Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lieblingslied: Roman (German Edition)

Lieblingslied: Roman (German Edition)

Titel: Lieblingslied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.A. Milne
Vom Netzwerk:
gefolgt von einem perfekten, langen Kuss auf den Mund. Dann richtete sie sich auf, rückte den Rucksack auf ihrem Rücken zurecht und ging langsam zum Bahnsteig Nummer sechs.
    Ich zog hastig die Nachricht zwischen den Gitarrensaiten hervor. Sie zu lesen, dauerte nur zwei Sekunden. Dort stand in englischer Sprache:
    Octavius Burke – Moscow
    Ich wusste, dass das der Name ihres Vaters war. Aber …?
    »Moskau?«, rief ich ihr hinterher. »Soll ich dich in Russland suchen?«
    Anna drehte sich um und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ist dir das zu weit, Mr. Bright?«
    »Nein, aber … warum Moskau ?«
    »Ist eine kleine Stadt. Mein Zuhause. Das gute alte Moscow in Idaho.«
    Jetzt ging mir ein Licht auf. »Und du bist sicher, dass Octavius Burke nicht schwer zu finden ist?«
    »Ganz sicher. Als wir es das letzte Mal überprüft haben, war er der einzige dieses Namens im ganzen Staat. Finde ihn, und du findest mich.« Sie winkte mir zum letzten Mal zu und war im nächsten Moment verschwunden.
    »Darauf kannst du wetten«, flüsterte ich.

6
    DER REST DES SOMMERS verging langsamer, als es mir lieb war. Nicht, dass ich meine Zeit in Österreich nicht genossen hätte! Dennoch konnte ich es kaum erwarten, endlich Anna Burke wiederzusehen. Schließlich waren die letzten Prüfungen vorüber, die Examensfeierlichkeiten beendet, und ich hatte ganz offiziell den Titel Master of Music erworben. Während sich die anderen Absolventen um vielversprechende Anstellungen bewarben – Lehraufträge an Universitäten, leitende Stellungen an Musiktheatern in Paris oder New York oder bei bekannten Orchestern weltweit –, packte ich Karl und flog zu meinem Großvater nach Garibaldi, Oregon zurück – eine ruhige Küstenstadt mit achthunderteinundachtzig Einwohnern, abgesehen von den saisonal erscheinenden Krebsfischern, die man nur hätte mitzählen können, hätte man die Volkszählung nachts im örtlichen Pub durchgeführt.
    Ich blieb genau eine Woche, denn so lange dauerte es, Großvater zu überreden, mir seinen altersschwachen Pick-up zu leihen, um nach Idaho zu fahren.
    »Du bist doch gerade erst wiedergekommen. Und jetzt willst du schon wieder fort?«, fragte er, als ich das Problem beim Abendessen am ersten Abend zu Hause anschnitt. »Was hat Idaho, das Oregon nicht hat?«
    »Kaufst du es mir ab, wenn ich behaupte, es herrscht dort ein Mangel an ausgebildeten Gitarristen?«
    »Pah! Wofür hältst du mich? Ich bin kein Idiot, Ethan.«
    »Was, wenn ich behaupte, ich interessiere mich für den Kartoffelanbau?«
    Jetzt lachte er laut auf. »Ethan Bright, der Kartoffelfarmer! Das wär’s noch!«
    Also gestand ich, ein sehr besonderes Mädchen aus dem Kartoffelstaat in Europa kennengelernt zu haben, das ich wiedersehen wollte.
    »Und wie lange gedenkst du zu bleiben?«
    Ich schluckte eine harte Karotte hinunter. »Hängt davon ab, wie’s läuft. Vielleicht eine oder zwei Wochen.«
    »Gut, ich denke darüber nach.«
    Ich wusste, dass er mich … letztendlich ziehen lassen würde. Er gab es zwar nicht zu, aber ich glaube, er hatte mich vermisst und zögerte die Entscheidung hinaus, um mich noch ein paar Tage länger bei sich behalten zu können.
    Am Abend des sechsten Tages streckte er die Waffen.
    Am nächsten Morgen war ich unterwegs.
    Um sechs Uhr abends desselben Tages erreichte ich Moscow, das direkt über der Grenze von Pullman, Washington, am Ostrand des Columbia Plateaus lag. Das Schild, das den Besucher in der Stadt willkommen hieß, gab die Einwohnerzahl mit knapp über zwanzigtausend an, was im Vergleich zu Garibaldi eine Menge war. Nach allem, was Anna mir erzählt hatte, hatte ich nur Farmland erwartet. Was ich vorfand, war eine blühende Stadt mit einer hübschen Universität im Zentrum.
    Bereits nach fünf Minuten hatte ich einen Supermarkt gefunden, in dem ein Telefonbuch auflag. Die Kassiererin beschrieb mir freundlich den Weg zur Adresse von Octavius Burke, einem von sieben Einwohnern dieses Namens. Zehn Minuten später parkte ich den verrosteten Ford F-150 vor einem zweistöckigen Privathaus im Ponderosa Drive.
    Mein Magen rebellierte nervös, als ich darauf wartete, dass die Tür geöffnet wurde. Als sie schließlich aufging, fand ich mich einem großen Mann mit Nickelbrille auf der schmalen Nase gegenüber. Sein dichtes, lockiges Haar reichte ihm fast bis auf die Schultern. Er musterte mich blinzelnd von Kopf bis Fuß. »Was kann ich für Sie tun?«
    Ich fühlte mich wie ein Teenager vor dem ersten Rendezvous.

Weitere Kostenlose Bücher