Liebst du ihn noch immer
sich zu schieben. Natürlich, Doug würde seine Tochter niemals sehen können. Aber warum Rusty nicht hereinschaute, war ihr ein Rätsel. Einmal rief er an, doch da schlief sie, und ihre Mutter nahm den Anruf entgegen. Rusty hatte mit den Mannschaftstransporten so viel zu tun, daß er bis in die Dunkelheit hinein unterwegs war. Er wollte vorbeischauen, wenn sie wieder zu Hause wäre.
Kate wußte, wie albern ihre Enttäuschung war. Schließlich hatte er ja eine ganze Nacht schlaflos neben ihr gesessen. Und dennoch fand sie, er könne mehr Interesse für das Baby zeigen, dem er mit auf die Welt geholfen hatte. Gleichzeitig mußte sie sich jedoch eingestehen, daß er nie ein Hehl aus seinem Desinteresse für Kinder gemacht hatte. Wenigstens aber hatte der Anruf ihr die Furcht genommen, er könne die Arbeit aufgegeben haben.
Als Kate nach drei Tagen mit ihrer Mutter und ihrer Tochter daheim eintraf, erkannte sie, daß Rusty sehr wohl an sie und Shanna gedacht hatte. Der Rasen war gemäht, die Blumen waren gewässert. Die Zeitungen und die Post, an die sie gar nicht gedacht hatte, lagen auf dem Küchentisch. Und im Kinderzimmer war die Wiege aufgebaut und zurechtgemacht. Sogar ein buntes Mobile hatte Rusty angebracht.
Kates Mutter mißverstand die Tränen der Rührung, die ihrer Tochter in die Augen traten. „Doug wäre stolz darauf, wie du alles geschafft hast. Sieh dir nur dieses Zimmer an. Alles ist für das Baby bereitet."
Unfähig zu sprechen, nickte Kate. Wie schön wäre es, könnten Doug und Rusty jetzt auch hier sein. Rusty wäre genau der richtige Zweitpilot gewesen, den Doug sich gewünscht hätte, und Doug wäre Rusty so etwas wie ein älterer Bruder gewesen.
„Du ruhst dich jetzt aus, und ich werde Shanna ins Bett legen", befahl Margie mit mütterlicher Strenge. „Wenn sie schläft, mache ich uns etwas zu essen."
Die Fahrt von der Klinik war für Kate anstrengend gewesen, und so schickte sie sich widerspruchslos in das Diktat ihrer Mutter und legte sich zu Bett. Im Einschlafen fragte sie sich, ob Rusty wohl am Abend herein schauen würde.
Am späten Nachmittag, nachdem sie-ihre Tochter gestillt hatte, setzte Kate sich mit ihrer Mutter zu Tisch. Sie waren fast fertig, als die Türklingel anschlug.
„Endlich lerne ich Sie kennen, junger Mann", sagte Margie, als sie geöffnet hatte. „Kommen Sie mit ins Eßzimmer. Ich hole noch einen Teller. Es gibt noch eine Menge Brathühnchen und Kartoffelmus."
Ihr ununterbrochener Redefluß über Kates Gesundheit und des Babys Wohlergehen nahm Rusty jede Möglichkeit, die Einladung abzulehnen. Kate ahnte, daß der Ankömmling Rusty war. Unbewußt glättete sie den Kragen ihres Morgenrocks. Sie hatte Rusty erzählt, daß ihre Mutter etwas überwältigend sein konnte, und bedauerte nur, nicht erwähnt zu haben, wie sehr.
Rusty jedoch war keineswegs eingeschüchtert. Er lächelte Margie an und machte ihr Komplimente zu ihrer wunderschönen Enkelin. Das mußte natürlich dem Stolz einer frischgebackenen Großmutter schmeicheln.
Als er seine Aufmerksamkeit Kate zuwandte, durchfuhr sie ein Schauer. Ein Schauer, der erwärmte, nicht abkühlte. „Tag, Kate", sagte er. Sein Ton war leicht und freundlich, doch in seinem Blick lag Sorge. „Wie fühlst du dich?"
„Als hätte ich tausend Kniebeugen gemacht", erwiderte sie und verspürte ganz unerwartete Scheu bei dem Gedanken, in welcher Situation sie das letzte Mal beisammen gewesen waren.
„Na, die müssen ja ihre Wirkung getan haben. Du siehst viel dünner aus als vor ein paar Tagen."
„Du auch. Hast du nichts gegessen, während ich in der Klinik war?" fragte sie.
„Also, wer hackt jetzt?" neckte er sie. „Ich habe die meiste Zeit in der Luft verbracht. Ich war soviel fort, daß Rebell mich angekläfft hat, als ich nach Hause kam. Ich weiß nicht, ob er mich nicht erkannt hat, oder ob er böse mit mir ist, weil ich ihn so vernachlässigt habe."
„Hatten wir soviel zu tun?"
„Gestern mußte ich doch tatsächlich einen Auftrag ablehnen. Das Telefon klingelte ohne Unterbrechung."
Das waren gute, aber auch verwirrende Neuigkeiten. War es mit dem Ölgeschäft in den letzten beiden Monaten so sehr aufwärts gegangen? Kate bezweifelte das. Aber warum war Doug nicht in der Lage gewesen, so viele Aufträge heranzuschaffen? Besaß Rusty wirklich soviel mehr Kontakte?
Margie stellte einen wohlgefüllten Teller vor Rusty hin und setzte sich dann wieder auf ihren Platz. Natürlich drehte sich jetzt die
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