Lieblingsmomente: Roman
Ich bin manchmal … schwer von Begriff. Ich weiß. Deswegen musst du mir so was immer sagen. Bitte.«
»Gut.«
»Versprochen?«
»Versprochen.«
Wir essen zu Ende und unterhalten uns wieder über unverfänglichere Themen. Oliver gibt vor dem Kellner etwas mit seinem mangelhaften Italienisch an, als er versucht, ein Gespräch mit ihm zu führen. Das tut er oft, um mich zu beeindrucken, da bin ich mir sicher. Als er damals erfahren hat, dass mein Vater aus Italien stammt, hat er wichtige Vokabeln auf Italienisch gelernt, um mein Herz zu erobern. Auch wenn viele seiner Sätze damals wenig Sinn gemacht haben, fand ich es wunderschön. Die Erinnerung an damals weckt auch das Gefühl von damals in mir. Oliver hat recht. Ich muss mehr mit ihm sprechen, ehrlich sein und sagen, was ich fühle, wenn ich es fühle. Ich beobachte das Gespräch interessiert, und er strahlt über das ganze Gesicht, als ich ihm beeindruckt zunicke. Eigentlich ist es mit Oliver wunderschön und herrlich einfach. Ich weiß, was er gerne hört, er weiß, was ich nicht mag. Wenn wir streiten, dann eher in der Fliegengewichtsklasse, ganz selten im Mittelgewicht, aber niemals im Schwergewicht. Und auch das Gespräch eben war wichtig. Und gut. Wir sind wirklich ein schönes Paar. Das fällt mir wieder auf, als der Kellner ein Foto von uns macht (zum Glück bittet Oliver ihn diesmal auf Deutsch!) und uns Komplimente macht. Ja, wir sind ein hübsches Paar, und nachdem ich Oliver dazu überreden kann, beim Trinkgeld nicht wie ein typischer Schwabe zu denken, nennt mich der charmante Kellner auch noch »Bella«. Ja, ich würde sagen, dieser Urlaub tut uns gut.
In der Nacht liegen wir lange wach und reden miteinander, zumindest dann, wenn wir uns gerade nicht wie Teenager küssen. Es ist wundervoll, und ich schlafe irgendwann, als draußen schon die Vögel zu singen beginnen, in seinen Armen ein. So richtig in seinen Armen, wie in den ganzen Serien, die wir Frauen über alles lieben. Wie in einem guten Liebesroman. Nicht wie im echten Leben. Es ist wie ein Traum.
Als ich am nächsten Morgen bei der Abfahrt die Pfahlbauten bei Unteruhldingen erwähne und in meiner Tasche krame, ahnt Oliver sofort, dass ich eigentlich nur wieder den Fotoapparat in die Hand nehmen will. Und so unrecht hat er dabei gar nicht. Gleich werde ich von ihm daran erinnert, dass auch er seine Arbeit daheim gelassen hat. Wir hatten uns in Stuttgart darauf geeinigt, dies als Urlaub zu sehen. Wenn es nach Oliver geht, hätte ich meine Kamera gar nicht erst mitnehmen dürfen. Ich gelobe Besserung und lasse meine Kamera in der Tasche, während er den Triumph auskostet und grinsend behauptet, er würde ohnehin die besseren Schnappschüsse machen. Ich weiß, er will mich nur aufziehen, und lächle deshalb freundlich mit, ziehe aber gleichzeitig meine Kamera aus der Tasche. Wir werden ja sehen, wer hier die besseren Schnappschüsse macht. Ich werde mir diese prähistorische Siedlung nicht durch die Finger gleiten lassen und bei diesem schönem Licht ein paar großartige Fotos machen.
»Du willst mich also zu einem Duell herausfordern?«
»Nein, das will ich nicht.«
»Aber du kannst nicht einfach behaupten, die besseren Schnappschüsse zu machen, und dann kneifen.«
»Das kann ich sehr wohl. Du siehst mir gerade dabei zu.«
Er grinst breit, und ich spüre Enttäuschung und eine Prise Wut in mir aufkeimen. Draußen sehe ich das Schild, das zu den Pfahlbauten führt, an mir vorbeisausen.
»Oli, wir können doch nur kurz …«
»Nein. Ich will jetzt nicht anhalten, ich will heute noch in Friedrichshafen ankommen.«
Er klingt plötzlich genervt, das Grinsen ist aus dem Gesicht verschwunden.
»Aber.«
»Layla, wir kommen sonst zu spät.«
»Fünf Minuten.«
»Können wir nicht einfach mal nur von A nach B fahren? Ohne Umwege und Zwischenstopps?«
»Na gut. Wenn es dir so wichtig ist.«
»Ist es. Danke.«
»Bitte.«
Mit etwas Magenschmerzen schaue ich zu, wie wir Meersburg und die älteste bewohnte Burg Deutschlands aus dem 7. Jahrhundert hinter uns lassen, und fühle mich um ein weiteres wunderbares Motiv betrogen.
»Hast du nicht gewusst, dass hier im 19. Jahrhundert die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff einen Teil ihrer letzten Lebensjahre verbracht hat? Sie ist auch hier gestorben.«
»Ach ja? Was willst du denn mit dieser alten Dichterin? Du bist jung und wirst noch genug andere Motive knipsen dürfen.«
»Joa.«
Aber überzeugt bin ich nicht. Ich fühle mich
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