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Lieblingslied: Roman (German Edition)

Lieblingslied: Roman (German Edition)

Titel: Lieblingslied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.A. Milne
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stand auf, nahm meine Hand und zog mich ins Schlafzimmer. An der Wand über dem Bett hing ein großes, gerahmtes Ölbild. »Also? Was sagst du jetzt? Es ist ein Original. Der ›erste‹ Annaliese Bright auf Leinwand.«
    Ich war sprachlos. Das Gemälde war faszinierend. Es war ein Porträt von Anna und mir, das uns an dem Abend zeigte, als ich meinen Antrag gemacht hatte. Es zeigte uns beide auf dem Fußboden sitzend. Wir hielten uns bei den Händen, den Globus in unserer Mitte. Es war eine Szene von perfekter Harmonie. Unsere Haltung, die Position unserer Körper symbolisierten polar einander entgegengesetzte und dennoch aufeinander bezogene Kräfte gleich Yin und Yang.
    »Das ist ein erstaunliches Kunstwerk«, sagte ich schließlich. »Hast du daran spätnachts immer gearbeitet?«
    Anna nickte heftig. »Es war schwierig, es vor dir geheim zu halten. Und ich war nicht sicher, ob ich rechtzeitig fertig werden würde. Aber … ich wollte mein Versprechen halten.«
    Annas letzte Worte trafen mich völlig unerwartet. Ich schwieg niedergeschlagen. Die ganze Zeit über war ich so mit anderen Dingen beschäftigt gewesen, dass ich meinen Teil der Abmachung völlig vergessen hatte. Ich hatte zwar eine Reihe guter Songs geschrieben, doch keinen exklusiv für sie. Und die kannte sie alle.
    Die Qual in meinen Augen muss deutlich sichtbar gewesen sein. »Ist doch kein Beinbruch«, beruhigte sie mich umgehend, trat näher zu mir und berührte leicht meinen Arm. »War ein hartes Jahr, und du hast viel zu viel gearbeitet. Ich nehme es dir nicht übel, dass du noch keinen Song für mich geschrieben hast.«
    »Aber ich hab’s doch versprochen«, entgegnete ich lahm.
    Ihre Miene wurde ernst. »Ich weiß. Und du hast auch noch andere Dinge versprochen. Komm, wir reden beim Essen weiter.«
    Ich nickte. Wir kehrten in die Küche zurück.
    Bei Chicken Fuego überraschte Anna mich erneut, indem sie mir die weiße Brechtüte aus dem Flugzeug über den Tisch schob. Ich hatte sie sofort erkannt.
    »Wo hast du sie gefunden? Ich dachte, sie sei mit allem anderen verbrannt.«
    »Du wirst offenbar alt und vergesslich. Vor ungefähr einem Monat habe ich Karl aus dem Gitarrenkasten genommen, um dir eine Nachricht zu hinterlassen. Dabei ist der Verschluss des Schulterriemens am Filzfutter des Kastens hängen geblieben und herausgefallen. Und dahinter steckte die Tüte.
    »Stimmt. Das habe ich völlig vergessen. Ich habe sie dorthin gesteckt. Dachte, da sei sie sicher.«
    »Und du hattest recht. So sicher, dass selbst du sie nicht mehr gefunden hast.«
    »Vielleicht werde ich wirklich alt. Ich bin froh, dass wenigstens einer von uns sie entdeckt hat.«
    Anna lächelte zärtlich. »Ich auch. Aber warum hast du mir nie etwas davon erzählt? Hat mich sehr gerührt, was du über unseren Hochzeitstag geschrieben hast. Und über mich. War Musik in meinen Ohren.«
    Ich überflog die Worte, die ich vor dreihundertfünfundsechzig Tagen geschrieben hatte. »Ja, das waren meine Gefühle. Und sind es übrigens heute noch.«
    »Und was hältst du von dem, was auf der Rückseite steht?«
    Ich drehte die Tüte um. Dort stand die Liste meiner Versprechen am Hochzeitstag. Es dauerte eine Weile, bis ich sie gelesen und meine Sprache wieder gefunden hatte. »Tja … also einige davon habe ich wohl erfüllt. Nicht gerade perfekt, aber einigermaßen akzeptabel. Was die Verpflichtungen angeht, die ich bei der Eheschließung eingegangen bin, die habe ich allesamt eingehalten. Dasselbe gilt für das, was ich deinem Vater versprochen habe.«
    »Was ist mit dem, das du mir versprochen hast?«, erkundigte sie sich leise.
    Ich las den Abschnitt erneut: Versprochen, dass ich Anna mindestens einmal pro Woche ein Ständchen auf meiner Gitarre bringe, einen Song für sie allein schreiben und ihn ihr an unserem ersten Hochzeitstag vorspielen werde, meine Liebe zu ihr mit jedem Tag wachse.
    Ich fing Annas Blick auf und zwang mich zu einem Lächeln. »Eines von drei Versprechen zu erfüllen ist doch keine schlechte Ausbeute, oder?«
    »Ich würde es einen netten Versuch nennen.«
    »Ich weiß, ich kann es besser.«
    »Natürlich.«
    »Jetzt, da der Alltag nicht mehr so anstrengend ist, sollte ich Zeit haben, wieder öfter für dich Gitarre zu spielen. Abends. Vor dem Schlafengehen.«
    Sie zog die Augenbrauen hoch. »Oh, klingt romantisch.«
    »Und was deinen Song betrifft … Ich verspreche, an nichts anderem mehr zu arbeiten, bis er fertig ist. Okay?«
    Sie stützte die Ellbogen auf

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