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Lieblingslied: Roman (German Edition)

Lieblingslied: Roman (German Edition)

Titel: Lieblingslied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.A. Milne
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»Na gut. An diese Art Magie glaube ich eben nicht mehr. Sieh mich doch an … Ich wollte mein Leben der Musik widmen. Und was ist aus mir geworden? Ich bin weder Musiker – noch Zauberer. Ich kann Gitarre spielen, aber die Karriere, in die ich dadurch gedrängt worden bin, lässt mir keine Zeit für andere Dinge. Und obwohl ich davon geträumt habe, ein Songschreiber zu werden, konnte ich keinen einzigen Song verkaufen, um mein Leben noch in andere Bahnen zu lenken. Annas Unfall ist wieder nur ein Fingerzeig des Schicksals, wozu mich das Gitarrenspielen letztendlich gebracht hat. Es ist die Sache nicht mehr wert. Ich bin damit fertig.«
    »Hm«, murmelte er nachdenklich.
    »Hm? Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?«
    »Was erwartest du denn von mir?«
    »Keine Ahnung. Was anderes als nur ›Hm‹.«
    »Mehr ist nicht drin.«
    Ich wurde immer ungehaltener. »Na gut. Weißt du was? Ich finde, es ist Zeit, dass Karl wieder in deine Hände kommt. Und zwar endgültig. Ich brauche die Gitarre nicht mehr. Ich stelle sie in dein Zimmer, und dann kannst du sie mitnehmen, wenn du uns wieder verlässt.«
    »Aber ich will sie nicht«, entgegnete er ruhig.
    »Damit sind wir schon zwei.«
    Ich stürmte aus der Diele und durch den Flur in mein Zimmer. Dort an der Wand lehnte, wie seit Monaten, Großvaters alter Gitarrenkasten. Ich nahm ihn und marschierte zum Gästezimmer, wo ich ihn ebenfalls gegen die Wand lehnte.
    »Sie gehört dir. Mach damit, was du willst«, erklärte ich Großvater bei der Rückkehr ins Wohnzimmer. »Viel Spaß.«
    »Bist du sicher, dass du das willst?«
    »So sicher, wie Stuart reich ist.«
    »Oh? Wie reich ist er denn?«
    »Sehr reich.«
    »Verstehe.«
    In diesem Moment fiel mir auf, dass er einen Gegenstand auf seinen Knien balancierte, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Es war ein alter Holzkasten, ungefähr vom Format eines Laptops nur etwa doppelt so dick. An der Vorderseite befanden sich ein Messingschloss und zwei Lederriemen, die man durch Ösen an der Rückseite ziehen konnte. Er trommelte rhythmisch mit den Fingern auf den Holzdeckel. Ich war flüchtig versucht, ihn darüber zu befragen. Dann gewann meine Ungeduld die Oberhand. Ich wollte zurück ans Krankenbett meiner Frau. »Tut mir leid«, begann ich. »Es ist deine Gitarre. Ich habe keine Verwendung mehr dafür.«
    »Tja, wenn du partout nicht willst …« Er stieß einen enttäuschten Seufzer aus. »Würdest du dich dann auf einen Tausch einlassen?«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich tausche die Gitarre gegen etwas anderes ein. Würdest du dich darauf einlassen?«
    »Kommt darauf an. Was hast du im Sinn?«, fragte ich skeptisch, denn ich vermutete einen Trick des alten Meister-Zauberers.
    Großvater hob den Kasten hoch. »Nur eine kleine Geschichte. Eine Lektüre für dich, während du dort im Krankenhaus wartest.«
    »Eine Geschichte wovon …?«
    »Meine Geschichte«, säuselte er. »Ursprünglich wollte ich euch allen nach meinem Tod eine Kopie davon zukommen lassen. Aber irgendwie finde ich, dass der Zeitpunkt jetzt günstiger ist. Ich hoffe, die Brights wissen das zu schätzen. Allerdings findest du sie bestimmt besonders interessant.«
    »Weshalb jetzt?«, wollte ich wissen. »Und warum bekomme ausgerechnet ich sie als Erster? Schätze, deine Kinder fühlen sich übergangen.«
    Ein müder Ausdruck trat jetzt deutlich in seine alten Augen, so als hätten sich Jahre der Trauer auf seiner Netzhaut abgebildet. »Wenn ich es mir genau überlege, wünschte ich, ich hätte diese Geschichte schon vor langer Zeit deinem Vater erzählt. Aber das tut nichts zur Sache. Was die anderen betrifft … die kommen ja auch noch an die Reihe. Außerdem bist du wie mein Sohn bei mir aufgewachsen. Du hast es verdient, sie vor allen anderen zu lesen. Sie hat eine besondere Bedeutung für dich. Da bin ich sicher.«
    »Weshalb denn?«
    Er hielt eine knochige Hand hoch, um die Bedeutung dessen zu unterstreichen, was er sagen würde: »Aus dem einen Grund, weil du seit deiner Collegezeit im Besitz meiner Gitarre bist und du vor allen anderen das Recht hast, die Wahrheit zu erfahren.«
    »Die Wahrheit worüber?«
    Er nickte ernst. »Die Wahrheit über Karl.«
    Ich muss zugeben, dass mich diese Aussage neugierig machte. Dennoch stand mein Entschluss fest. Davon abgesehen war es Zeit, mich endlich auf den Weg ins Krankenhaus zu machen. »Tut mir leid, Großvater. Ein andermal.«
    Er bedachte mich mit einem weiteren tief enttäuschten Blick. Dann verzog sich

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