmöglich wach zu kriegen, selbst wenn man es wollte.
    Sie schnappte sich den London-Stadtplan vom Telefonbord und nahm ihren Parka vom Haken neben der Hintertür. Dann schlich sie hinaus und machte sich auf den Weg zum drei Kilometer entfernt gelegenen Bahnhof von Fairley Green. Wenn sie Glück hatte, würden um diese Zeit noch keine Väter von Schulfreundinnen auf dem Weg zur Arbeit sein und sie ausfragen, was sie vorhatte.
    Am Bahnhof kaufte sie sich einen Fahrschein für eine einfache Fahrt in die City. Der Zug wurde gerade angezeigt. Sie nahm es als gutes Omen und eilte durch die Unterführung. Gott oder irgendwelche guten Geister standen auf ihrer Seite.
    In dem riesigen kathedralenähnlichen Bahnhof in der Innenstadt kaufte sie sich zuerst einen Kaffee und ein süßes Brötchen. Sie hockte sich zum Essen an eine Säule. Plötzlich überfiel sie die Panik.
    Sie war von zu Hause abgehauen.
    Adams Stimme klang ihr noch genau im Ohr. Er hatte ihr geraten, daheim zu bleiben und die Probleme mit ihrer Mutter zu klären. Vielleicht wollte er gar nicht, dass sie aus heiterem Himmel bei ihm aufkreuzte. Vielleicht war ja eine andere bei ihm. Sie ging besser wieder zurück.
    Sie trank ihren Kaffee aus und suchte nach einem Abfallkorb. Direkt bei Gleis 14 entdeckte sie einen. Auf dem Bahnsteig sah sie ein kleines, braunhaariges Mädchen, das ein begeistertes Spiel mit seinem Vater spielte. Janey beobachtete, wie die Kleine immer wieder an den Rand des Bahnsteigs lief und dort in der seligen Gewissheit, gerettet zu werden, darauf

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