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Lieblingsmomente: Roman

Lieblingsmomente: Roman

Titel: Lieblingsmomente: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Popescu
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Oberschenkel, und als er eines meiner Knie umfasst und leicht zu sich hochzieht, will ich den Atem sofort anhalten. Aber ich bin bereits außer Atem. Jegliche Gegenwehr meiner Vernunft wird von dem heißen Kribbeln tief in mir vertrieben, und statt zu sprechen, entscheide ich mich dazu, ihn einfach weiter zu spüren. Ich will ihn berühren, ihn schmecken, ihn haben. Jetzt! Hier! Überall! Ich küsse ihn, als würde er sich jede Sekunde in Luft auflösen. Mit meinen Fingern fahre ich durch sein nasses Haar, und ich spüre die tiefe Sehnsucht in seinen Küssen. Ich lasse ihn gewähren. Er darf tun, was immer er möchte, solange es sich so gut anfühlt wie das hier. Als er auch mein anderes Knie zu sich zieht und sich zwischen meine Beine schiebt, bin ich mir nicht mehr sicher, ob man das noch Atmen nennen kann. Das lustvolle Pochen in mir bringt mich um den Verstand, und er hält mich mit seinem Gewicht in der richtigen Position. Ich ziehe ihn dichter zu mir und lasse meine Lippen über seine Wange zu seinem Ohr gleiten.
    »Tristan.«
    Tristan!
    Ich reiße die Augen auf, taumele noch kurz zwischen Schlaf und dem nächsten Morgen und merke, dass ich klatschnass bin. Mein Herz schlägt wild gegen meinen Brustkorb, und ich brauche einige Sekunden, um zu verstehen, dass das alles nur ein Traum war. Nur ein Traum … Alles ist gut, kein Grund durchzudrehen. Oder?
    Sofort schnellt mein Blick auf Olivers Seite, aber die ist leer und weit weg. Etwas ist anders als sonst. Ich atme tief durch und bemerke, wie sehr ich auf meiner Seite liege. So sehr, dass ich fast aus dem Bett gefallen wäre. Nur eine kleine Bewegung, dann wäre ich über die Kante gerutscht. Das ist neu. Noch nie habe ich so weit auf meiner Seite geschlafen. Sonst ähnelt mein territoriales Schlafverhalten eher dem der Engländer in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts – die meinten ja bekanntlich auch, ganz Indien einnehmen zu können. Obwohl in unserem Bett genug Platz ist für zwei ausgewachsene Silberrückengorillas, beanspruche ich grundsätzlich mehr Platz, als mir zusteht und nötig ist. Nur heute nicht.
    Noch immer starre ich auf Olivers verwaiste Seite, dann wandert mein Blick zu seinem Wecker. Kurz vor sieben Uhr. Obwohl er erst in wenigen Minuten anfangen wird, meinen Kopf zu malträtieren, krieche ich von meinem Randplatz über das Bett und schalte ihn vorsichtshalber aus. Dann horche ich in die Wohnung. Keine Dusche zu hören. Aber das ist kein Wunder, Oliver duscht meistens abends oder nachts, selten morgens. Ich stehe auf und tapse durch die Wohnung, finde aber keine Spur von ihm. Im leeren Flur bemerke ich aus dem Augenwinkel nur drei Nachrichten auf dem AB, die wild vor sich hin blinken. Oliver muss schon auf dem Weg zur Arbeit sein, was bei seinem Tagesablauf aber kein Wunder ist. Vermutlich hat er mal wieder eine Besprechung irgendwo in Mannheim, Frankfurt oder Hannover. Das kommt leider viel zu oft vor. Heute fehlt er mir allerdings etwas weniger als sonst, und ich denke, das ist falsch. Ich müsste ihn vermissen, wie sonst auch, aber ich tue es nicht. Heute ist anders, und ich habe eine leise Ahnung warum. Doch ich lasse die Erinnerungen an Gestern noch nicht zu und scheuche sie zurück ins Vergessen, ebenso wie den Traum. Der Tag hat für mich offiziell noch nicht begonnen, und sie dürfen noch nicht zurückkehren. Ich bin noch nicht bereit. Erst einmal brauche ich eine Dusche und einen Kaffee, vielleicht ein kurzes Gespräch mit Beccie, dann kann ich mich ihnen stellen.
    Auf dem Weg ins Bad sammele ich Olivers Kleidungsstücke vom Boden auf und stopfe sie in die Wäschetruhe. Dort landen auch meine Schlafshorts und das Top, bevor ich das Wasser anstelle und warte, bis mir die Temperatur zusagt. Schließlich stelle ich mich unter den entspannenden Wasserstrahl. Ich schließe die Augen – und da sind sie wieder, die Bilder von gestern. Ich sehe, wie Tristan mit der Tüte voll Essen vor meiner Tür steht, wie er mir gegenüber im Stuhl sitzt und zufrieden lächelt, ich spüre wieder, wie er hinter mir steht und wie wir uns auf der Heimfahrt gemeinsam in die Kurve legen, und ich erinnere mich daran, wie ich ihn zum Abschied auf die Wange geküsst habe. Und schon stehe ich wieder am Rand des im Sternenglanz leuchtenden Pools.
    Ich drehe das Wasser schnell kälter, in der Hoffnung, dass sich auch meine Gedanken dadurch abkühlen oder in Luft auflösen würden, aber die Diashow der Erinnerungen geht weiter. Ist es eine gute Idee, ihn am

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