Lieblingsmomente: Roman
Freundin?«
»Ähm. Journalistin.«
»Oh wow, das klingt spannend.«
Und das meine ich ernst! Journalisten sind in meiner Vorstellung ungemein interessante Personen, haben immer etwas zu erzählen und sind viel unterwegs, immer auf der Suche nach der nächsten Story. Keine Sorge, ich weiß: Natürlich ist das eine sehr romantische Vorstellung des Jobs, aber er klingt für mich einfach spannend.
Endlich können wir unsere Bestellung abgeben. Tristan wählt den Dopple-Cheeseburger mit zweimal Hacksteak, Salat, Gurken, Zwiebeln, Käse und der unverwechselbaren Udo-Soße. Ich nehme den einfachen Cheeseburger, mit viel Soße, und verzichte auf die Zwiebeln. Wir lassen uns die Burger zum Mitnehmen einpacken, liegen kurz darauf im Halbschatten der Bäume auf dem Rasen im Schlossplatz und genießen unser Mittagessen. Er hat ein Sprite dazu bestellt, ich meine Cola. Gestern noch edle Pasta zu einem guten Rotwein mit Beccie – und heute ganz ordinär Burger und Cola im Grünen mit Tristan. Ich liebe diese Stadt.
Während wir unsere Burger genießen, lernen wir uns besser kennen. Er hat Literatur studiert und verdient sein Geld mit zahlreichen Jobs. Ich bin beeindruckt, und bei seinen lustigen Anekdoten aus dem Alltag als Fahrradkurier, Kellner und Türsteher muss ich immer wieder lachen. Er will niemandem etwas beweisen, sondern einfach nur durch die Tage und Wochen kommen. Ich höre ihm während des Kauens gebannt zu, vergesse dabei die Uhrzeit und meinen Job und lasse mich einfach auf diesen Mittag mit Tristan ein. Irgendwann fragt er nach meinen großen Träumen und Plänen für die Zukunft – als hätte ich welche!
»Da gibt es nichts zu erzählen. Ich habe diese kleine Firma, und das macht Spaß.«
Ob ich ihn oder mich zu überzeugen versuche, weiß ich nicht.
»Nichts für ungut, aber das kann doch nicht das Ende deiner Pläne sein. Hast du keine Träume? Ich meine, ich habe deine Fotos gesehen. Du solltest sie verkaufen und dir ein schönes Haus am Killesberg zulegen.«
»Ich glaube nicht, dass sich Galerien für Knipserei aus dem Nachtleben interessieren.«
»Nein, ich meine ja auch die Bilder in deinem Büro und das, was ich online so gesehen habe … Du verschenkst dein Talent.«
Er beißt in seinen restlichen Burger und zuckt mit den Schultern, während mein Herz so schnell schlägt, dass es jeden Moment den Geist aufgeben dürfte. Ich habe fast das ganze letzte Jahr gebraucht, um mich selber davon zu überzeugen, dass dieser Job genau das ist, was ich machen möchte, dass ich glücklich und zufrieden bin. Ich brauche keine höheren Ziele. Ich brauche eine sichere Einnahmequelle, die mich glücklich macht. Und jetzt kommt er daher und zerlegt das alles wie den Burger in seiner Hand? Gut, er zerlegt ihn nicht, er hält ihn sogar ziemlich geschickt, aber seine Hände sind auch groß und er hat lange Finger. Bei genauerer Betrachtung hat er überraschend schöne lange Finger. Nicht zu dünn, nicht zu dick, und erst jetzt fällt mir eine Tätowierung an seiner Handkante auf. In geschwungenen Buchstaben steht dort: Hope . Hoffnung. Wieso ist mir das vorher nicht aufgefallen?
Vorsichtig berühre ich seine Hand und drehe sie so herum, dass ich es besser betrachten kann. Er hält inne und folgt meiner Bewegung. Dabei zerfällt der Burger hoffnungslos in seine Einzelteile, die angebissene Gurkenscheibe rutscht zwischen den Brötchenhälften hervor und alles landet wie mit einem Bauchklatscher im Gras.
Er sagt nichts, wischt sich nur mit der Serviette über den Mund, während ich mit meinem Zeigefinger über die Buchstaben streiche.
»Das ist ein schönes Tattoo.«
Er lässt mich seine Hand etwas genauer untersuchen. Es scheint ihm nichts auszumachen, vielleicht ist er es aber auch einfach gewöhnt. Vermutlich machen Leute das die ganze Zeit. Ihn ungefragt berühren. Erst jetzt bemerke ich, was ich da eigentlich tue – und dass ich darauf kein Recht habe –, und ziehe meine Hand hastig zurück.
»Oh, tut mir leid.«
»Das ist okay.«
Er hält die Hand so in die Luft, dass ich das Tattoo in Ruhe ansehen kann. Es ist schlicht, nicht sonderlich groß und berührt mich tief in meinem Inneren. Gerne würde ich die Geschichte erfahren, die dahinter verborgen ist, weil Tristan keiner dieser Kerle ist, die sich einfach ein hübsches, aber sinnloses chinesisches Schriftzeichen auf ihren Oberarm oder den Unterschenkel tätowieren lassen.
Da erst bemerke ich, dass er mich beobachtet, und als sich unsere
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