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Lieblingsstücke

Lieblingsstücke

Titel: Lieblingsstücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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nämlich in rasendem Tempo rum, und irgendwann fragt einen selbst die Frau an der Supermarktkasse, wie man denn mit »dieser« Sache klarkommt. Da kann man sich dann gleich selbst in ein Transparent wickeln, die Stadt plakatieren oder ein Leuchtschild an die Stirn tackern.
    Als Nächstes versuche ich es bei Christoph.
    »Ist doch bei Gericht, der Herr Gemahl«, erinnert mich die Sekretärin.
    »Er soll mich bitte mal anrufen«, hinterlasse ich auch hier einen Rückrufwunsch, habe insgeheim aber wenig Hoffnung, dass er sich melden wird. Wenn Christoph in seine Akten vertieft ist, vergisst er alles.
    Birgit würde ich jetzt bestimmt erreichen. Muss man nicht auch mal über seinen Schatten springen können? An die Sache und nicht an kleine Befindlichkeiten denken? Man muss, aber ich bringe es nicht fertig. Eine Stunde gebe ich ihr noch, um sich bei mir zu melden. Wenn sie dann nicht angerufen hat, kann die was erleben. Sich so aus der Verantwortung zu stehlen. Und wie ich Birgit kenne, wird
sie, wenn alles doch noch gut ausgeht, es dann sogar noch schaffen, sich die Lorbeeren zu sichern. In solchen Dingen macht ihr so schnell niemand was vor.
    Ich nehme meinen Mut zusammen und rufe bei meiner Mutter an. Eine bessere Ausgangsposition für ein Gespräch hatte ich noch nie. Ein wunderbarer Rollentausch bahnt sich an. Ich mache Vorwürfe, und sie muss sich verteidigen. Eine ungewohnte, aber durchaus verlockende Perspektive. Besetzt. Mist. Mit wem die wohl telefoniert? Mit ihrem Rasen-Fred? Säuseln die sich Schweinereien in ihre alten Öhrchen, während mein armer Vater oben still in die Bob-der-Baumeister-Bettwäsche weint? Das wäre ziemlich dreist und auch reichlich gefühlskalt.
    Dann halt doch Birgit. Ich muss jetzt einfach mit irgendwem reden. Zur Not sogar mit Birgit. Auch bei ihr besetzt. Da haben wir es doch schon. Diese ausgefuchste Person. Schiebt mir das Opfer unter und plaudert eine Runde mit der Täterin. Überlegt wahrscheinlich gerade, auf wessen Seite sie sich am schlausten stellt. Ich will versuchen, einigermaßen neutral zu bleiben. Wie eine Mediatorin etwa. Das sind diese Beziehungsvermittler. Obwohl das wahrscheinlich schwierig wird, besonders wenn man das Opfer beherbergt. Das wirkt schnell parteiisch. Ich drücke die Wiederwahltaste. Immer noch besetzt. Kein Wunder. Wenn meine Schwester mal am Reden ist, kennt die kein Ende.
    Am liebsten würde ich mich ins Auto setzen und schnell zu meiner Mutter fahren. Einkreisen, Flucht verhindern, Täter stellen. Aber ich kann so kurz vor halb elf nicht einfach aus dem Haus. Wenn jemand vorbeikommt, um mir Ware zu bringen und dann auf meinen verstörten Vater trifft, ist das wohl kaum geschäftsfördernd. Außerdem
habe ich reichlich zu tun und brauche diese Stunden, bevor die Kinder hier wieder einlaufen, um wenigstens das Nötigste zu erledigen. Ich werfe noch schnell einen Blick in Marks Zimmer, um nach meinem Vater zu sehen, und bin froh, dass er tief und fest zu schlafen scheint. Er sieht anrührend aus, ist richtig eingekuschelt in die Bettdecke und gibt zarte Geräusche von sich. Immerhin – er kann schlafen. Das ist doch schon mal was. Ich schließe sanft die Tür und gehe in den Keller.
    Schritt eins: beendete Auktionen suchen, meine Käufer anmailen, Zahlungsmodalitäten klären. Schritt zwei: Konto überprüfen, nachschauen, wer wofür schon gezahlt hat und dann die entsprechende Ware finden, verpacken und zur Post bringen. Und dann Schritt drei: das Geld für den Auftraggeber, meinen direkten Kunden, abheben oder überweisen. Das klingt nicht weiter schwierig, ist es aber in meinem Fall schon. Obwohl ich theoretisch durchaus weiß, wie Buchhaltung funktioniert, ich bin immerhin gelernte Speditionskauffrau, mache ich mir trotzdem nichts draus. Mir gefällt an meiner Tätigkeit bis heute das Textschreiben am besten. Damit allein ist es aber leider nicht getan. Im Gegenteil. Das Texten ist nur ein winziger Bestandteil des Geschäfts, und ich habe den ganzen übrigen Teil komplett unterschätzt. Im Prinzip bräuchte ich einfach mal eine Woche, um die gesamte Logistik und Buchführung auf Vordermann zu bringen. Mindestens. Solange ich diese Zeit nicht investiere, bin ich eigentlich immer etwas im Verzug, denn ständig kommt neue Ware rein. Wenn ich aber die Annahme stoppe, könnte ich neue Kunden vergraulen. Dieser Teufelskreis führt zu gewissen Panikhandlungen. Eine Lösung wäre natürlich Personal. Eine Sekretärin oder noch besser ein schnuckeliger

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