Liebling, vergiss die Socken nicht
einzige Errungenschaft der Show war, dass sie die Quoten des Konkurrenzkanals in die Höhe getrieben hatte.
Stephen wunderte das nicht mehr. Die Show war ein heilloses Durcheinander, die Dekoration fade und von vorgestern, die Beleuchtung deprimierend, und die Moderatorinnen sahen einander kaum an. Maggy, die ein weit ausgeschnittenes Kleid trug, das in einer Singles-Bar vielleicht passend gewesen wäre, aber nicht in einer Nachmittagssendung, mühte sich erfolglos ab, mit Hilfe aufgesetzter Späße einen Gartenexperten aus der Reserve zu locken.
Und Allegra Boyd, die in der Pilotsendung so brillant gewesen war, war die schlimmste Überraschung. Sie hockte da und starrte den Teleprompter an wie das Kaninchen die Schlange. Sie besaß ungefähr so viel Charisma wie ein Hilfsbuchhalter. Als er sie da auf dem Bildschirm sah und zugleich an die reizende, temperamentvolle Frau dachte, die sie im wirklichen Leben war, fragte sich Stephen, was, zum Teufel, schiefgelaufen war.
Wütend schaltete er den Fernseher aus. Vielleicht war es ja sein Fehler, dass er Patsys Laune nachgegeben hatte und eine so unerfahrene Person ins Rampenlicht geschubst hatte. Eines stand jedenfalls fest: Wenn die Show nicht besser wurde, musste er sich nach einem neuen Produzenten umsehen. Doch wo sollte er auf die Schnelle jemanden finden, der die nötige Portion Gespür und Talent besaß, um die Show zu retten?
Das Telefon auf seinem Schreibtisch summte und riss ihn aus seinen Überlegungen. Es war seine Sekretärin Janet.
»Stephen, ich habe Alex Williams von Big Television am Apparat. Er sagt, es sei dringend.«
Stephen saß einen Moment verblüfft da und sagte nichts. Wenn es eine Gesellschaft gab, die direkt mit Century rivalisierte, dann war das Big City Television, und es wurde mitunter mit unfeinen Methoden gekämpft. Im Gerangel um Werbeeinnahmen weigerten sich die Vertreter von Big City, Sendezeit an Firmen zu verkaufen, die auch bei Century warben. Und Century tat natürlich genau dasselbe. Die beiden Gesellschaften standen, um es milde auszudrücken, nicht gerade auf sehr freundschaftlichem Fuß miteinander.
Trotzdem fand Stephen das, was ihm Alex Williams zu sagen hatte, ausgesprochen interessant.
Jeder in der Fernsehbranche wusste, dass die Besitzer von Big City, ein riesiger Unterhaltungskonzern, finanzielle Probleme hatten und Big City abstoßen wollten. Nun hatten sie einen Käufer gefunden. Und dessen Name ließ Stephen aufhorchen: Ritchie Page. Ehemaliger Porno-König, Zar des Videoverleihgeschäfts und gegenwärtiger Eigentümer eines Satellitensenders namens Kids‘ Club Channel.
Ritchie Page war einer der ersten gewesen, der die Bedeutung des Videos begriffen hatte. Während die Fachleute noch jammerten, dass es sich nie durchsetzen würde, hatte Page bereits eine Kette von Videogeschäften in den großen Einkaufsstraßen aufgebaut. Es hatte nicht lange gedauert, bis ihm aufgegangen war, dass die beliebtesten Videos Gewaltstreifen und Softpornos waren, eben genau das, was die britischen Fernsehsender nicht zeigten.
Mit dem Vermögen im Rücken, das er damit verdient hatte, beschloss Page, seriös zu werden. Als die Satellitensender aufgekommen waren, hatte er eine weitere Marktlücke entdeckt und seinen Kids‘ Club Channel ins Leben gerufen. Infolge der geschickten Vermarktung seiner Zeichentrickfigur Fred Bär bedrängten Kinder in ganz Europa ihre Eltern, sich eine Satellitenschüssel anzuschaffen.
Jetzt wollte er noch einen Schritt vorankommen und einen Fernsehsender für Erwachsene kaufen.
Stephen hatte Alex Williams noch nie so außer sich erlebt. »Wenn Page Big City in die Finger bekommt, haben wir hier nur noch strippende Hausfrauen.« Williams machte eine Kunstpause, um die Konsequenzen plastisch werden zu lassen. »Und wir sind nur die ersten, Kollege. Ihnen wird es genauso ergehen. Sehen Sie sich bloß die Boulevardzeitungen an. Die zeigen schon, wo es in Zukunft lang gehen wird.«
Alex hatte nicht ganz unrecht. Wenn Big City Page in die Hände fiel, würde es hart für Century werden, wenn sie sich nicht ebenfalls dem Massengeschmack unterwarfen. »Und was kann ich tun?«
»Könnten Sie etwas über ihn bringen? Wir können es nicht machen - es wäre zu offensichtlich. Aber bei Ihnen ginge es.«
»Ja, ich denke, das ließe sich machen. Ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen.«
Stephen legte den Hörer auf. Das hatte ihm wirklich noch zu seinem Glück gefehlt.
»Warum hasst dich Maggy Mann denn
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