Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lieblingsstücke

Lieblingsstücke

Titel: Lieblingsstücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
Vom Netzwerk:
sprechen.«
    Das ist aber gnädig von Ehebrecher-Mama. Bisher hatte ich immer noch die kleine Hoffnung, das ganze Theater könnte ein gigantisches Missverständnis sein, aber diese Hoffnung löst sich soeben in Luft auf. Wenn der Kerl, dieser Rasenfreak, schon bei ihr eingezogen ist, schafft das eine völlig neue Situation. Keine besonders erfreuliche.
    »Was machen wir jetzt?«, frage ich tatsächlich Birgit um Rat.
    »Ich fahre heute Abend hin. Dann sehen wir weiter.«
    War ja klar – kein »Wir fahren«, sondern ein »Ich fahre«.
    »Sollten wir nicht besser alle zusammen, also wir drei, du, Stefan und ich, mal mit ihr reden?«
    »Ich weiß nicht so recht«, schwankt Birgit, »vielleicht ist das ungünstig. Drei gegen eine. Das sieht dann wie so eine Front aus. Eine Mauer. Vielleicht bleibst du besser bei Papa, und Stefan ist wohl eh nicht der Richtige für so was. Der kriegt ja selbst keine gescheite Beziehung auf die Reihe.«
    Zack, mit einem Satz auch noch dem Bruder einen mitgegeben. Dass jemand Single ist, heißt ja noch lange nicht, dass er keine Ahnung hat. Eventuell hat er sogar wesentlich mehr Ahnung und ist schon deshalb Single, weil er weiß, dass eine Partnerschaft per se nicht glückbringend ist. Außerdem hatte Stefan schon diverse Beziehungen und kennt sich auch mit Trennungen sehr gut aus. Birgit lenkt nach einer kurzen Pause ein.
    »Gut, Andrea, dann fahren eben wir beide. Aber Stefan nicht. Der kann sich ja solange um Papa kümmern.«
    Das klingt doch schon vernünftiger, ist vielleicht nicht ganz fair Stefan gegenüber, aber manchmal erfordert das Leben kleine Opfer. Und es ist mir lieber, das Opfer heißt Stefan und nicht Andrea. »Okay, abgemacht, Birgit. Treffen wir uns um acht Uhr bei Mama.«
    Bei mir klingelt es. An der Haustür. Aber unser Gespräch ist sowieso zu Ende. Ich würge Birgit, die noch herzliche Grüße an Papa ausrichten lässt, ab und sage einfach: »Also bis dann. Tschüs.«
    Da bin ich aber mal sehr gespannt, ob sich Birgit an unsere Verabredung hält. Sie kommt nämlich gerne mal ein halbes Stündchen früher, um ein wenig Exklusivwissen zu erhalten. Raffiniert. Aber das wird mir heute nicht passieren. Ich fahre einfach schon um halb acht hin und tue so, als wären wir um halb verabredet gewesen. Man kann sich ja durchaus mal irren. Die schlage ich ab jetzt mit ihren eigenen Waffen. Das wollen wir doch mal sehen! Vor allem diesmal. Schließlich habe ich einen ordentlichen Trumpf oben in der Bob-der-Baumeister-Bettwäsche liegen und keinerlei Hemmungen, ihn auch auszuspielen. Wenn der ausgeschlafen hat, werde ich nochmal versuchen, was aus ihm rauszukriegen.
    Ich gehe zur Haustür. Es ist kurz nach halb elf, und mal wieder steht eine perfekt zurechtgemachte Iris vor meiner Tür. Diese Iris-Frauen schaffen es, ohne auch nur ein Wort zu verlieren, dass man sich selbst irgendwie sofort unzulänglich fühlt.
    »Hallo, Andrea«, begrüßt sie mich herzlich.
    Seit einigen Monaten sind wir per du – kein Wunder, ich sehe sie fast mehr als meinen eigenen Mann.
    »Willst du einen Kaffee?«, frage ich meine beste Kundin, die mittlerweile eine Freundin geworden ist, weil ich
erstens selbst noch einen brauchen könnte und das zweitens ja auch zur Kundenpflege gehört.
    »Gerne«, strahlt sie. »Schwarz wie immer, keine Milch, keinen Zucker.«
    »Wozu auch, Sie sind wahrlich süß genug«, höre ich eine Stimme von der Treppe.
    Mein Vater scheint von den Toten auferstanden zu sein und lehnt so lässig wie möglich am Treppengeländer. Hat der eben tatsächlich diese abgegriffene Bemerkung gemacht? Süß genug! Peinlich. Was will der denn jetzt hier? Als mein Vater Iris gegenübertritt, strafft er sich unweigerlich, streckt sich und grinst sie an.
    »Hallo, ich bin der Franz. Der Vater von Andrea!«
    Sie zirpt direkt zurück: »Der Vater, das kann ja nicht sein. Ich dachte schon, Sie wären der Hausfreund.«
    Komplimente können noch so profan sein, sie werden meistens gerne genommen. So auch in diesem Fall. Beide strahlen von einem Ohr zum anderen. Unglaublich! Mein Vater, eben noch ein kümmerliches Hutzelmännchen in Depri-Stimmung, flirtet. Zwar etwas unbeholfen, wie jemand, der ein wenig aus der Übung ist, aber er flirtet. Wie schnell so was gehen kann. Schon erstaunlich. Eine nette Bemerkung, und er blüht auf. Dass derselbe Mann noch vor zwei Stunden hier auf der Couch lag und Tränen in den Augen hatte, unvorstellbar.
    »Krieg ich auch einen Kaffee, Andrea?«, fragt er dann

Weitere Kostenlose Bücher