Liebling, vergiss die Socken nicht
war.
Ohne Vorwarnung erschien auf einmal George Waites, Englands distinguiertester Nachrichtensprecher, in einer der Terrassentüren. Er blieb einen Moment lang mit einem Glas Wein in der Hand stehen, und sein silbergraues Haar schimmerte in der Mittagssonne.
»Hallo, ihr Süßen.« Er äugte hinaus zu ihnen, wie sie da in der strahlenden Sonne saßen, trollte sich dann wieder nach drinnen und murmelte: »Mein Gott, was für ein grässliches Wetter!«
Ally kicherte. »Der mag wohl die Sonne nicht?«
»Vermutlich hat er einen Kater so groß wie ein Nashorn«, flüsterte Louise. »Verdient hätte er ihn jedenfalls. Der böse Georgie sollte eigentlich vor den Mittagsnachrichten nicht trinken, weil er sonst eine verwaschene Aussprache hat und die Zuschauer dann anrufen und sich beschweren. Der Chef vom Dienst sagt, das mit den Antibiotika glauben sie ihm nicht mehr.«
»Vor allem seit gestern Abend«, warf Nikki ein.
»Was war denn gestern Abend?« Ally lauschte gespannt.
»Er hat live auf Sendung eine Produktionsassistentin gefragt, wie man Nagorny Karabach ausspricht und dann verkündet › Wen interessiert das schon‹. Den Botschafter zum Beispiel. Der hat nämlich angerufen und sich beschwert. Hinterher kam Georgie hier in die Bar, sang und zog sich aus.«
Ally lehnte sich zurück und schüttete sich aus vor Lachen. Von nun an würde sie die Mittagsnachrichten mit anderen Augen sehen.
Matt setzte sich an die alte Underwood-Schreibmaschine in seinem Arbeitszimmer und starrte auf das leere Blatt Papier. Eigentlich war es eine Schrulle von ihm, sie immer noch zu benutzen. Er hätte sich längst einen schicken Computer kaufen sollen, doch es war seine erste Schreibmaschine gewesen, und das satte Geräusch, das sie erzeugte, wenn man auf die Tasten drückte, konnte ihm kein Computer dieser Welt ersetzen.
Aber heute konnte Matt sich nicht konzentrieren. Er hatte den Nachmittag frei genommen, um eine Tischrede zu verfassen, die er bei einer Tagung der IBM-Bosse zu halten versprochen hatte. Matt Boyd war für öffentliche Auftritte stets gefragt. Ob es sich nun um Supermarkteröffnungen oder die Übergabe von Lotteriegewinnen handelte, man wusste, wenn Matt moderierte, war das Gelingen der Veranstaltung garantiert. Er war witzig und schreckte nicht mal davor zurück, ein paar Hände zu schütteln und zu plaudern. Außerdem steckte er nicht bloß schnell seinen Scheck ein und verschwand, sobald es mit - oder auch ohne - Anstand möglich war, so wie manch andere Stars. Matt war gern unter Menschen. Trotzdem fragte er sich jedesmal, wenn er bei einer Veranstaltung wie der bevorstehenden zugesagt hatte, warum er das tat. Das Geld brauchte er nicht. Vermutlich war es eine Art Reserve für schlechte Zeiten. Wenn man aus einer Familie wie der seinen kam, wo der Vater Maurer war und das Geld hinten und vorne nicht gereicht hatte, achtete man sehr darauf, der Armut nie wieder ins Gesicht blicken zu müssen. Und die Fernsehbranche konnte so wechselhaft sein. Zehn Jahre war er nun schon ganz oben, länger als irgendein anderer, aber würde das noch einmal zehn Jahre anhalten?
Matt stand auf. Er konnte die verdammte Rede nicht schreiben. Obwohl Mrs. O‘Shock im Hintergrund staubsaugte, war es noch viel zu ruhig. Über dem Haus lag eine Art Leblosigkeit, eine mit gähnender Leere gepaarte Stille, die er nicht gewohnt war.
Vielleicht sollte er sich eine Tasse Kaffee machen.
Am Fuß der Treppe bückte er sich, um die Nachmittagspost aufzuheben. Als er sich wieder aufrichtete, wurde ihm klar, was heute anders war.
Ally war nicht da.
Als Ally sich endlich in die Polster des Ford Granada sinken ließ, den Nikki für sie organisiert hatte, und den Heimweg antrat, konnte sie kaum glauben, dass es schon halb vier war. Ein flüssiges Mittagessen aus Weißwein mit nur einem Päckchen Käsegebäck als Festnahrung hatte dazu geführt, dass sie sich abwechselnd schwindlig und überglücklich fühlte.
Um halb fünf knirschte der Wagen über den Kies ihrer Einfahrt. Zu ihrer Überraschung stand Matt vor der Haustür und wartete auf sie.
»Offensichtlich haben wir dir so gefehlt, dass du geradezu nach Hause geeilt bist.«
Ally grinste, als sie aus dem Wagen ausstieg.
»Du hast ja einen sitzen«, schimpfte Matt.
»Ich weiß«, gestand Ally, der klar war, dass Leugnen keinen Zweck hatte. »Es war ungemein lustig. Jetzt weiß ich, warum du immer so lange arbeitest. Du verbringst die Hälfte der Zeit in der Bar.«
Matt lag eine
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