Liebst du ihn noch immer
wirklich nötig ist, daß ich ins Krankenhaus komme. Können Sie mich hinfahren?"
Er zog sich die Kleidung über die nasse Schwimmhose, half ihr zum Wa gen und kehrte noch einmal ins Haus zurück, um den vorbereiteten Koffer und Kates Handtasche zu holen. Als er den Wagen rückwärts aus der Auf fahrt fuhr, rief er: „Wo, zum Teufel, ist die Klinik?"
„Mein Arzt praktiziert nicht in dieser Gegend. Ich bin in der Frauenklinik in Houston vorangemeldet."
„Houston! Du meine Güte, das ist ungefähr fünfzig Meilen von hier. Ich hätte Sie im Helikopter hinbringen sollen. Wir hätten auf dem Dach landen können..."
„Beruhigen Sie sich. Ich glaube nicht, daß es solche Eile hat. Man sagt, das erste Baby ließe sich Zeit, auf die Welt zu kommen." Sie biß die Zähne zusammen und unterdrückte ein Stöhnen, damit er nicht merkte, daß sie die nächste Wehe hatte. Er schien das tragischer zu nehmen, als es war.
Fast eine Stunde rasten sie durch die Dunkelheit. Um diese Nachtzeit war auf dem vierspurigen Highway kaum Verkehr.
„O nein", murmelte Kate, als sie in die Nähe von Houston kamen, „ich habe vergessen, meinen Arzt zu benachrichtigen. Aber er wird es wohl schaffen, bis das Baby kommt, wenn die Schwester ihn gleich benachrichtigt, sobald wir..." Trotz ihrer Anstrengung, sich den Schmerz nicht anmerken zu lassen, beendete sie den Satz mit einem unterdrückten Stöhnen.
Rusty sah sie besorgt an und drückte noch fester aufs Gas.
In dem Augenblick, wo Rusty und Kate das Krankenhaus betraten, kümmerte sich die Schwester in der Notaufnahme um die Hochschwangere. „Machen Sie sich keine Sorgen. Ich rufe Ihren Doktor an. Er ist nicht in der Stadt, aber sein Mitarbeiter macht sich auf den Weg, sobald wir ihn wissen lassen, daß es soweit ist." Sie schob Kate einen Rollstuhl hin. „Jetzt kommen Sie mit mir, meine Liebe. Ihr Mann kann im Warteraum warten, bis wir wissen, ob es falscher Alarm ist oder Ernst."
„Aber er ist nicht mein..." wollte Kate erklären, doch eine heftige Wehe ließ sie verstummen.
Etwas später führte die Schwester Rusty zu Kate in den Geburtsraum. „Ich komme immer wieder zur Überprüfung. Rufen Sie mich einfach, wenn die Fruchtblase platzt", sagte sie zu Kate, „oder wenn Sie etwas gegen die Schmerzen haben wollen." Dann ließ sie die beiden allein.
„Das heißt, es war kein blinder Alarm", stellte Rusty fest und trat an Kates Bett.
„Nein, es sind die Geburtswehen." Sie versuchte ein Lachen, doch es klang so schwach, wie sie sich fühlte. „Das ist das erste Mal in meinem Leben, daß ich mit etwas zu früh dran bin."
„Ich habe Ihre Mutter angerufen. Sie möchte Bescheid haben, sobald das Baby auf der Welt ist. Dann nimmt sie das nächste Flugzeug nach Houston."
„Danke", flüsterte Kate.
„Ich sollte wohl gar nicht hier bei Ihnen sein. Wahrscheinlich sind nur Familienangehörige zugelassen. Gibt es jemanden, den ich für Sie anrufen kann, damit er bei der Geburt dabei ist?"
Sie ergriff seine Hand, als eine weitere Welle des Schmerzes sie durchzuckte. Jetzt konnte sie ihr Stöhnen nicht mehr unterdrücken. Sie kniff die Augen zu und zählte die Sekunden, die die Wehe dauerte. Die Wehen waren jetzt länger und folgten schneller aufeinander. Sie spürte, wie Rustys Finger ihre Hand umschlossen, gleichsam, als wolle er ihr etwas von seiner Kraft abgeben.
„Ich habe versucht, ihnen zu sagen, daß du nicht mein Mann bist. Aber die Krankenschwester war in solcher Eile. Es ergab sich nicht." Sie lockerte ihren Griff etwas, ließ aber Rustys Hand nicht los. „Ich weiß, es ist viel verlangt von unserer Freundschaft, besonders da wir uns noch nicht einmal einen Monat kennen..." Sie machte eine Pause und sog zitternd die Luft ein. Sie war zu dem vertrauten Du übergegangen. Ihr kam es zu albern vor, jemanden in diese Situation zu bringen und ihn immer noch mit einem distanzierten Sie anzureden. „Könntest du bei mir bleiben? Ich glaube, ich wäre tapferer. Und es gibt niemand anderen. Ich brauche dich."
In ihren Augen standen Angst und Schmerz. Sie war bleich, mit roten Flecken auf den Wangen. Klein und zart lag ihre Hand in der seinen, und er spürte ihr Zittern. Natürlich würde er bleiben. Wie konnte er sie gerade dann allein lassen, wenn sie ihn am meisten brauchte?
Mit seiner freien Hand strich er ihr das Haar aus der Stirn. „Ich weiß nicht, ob ich von Nutzen sein kann, aber solange du es willst, bleibe ich bei dir."
„Danke..." Ihr Griff wurde fester,
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