Liebst du ihn noch immer
an die Arbeit. Vor Dunkelwerden werde ich kaum zurück sein."
„Wirst du zum Mittagessen kommen?" Kate hatte mit der Frage gezögert, denn sie wußte nicht recht, wie sie sich jetzt, da die Regeln sich geändert hatten, verhalten sollte. Tatsächlich war sie sich kaum sicher, ob sich ihre Unterhaltung am Freitagabend ereignet oder ob sie sie geträumt hatte. Bisher hatte nichts an Rustys Verhalten darauf hingedeutet, daß etwas anders war als vor dem Freitag.
Als er jetzt antwortete, bestätigte der Schimmer in seinen Augen ihr jedoch, daß der Freitagabend sich wirklich ereignet hatte. „Ich hatte gehofft, du würdest fragen. Ich habe nichts dagegen, auch mal eine Pause einzulegen, solange wir vorankommen. Außerdem bin ich gern mit dir in der Küche." Das verwegene Anheben seiner Augenbrauen ließ keinen Zweifel daran, daß nicht der Kaffee gemeint war.
Groß und einsam kam ihr der Raum vor, kaum daß Rusty aus der Tür gegangen war. Wieder war Kate von der Vorstellung überwältigt, wie sie ihn vermissen würde, wenn er aus ihrem Leben verschwände.
Rustys Glieder waren steif vom langen Sitzen, als er abends das Cockpit verließ. Kate würde nicht mehr im Büro sein, und er wollte schnell nach Hause, um zu duschen und die Kleidung zu wechseln, bevor er zu ihr ging. Neben seinem Truck parkte ein fremder Wagen. Ein Mann stieg aus, als er Rustys ansichtig wurde.
„Tag, ich bin Al Nicholson von der Freedom Life Insurance. Ist Mrs. Cramer da?"
Rusty ergriff die Hand, die der Mann ihn entgegenstreckte. „Nein. Aber kann ich Ihnen helfen?"
„Wohl nicht. Ich habe nur noch ein paar Fragen, bevor wir den Scheck ausstellen."
„Einen Scheck? Wofür?"
„Die Lebensversicherung ihres Mannes. Der Friedensrichter hat ihn heute offiziell für tot erklärt."
Rusty versuchte, bei dieser Neuigkeit nicht allzu erfreut dreinzublicken. Wenn es stimmte, war das für Kate ein Schritt auf dem Weg, die Wahrheit zu akzeptieren. „Aber ich dachte, sie muß sieben Jahre warten, weil die Leiche nicht gefunden wurde."
„Wenn es keine Zweifel gibt, daß die Person gar nicht überlebt haben kann, braucht die Siebenjahresregel nicht zu gelten", erklärte Al. „In diesem Fall waren die Helikoptertrümmer, die Wassertiefe und die Abgelegenheit des Gebietes der Beweis, daß der Verunglückte nicht überlebt haben kann."
„Soweit ich weiß, ist es schon erstaunlich, daß die Küstenwache überhaupt etwas gefunden hat.''
„Ja, sie überflogen das Gebiet mehrfach, ehe sie Trümmer sichteten." Al stieg wieder in seinen Wagen. Durch das geöffnete Fenster fügte er hinzu: „Wissen Sie, der Helikopter hätte nicht in einem schlimmeren Gebiet sinken können, selbst wenn der Pilot es darauf angelegt hätte."
5. KAPITEL
Rusty war nie in den Sinn gekommen, daß es sich um keinen Unfall gehandelt haben könnte. Für ihn war unvorstellbar, daß jemand seine Situation so unerträglich finden könne, daß er Selbstmord beging. War Doug von seinem geschäftlichen Versagen so deprimiert, daß er meinte, nur noch die Lebensversicherung könne Kate und dem Kind ein Leben garantieren, das sie verdient hatten?
Würde Kate erleichtert sein, daß die Frage, ob Doug überlebt hatte, sich hiermit erledigte, oder würde es sie völlig niederschmettern? Vielleicht hatte sie sich bis zu diesem Zeitpunkt doch noch ein Fünkchen Hoffnung bewahrt?
Rund und bleich stand der Mond am Himmel und erhellte die Nacht. Die Rotorblätter des Helikopters blitzten in seinem Licht, und das hohe Gras um den kleinen Landeplatz wiegte sich in einer leichten Brise.
Rusty überlegte, ob er Kate seinen Verdacht mitteilen solle. Wie würde sie reagieren? Würde der Geist ihres verstorbenen Mannes immer zwischen ihr und Rusty stehen? Er fuhr sich mit der Hand über das Kinn. Kate würde sich fragen, wo er so lange bliebe. Sie erwartete ihn zum Abendessen. Er schloß die Jalousien im Büroraum, und verharrte mehrere Sekunden im Dunkeln. Würde er eine Botschaft von Dougs Geist empfangen können? Er wartete, lauschte, und als er nichts aus dem Jenseits hörte, fluchte er: „Wie konntest du Kate das antun? Sie brauchte dich. Sie liebte dich. Sie hätte dich verstanden 'und dir geholfen, die Schwierigkeiten zu überwinden. Wußtest du nicht, wie glücklich du dran warst?"
Nachdem Al Nicholson ihr die Neuigkeit überbracht und der Friedensrichter sie bestätigt hatte, überkamen Kate widerstreitende Gefühle. Vorbei war das Warten und das Hoffen. Und dennoch, als sie auf
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