Lieblingsmomente: Roman
prallen mit einem Mann zusammen.
»Tschuldigung.«
»Verzeihung.«
»Layla?«
Stuttgart ist manchmal wirklich ein Dorf. Wieso treffe ich immer dann Leute, wenn ich es nicht gebrauchen kann. Ich stehe vor Holger, einem Arbeitskollegen von Oliver, der mit der Zeit erst zu seinem Bekannten und dann zu seinem Freund und so irgendwann auch zu einem meiner Freunde geworden ist. Das passiert doch immer. Freundeskreise vermischen sich, und bevor man sichs versieht, hat man nur noch gemeinsame Freunde und Bekannte.
»Holger! Hi! Schön, dich zu sehen.«
»Hi, Layla. Tut mir leid, ich habe euch gar nicht um die Ecke biegen sehen.«
Er spricht mit mir, sieht aber zu Tristan, der unbeteiligt danebensteht und freundlich lächelt. Ich sehe keinen Sinn oder Zwang, die beiden einander vorzustellen, und so lasse ich Holger im Dunkeln, was die Identität dieses fremden jungen Mannes angeht, und ich muss gestehen: Dabei komme ich mir ein bisschen verrucht vor.
»Ja, dann wünsche ich dir noch einen schönen Tag, und Grüße zu Hause.«
»Sicher, wünsche ich dir auch, und richte ich aus.«
Eine kurze Umarmung, das obligatorische Küsschen und schon ist er verschwunden, jedoch nicht, ohne mir noch einen Blick über die Schulter zuzuwerfen. Ich winke höflich. Tristan grinst.
»Ein Freund?«
»Na ja. Ein Freund meines Freundes. Das trifft es wohl eher.«
Wir gehen weiter und erreichen die Burgerbude. Die Schlange ist wie immer beachtlich, und so stellen wir uns an. Das wird eine kleine Weile dauern, aber die Warterei ist es ohne Zweifel wert.
»Wie lange seid ihr schon zusammen, wenn ich fragen darf?«
Seine Hände stecken in den Hosentaschen, dabei rutscht die Jeans etwas weiter nach unten, und wieder erhasche ich einen Blick auf den Bund seiner Boxershorts, diesmal sind sie schwarz. Ein unwichtiges Detail, aber mir wird wärmer.
»Darfst du. Fünf Jahre und ein paar Monate.«
»Ihr wohnt zusammen?«
»Ja, wir haben vor zwei Jahren eine schöne Wohnung gefunden. Es war eigentlich nicht geplant, aber die Miete ist geteilt einfach besser. Außerdem hat er sowieso nur noch bei mir gewohnt. Es war die logische Konsequenz.«
Er nickt, und wir warten an der Hauswand gelehnt. In meinem Kopf hallen meine Worte wider. Logische Konsequenz. Das klingt nicht ganz so romantisch und verliebt, wie es sollte. Ich muss plötzlich an die Fotos von Tristan und seiner Freundin denken. Sie sahen glücklich und verliebt aus. Ganz und gar nicht logisch konsequent. Vermutlich sind sie das noch immer, verliebt wie am ersten Tag.
»Wohnst du mit deiner Freundin zusammen?«
»Nein.«
»Aber sie wohnt in Stuttgart, oder?«
»Nicht mehr.«
»Fernbeziehung?«
»So was in der Art.«
Das erklärt, wieso sie auf den neuesten Fotos nicht zu sehen war. Ich erinnere mich noch an die Zeit, als Oliver für sechs Monate in Hamburg war, beruflich natürlich. Da haben wir uns fast nie gesehen, das Telefon wurde unser bester Freund.
»Kenne ich. Fernbeziehungen sind echt scheiße.«
»Das sind sie.«
Er sieht zu mir runter, und ich lächle aufmunternd.
»Aber wenn man sich wirklich liebt, dann klappt das. Wirst schon sehen.«
Ich klinge so, als würde ich den Leitspruch einer Glückwunschkarte ablesen, dabei meine ich es auch so. Einige meiner Freunde führen Fernbeziehungen, was in der heutigen Zeit auch keine Seltenheit mehr ist. Manche sind wirklich kreativ geworden, was Skype und Webcams angeht, aber die Details erspare ich ihm wohl besser. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Das hat meine Mutter immer gesagt, und es stimmt sogar. Wenn man sich genug anstrengt, dann kann auch die Entfernung nichts an den Gefühlen ändern.
»Was macht dein Freund beruflich?«
»Oh, er ist Vermögensberater. Geld und all das.«
»Klingt trocken.«
Ich muss lächeln und besinne mich dann aber darauf, seinen Beruf zu verteidigen.
»Nein, es ist interessant. Er hat mit vielen verschiedenen Menschen zu tun, manchmal ist er der rettende Engel. Einmal konnte eine Familie ihr Haus nur dank ihm behalten.«
Ich sage das nicht ohne Stolz und denke an die Auszeichnungen, die sein Büro und unseren Flur schmücken. Oliver liebt seinen Job, und ich sollte das auch tun. Bedingungslose Unterstützung.
»Verstehe.«
Er nickt, und endlich machen wir wieder Schritte nach vorne. Der Duft von gegrilltem Fleisch umgibt uns, und im Inneren ist es fast noch wärmer als draußen. Aber zumindest können wir das Fleisch zwischen den Brotscheiben schon sehen.
»Und deine
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