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Lieblingsmomente: Roman

Lieblingsmomente: Roman

Titel: Lieblingsmomente: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Popescu
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dem Gesicht und küsst sanft meine Lippen.
    Tristan meldet sich nicht. Ich melde mich auch nicht bei ihm. Ich meide seine Facebook-Seite und vor allem seine Fotoalben wie eine Katze das Wasser. Ich zähle die Tage bis zu unserem kleinen Kurzurlaub an den Bodensee, erzähle Beccie nur, dass wir unsere Beziehung etwas aufpeppen wollen, und verheimliche jedes Detail über Tristan und mich in den Weinbergen. Ich versuche so angestrengt, nicht mehr über ihn oder diesen Abend nachzudenken, dass ich eine ernsthafte Falte zwischen meinen Augenbrauen bekomme. Ich gebe mir sogar Mühe, für Oliver zu kochen, damit wir das Abendessen zusammen genießen können. Es gibt eine Pasta nach der anderen, zu mehr fühle ich mich nicht in der Lage. Nach drei Abenden bestellen wir allerdings beim Chinesen, weil niemand diese Pasta-Diät durchhält.
    Ich checke meine E-Mails, aber ich bekomme nur die üblichen Nachrichten von Kollegen, von Beccie und von Veranstaltern. Tristan scheint um Facebook einen ebenso großen Bogen zu machen wie ich. Nur sehr selten verirre ich mich doch auf seine Pinnwand und bemerke keine Veränderung. Nichts. Sein Freund Björn postet am Donnerstag ein vereinsamtes Fragezeichen, und danach passiert nichts mehr. Auf meiner Seite sammeln sich Kommentare, Videolinks und manche Bilder, die Freunde mir posten. Aber seine Seite vegetiert einsam und verlassen vor sich hin.
    Am Freitagabend habe ich alles gepackt und bin bereit für ein kleines Abenteuer am wunderschönen Bodensee. Wir haben Pläne, haben Ideen und beschließen, uns von nichts und niemandem den Spaß verderben zu lassen. Ich lasse mein Handy ausgeschaltet und habe die letzten zwei Tage sogar meine Bauch-Beine-Po-Gymnastik gemacht, um im Bikini keine allzu verzweifelte Figur zu machen.
    Zum Abschied hinterlasse ich eine kurze Statusmeldung bei Facebook. Ich will den Rest der virtuellen Welt wissen lassen, dass es in meinem Leben auch noch so was wie Spontaneität gibt. Wir verziehen uns zu einem kleinen Liebesurlaub.
    Layla Desio vor wenigen Sekunden
    packt ihren Freund und ist dann mal weg. Tschüss, Welt!
    Damit verabschieden wir uns und düsen mit dem Wohnmobil auf der A81 Richtung Singen. Bei Radolfzell kommen wir an den schönen Bodensee. Auch wenn er nicht der Gardasee oder das Meer ist, überrascht mich sein Anblick immer wieder aufs Neue. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich meinen, wir seien in einem anderen Land. Wasser so weit das Auge reicht … Ich schlage vor, einen Abstecher in die Schweiz zu machen, aber Oliver weist mich darauf hin, dass die Schweiz nicht zur EU gehört und damit »Ausland« sei. Er hat keine Lust auf Grenzkontrollen und Geldwechsel, dabei würde ich sehr gerne bei Schaffhausen den sehenswerten Rheinfall bewundern oder die schönen Fachwerkhäuser in Stein am Rhein fotografieren. Aber auch dieses malerische Städtchen liegt auf schweizerischem Gebiet. Wir entscheiden uns schließlich dazu, weiter auf der deutschen Seite bis nach Konstanz zu fahren. Unterwegs sehen wir die Insel Reichenau mit dem bekannten Kloster, das als ein Zentrum mittelalterlicher Buchkunst sogar auf der UNESCO-Liste des Welterbes verzeichnet ist. Diesmal zwinge ich Oliver zu einem Zwischenstopp, denn ganz ohne fotografische Dokumentation unseres Trips möchte ich nicht nach Hause zurückkehren. Ich schieße ein Foto nach dem anderen, während Oliver mir dabei zusieht. In Konstanz angekommen sind wir beide dann erst mal geschlaucht und froh, am Campingplatz unsere Ruhe zu haben und baden zu gehen.
    Das Wetter spielt mit, die Launen spielen mit, das Wasser fühlt sich wirklich fast schon an wie am Mittelmeer, und alles in allem passiert genau das, was ich mir erhofft habe: Wir verbringen Zeit zusammen. Oliver ist gut gelaunt und versucht sich jetzt sogar als Hobbyfotograf. Mit seiner kleinen Digitalkamera knipst er am Strand des Bodensees so ziemlich alles, was ihm vor die Linse kommt. Immer wieder fragt er mich liebevoll nach Tipps, und endlich habe ich das Gefühl, er nimmt mich, mein Talent und meinen Beruf ernst.
    Am nächsten Tag gehen wir Hand in Hand am See spazieren, kaufen uns gegenseitig die Lieblingseissorte, schreiben Postkarten und tun so, als wären wir ganz weit weg, auch wenn wir in knapp zwei Stunden schon wieder in der geliebten Heimat wären. Es ist egal, wie viele Kilometer wir zwischen uns und den Alltag gepackt haben, es fühlt sich an, als wären wir in einer anderen Welt. Ich vermisse meinen Laptop nicht. Ich lebe

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