Lieblingsmomente: Roman
ich dabei auch einen kurzen Blick auf meine Pinnwand. Beccie wünscht uns viel Spaß, einige Freunde laden mich zu Events ein, ein alter Schulfreund hat Geburtstag, sonst alles wie immer. Keine Nachricht von Tristan. Obwohl es befreiend wirken sollte, macht es mich vielleicht ein ganz kleines bisschen traurig. Was ich nicht zugeben werde. Wieso auch? Dann klappt das mit der Freundschaft einfach doch nicht. Vielleicht ist es auch besser so. Den leichten ziehenden Schmerz in der Herzgegend ignoriere ich und sehe, dass Thomas meine Nachricht bekommen und sie auch gleich beantwortet hat. Er ist begeistert, dass wir ihn besuchen wollen, und verspricht, Tickets zu organisieren. Er lässt sie an der Abendkasse hinterlegen und würde sich freuen, wenn wir uns nach dem Gig noch auf ein Bierchen treffen würden. Oliver nimmt meinen Ausflug zu Facebook als Entschuldigung, seine E-Mails zu checken und mit einem sehr netten österreichischen Kollegen zu schreiben, den wir vor dem Konzert noch kurz zum Essen treffen könnten. Thomas spielt erst gegen 21 Uhr. Obwohl ich von dieser Idee wenig begeistert bin, bleibe ich einmal mehr stumm. Wir wollten doch die Arbeit und den Alltag daheim lassen. Aber vielleicht wird ja alles ganz nett und unterhaltsam.
Wir entscheiden uns dafür, Konstanz zu verlassen und die Fahrt bis nach Bregenz in kleine Etappen zu unterteilen. Nichts ist schlimmer als ein gestresster Oliver hinter dem Steuer, so viel kann ich bestätigen. Weil es hier am Bodensee so anders als in Stuttgart ist – es gibt so viel mehr Platz und Natur –, zieht es uns schon nach wenigen Kilometern auf die Insel Mainau, wo ich mich vor Motiven kaum retten kann. Noch lächelt Oliver, während ich Blumen, Häuser, Ufergegenden und Spaziergänger fotografiere, die im perfekten Licht gerade danach schreien, fotografiert zu werden. Doch ich kenne meinen Freund und bemerke schon bald die leichte Veränderung in seinem Blick. Er ist genervt. Und das nach bereits fünfzehn Minuten!
»Willst du die Fotos mal sehen?«
Ein Friedensangebot. Ich will seine Meinung hören, obwohl mir bewusst ist, dass er die meisten der Fotos aus reiner Gewohnheit in der Luft zerreißen könnte, weil sie nie gut genug für ihn sind. Er stellt sehr hohe Ansprüche an sich und den Rest der Welt.
»Sicher.«
Wir setzen uns auf die Sonnenterrasse des Restaurants mit Seeblick. Kurze Zeit später nippt Oliver an seinem Radler und schaut auf den Monitor meiner Kamera, die ich voller Stolz in seine Richtung halte. Er nickt, trinkt weiter.
»Das hier kann ich mir gut in Schwarz-Weiß vorstellen, gerahmt, in einer Galerie.«
Ich scherze nur, um seine für den schönen Tag viel zu düstere Miene etwas aufzuhellen.
»Was sagst du dazu?«
»Nett.«
Nett? Nett ist wie ein Todesstoß in meine Seele. Nett ist weder gut noch schlecht. Nett ist egal.
»Gefallen sie dir nicht?«
Ich wünsche mir jetzt eine ernsthafte Meinung, von mir aus auch einen Verriss. Ich möchte einfach nur, dass er sich ehrlich und ernsthaft damit befasst. Aber das Glück werde ich heute nicht haben, das sehe ich. Er setzt sich die Sonnenbrille wieder auf die Nase.
»Wenn wir am Samstag zu diesem dämlichen Konzert wollen, sollten wir langsam weiter. Oder musst du noch ein paar Gänseblümchen knipsen?«
Ich sehe ihn verletzt an, erkenne aber nur mein Spiegelbild in seiner verspiegelten Pilotenbrille.
»Das ist unfair.«
Er hält kurz inne und streicht dann eine Strähne aus meinem Gesicht.
»Ja. Tut mir leid, Schatz. Mir ist einfach nur heiß, und ich muss raus aus der Sonne. Nicht böse sein.«
Er küsst meine Wange, ich verzeihe ihm. Ich will doch auch keinen Streit. Als er dann auch noch den Arm um mich legt und wir verliebt zurückschlendern, ist ohnehin nichts wichtiger als wir zwei – und dieser Moment. Vielleicht sind Blumenmotive einfach nicht geeignet, um ihn zu beeindrucken.
Es gibt nichts Romantischeres als einen Road Trip mit dem Freund. Die richtige Musik im Radio, die schöne Landschaft, die an einem vorbeizieht, und das Lächeln auf dem Gesicht, wenn Oliver meine Hand in seine nimmt. Einfach so, weil ihm danach ist. Als wir das Ortsschild von Sipplingen am nördlichen Ostufer des Bodensees passieren, dreht er sich zu mir und grinst.
»Weißt du, wenn du daheim die Klospülung drückst, dann geht hier alles drunter und drüber.«
Ich kann ihm kaum folgen, nicke etwas verwirrt. So viel also zur Romantik.
»Sipplingen ist nämlich das Zentrum der
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