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Lieblingslied: Roman (German Edition)

Lieblingslied: Roman (German Edition)

Titel: Lieblingslied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.A. Milne
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der nicht abgeschlossenen Versicherung. Tatsache jedoch war, dass wir plötzlich nichts mehr besaßen, als das, was wir auf dem Leib trugen. Das traf uns schwer.
    Dabei war der Albtraum dieses Tages noch nicht vorüber. Als wir allein im Auto saßen, hatte Anna noch mehr zu beichten.
    Sie kramte in ihrer Handtasche. »Eigentlich hatte ich es mir ganz anders vorgestellt.«
    »Du meinst, das Hühnchen sollte nicht so knusprig werden? Anna, für solche Witze fehlt mir jetzt der Humor.«
    »Nein, ich meine den Tag heute. Es ist alles falsch gelaufen.«
    Ich atmete tief aus und starrte auf die durchhängende Innenverkleidung des Autodachs. »Was ist schon verkehrt daran, wenn man alles verliert, was man besitzt?«
    Anna ging gar nicht weiter auf mich ein. »Als es diese Woche nicht kam, habe ich das Schlimmste befürchtet. Deshalb wollte ich so schnell wie möglich zum Kaufhaus. Ich dachte nicht, dass es so lange dauern würde.«
    »Wie bitte?«
    Sie hatte offenbar gefunden, wonach sie suchte, ließ ihre zitternde Hand jedoch tief in ihrer Handtasche stecken. »Ich weiß nicht, wie ich es dir beibringen soll, Ethan. Ist nicht gerade der günstigste Zeitpunkt für solche Patzer …«
    »Anna, rede endlich Klartext! Unsere Wohnung ist gerade abgebrannt. Schlimmer kann’s nicht mehr kommen.« Es war das erste Mal in unserer Ehe, dass ich so mit Anna sprach.
    Und ich bereute es umgehend.
    Sie verdeckte die Augen mit einer Hand, als erneut die Tränen zu fließen begannen.
    Als ich meinen Fehler erkannte, entschuldigte ich mich, redete sanft auf sie ein, bis sie sich etwas zu beruhigen schien. »Bitte«, begann ich, »sag mir einfach, was los ist. Nur so kann ich dir helfen.«
    Anna wischte sich mit dem Ärmel die Tränen ab, straffte die Schultern und sah mir geradewegs in die Augen. »Die Sache ist … Ethan … dass … dass noch mehr im Ofen ist als nur so ein dämliches Hühnchen.«
    »Was meinst du? Eine Beilage?«
    »So könnte man es nennen«, erwiderte sie lakonisch, nahm die Hand aus der Tasche und legte einen seltsam aussehenden Stift in meinen Schoß. Er sah aus wie ein Zungenspatel aus Plastik und hatte ein kleines Fenster an einem Ende.
    Ich starrte den Gegenstand nur an, war zu nervös, um ihn in die Hand zu nehmen. »Was ist diese Woche nicht gekommen?«
    »Muss ich wirklich noch deutlicher werden? Ich finde, das Pluszeichen erklärt es hinlänglich.«
    »Also … anstatt auf das Hühnchen in der Küche aufzupassen, bist du … hast du …«
    »Habe ich einen Schwangerschaftstest gemacht. Ich konnte es nicht abwarten, Bescheid zu wissen. Also bin ich im Supermarkt auf die Toilette gegangen und habe dort auf das Ergebnis gewartet. Dieser Test ist der dritte. Beim ersten Mal habe ich es nicht geglaubt, also habe ich eine große Flasche Wasser und noch einen Test gekauft, aber das Ergebnis war dasselbe. Die Kassiererin muss mich für verrückt gehalten haben, als sie das dritte Mal eine Flasche Wasser und den Test bei mir abrechnen musste. Jedenfalls habe ich das Pluszeichen beim letzten Test nur noch verschwommen wahrgenommen. Ich weiß selbst nicht mehr, wie ich zu unserer Wohnung zurückgekommen bin. Jedenfalls quoll da schon Rauch aus den Fenstern, und die Nachbarn sind auf die Straße gerannt. Ich konnte gerade noch deine Gitarre aus dem Flur ziehen … mehr war nicht zu retten. Die Nachbarn haben mich daran gehindert, noch mehr aus der Wohnung zu holen.
    »Es wird alles gut«, versicherte ich ihr.
    Insgeheim jedoch hatte ich nur den Gedanken, dass die Flitterwochen definitiv vorüber waren .
    Octavius nahm uns nur zu gern wieder bei sich auf. Dieses Mal allerdings ohne strenge Moralvorschriften. Er verlangte nicht einmal Miete, sodass wir unser Geld für das sparen konnten, was wir nicht mehr besaßen: für Kleidung, ein Bett, Möbel, Zeichenbedarf, Bettzeug, Geschirr, Handtücher, um nur einiges zu nennen.
    Es dauerte zwar mehrere Wochen, aber der Schock angesichts unserer verbrannten Habseligkeiten verblasste allmählich, und wir konnten uns auf Annas Schwangerschaft konzentrieren. Zum Glück war ihr kein bisschen übel und ihre Laune daher bestens. Nachts lagen wir wach im Bett und versuchten, uns mit den Perspektiven unserer neuen Situation als werdende Eltern anzufreunden. Ich konzentrierte mich dabei auf das, was ich als die praktischeren Probleme betrachtete: Wie schnell konnten wir wieder in eine eigene Wohnung ziehen? Wie viel kostete ein Baby? Konnten wir das nötige Geld aufbringen? Wie um

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