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Lieblingslied: Roman (German Edition)

Lieblingslied: Roman (German Edition)

Titel: Lieblingslied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.A. Milne
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du willst nur das Geheimnis aufklären, weshalb du die Gitarre ›Karl‹ genannt hast. Das wäre zu einfach! Du veranstaltest an mir so etwas wie ein therapeutisches Experiment. Nach dem Motto › Hmm … schauen wir mal, ob es der alte Seelenklempner noch draufhat, was ?‹ Kommt das ungefähr hin?«
    Seine Miene sprach Bände. Ich hatte ihn verletzt. Er stampfte trotzig mit dem Stock auf. »Jetzt reicht es, junger Mann! Das war überhaupt nicht meine Absicht. Du bist kein Patient, du bist mein Enkel. Nichts weiter. Und ja, ich habe dir die Geschichte erzählt, weil ich dachte, es könne dir helfen. Aber nicht so, wie du denkst. Ich hatte nicht die Absicht, mein Unglück mit deinem Schicksalsschlag zu vergleichen. Am Abend, als der Unfall passiert ist, am Telefon – da war mir sofort klar, dass das ein harter Brocken für dich werden würde. Ich dachte, vielleicht … wenn du liest … oder hörst, wie leicht es sein kann, einfach …«
    »Einfach was?«
    Großvater schüttelte langsam den Kopf. »Nein, ich habe nicht die Absicht, dir das vorzukauen, Ethan. Wenn du wirklich wissen willst, wie dir meine Geschichte helfen könnte, dann denk nach. Über das, was ich Anna erzählt habe. Du hast alles mit angehört. Am besten öffnest du die Holzkiste und liest die Tagebücher. Da steht alles drin. Schwarz auf weiß. Ich bin kein Schriftsteller, aber ich verspreche dir, die Antwort liegt in dieser Kiste. Schlicht und ergreifend. Aber grab nicht zu tief. Archäologie ist hier nicht gefragt. Die schönsten Dinge des Lebens hängen gewöhnlich direkt vor unserer Nase. Wir müssen nur danach greifen.«
    Ich warf resigniert die Arme in die Luft. »Jetzt mal im Ernst! Warum sagst du mir nicht einfach, wie das gemeint ist?«
    »Weil es dir dann nicht weiterhelfen würde.«
    »Würde mir jedenfalls schon mal die Lektüre deiner deprimierenden Geschichte ersparen. Ich habe im Augenblick verdammt wenig Zeit für solche Scherze.«
    Großvater lächelte. »Niemand zwingt dich, Ethan. Aber es steht da drin. Du musst es nur wollen.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Donnerwetter, ist spät geworden! Ich muss mich auf die Socken machen, wenn ich den Flieger noch erreichen will.«
    »Du reist wirklich ab?«
    »So ist es.« Er stand auf, machte einen Schritt auf mich zu und umarmte mich. »Und Ethan? Spiel wieder Gitarre, ja!«
    »Keine Chance, Großvater.«
    »Ich finde, du solltest dich unbedingt überwinden. Anna hört es sicher gern. Aber was ebenso wichtig ist: Es täte vor allem dir gut.«
    »Ich überlege es mir«, log ich.

22
    AM DARAUFFOLGENDEN MORGEN schlief ich noch tief und fest, als mein Handy klingelte. Schlaftrunken nahm ich ab – leider ohne zuvor einen Blick auf die Telefonnummer auf dem Display zu werfen.
    »Ethan, gut zu wissen, dass Sie noch unter den Lebenden weilen. Wie lässt sich Ihr Urlaub an?« Bei Jessicas Stimme lief es mir eiskalt über den Rücken.
    »Nicht unbedingt gut.«
    »Wie schade.« Das klang ausgesprochen teilnahmslos. Ihre Stimme verriet wieder einmal, wie gleichgültig ihr diese Dinge waren. »Ich versinke hier in Arbeit. Wie sieht es aus? Könnten Sie für ein paar Tage ins Büro kommen? Wir brauchen Unterstützung. Versuchen gerade ein paar große Fische bei Ihnen im Westen an Land zu ziehen. Ich weiß, Sie wollten noch ein paar Tage bleiben, aber … Könnten Sie einspringen?«
    Ich hatte die Firma völlig vergessen, hatte nicht einmal angerufen, niemandem von Annas Unfall erzählt, mich einfach tot gestellt. Es überraschte mich daher, dass Jessica nicht anrief, um mich fristlos zu kündigen.
    »Jessica, das ist nicht möglich.«
    »Ich bitte Sie! Sie sind doch meine Nummer eins.«
    »Und das hier im Westen alternativlos, ich weiß. Aber jetzt im Ernst. Ich kann nicht.«
    »Okay. Wenn Sie schon nicht ins Büro kommen können, wie wär’s mit einer Konferenzschaltung? Nur ein paar Stunden morgen und drei oder vier übermorgen. Oh, da fällt mir ein! Wenn sie einen Laptop haben, könnten wir …«
    Ich beendete das Gespräch mit einem einzigen Tastendruck. Zehn Minuten später klingelte das Handy erneut.
    »Hallo, Jessica.«
    »Ethan? Ich glaube, wir wurden getrennt.«
    »Nein«, widersprach ich gelassen. »Ich habe aufgelegt.«
    Am anderen Ende war es kurz still. »Ich kann nur hoffen, dass das ein Witz sein sollte. Sonst haben wir beide ernsthaft ein Problem.«
    »Richtig«, bemerkte ich und starrte zu Anna hinüber, die sich in den vergangenen sieben Tagen keinen Millimeter bewegt

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