Liebst du ihn noch immer
begann, Rebell trockenzurubbeln. „Geh du zuerst. Ich sehe mal nach, was auf dem Innenhof steht, und bringe alles, was weggeweht werden könnte, in die Garage."
Als sie wieder trockene Kleidung an hatten, liefen Kate und Rusty durchs Haus, sammelten Kerzen zusammen und verklebten Fenster mit Klebeband. Nachdem alles so gut wie möglich abgesichert war, bereiteten sie sich in der Küche gemeinsam ein Essen. Sie hatten beide den ganzen Tag über nichts zu sich genommen.
Alle Fernseher im Haus waren auf die Station Houston eingestellt, die laufend Wetterberichte über Cäsars Entwicklung brachte. Er kam nicht mehr mit voller Kraft auf Galveston und Freeport zu, und trotz der Bedrohung, die er immer noch darstellte, waren Kate und Rusty in nahezu festlicher Stimmung.
„Ich habe mich immer gefragt; warum manche Leute Hurrikan-Partys veranstalten", sagte Rusty, als er mit Kate gemeinsam das Geschirr in die Spüle räumte.
„Ich denke, die suchen wohl nur einen Vorwand, um sich zu besäuseln."
„Auf manche trifft das sicher zu. Aber ich glaube, es bedarf einiger Kraft, der Natur, wo sie sich von ihrer gefährlichsten Seite zeigt, zu trotzen. Man ist sich der Gefahr bewußt, und es ist eine furchteinflößende Erfahrung, die Wildheit eines solchen Unwetters mitzuerleben."
Kate verstand, was er meinte, weil sie ähnlich empfand wie er. Sie hörte den Regen an die Fenster klopfen und den Wind um die Ecken heulen. Die tiefe Finsternis draußen wurde nur von Blitzen aufgehellt, auf die der Donner in immer dichteren Abständen mit einer Heftigkeit folgte, die die Wände beben und das Geschirr in den Schränken klirren ließ.
„Laß uns doch Karten spielen", schlug Rusty vor, als die Küche sauber und aufgeräumt war. Mit zwei Taschenlampen und einer Kerze gingen sie ins Wohnzimmer.
„Mir ist ganz sonderbar ohne Shanna", sagte Kate. Sie setzten sich am Teetisch einander gegenüber auf den Boden. „Obgleich sie ja immer nur ißt und schläft, vermisse ich sie sehr."
Rebell, dem das Unwetter überhaupt nicht gefiel, war ihnen gefolgt und legte sich neben Rusty.
Rusty streckte seine Beine so unter dem Tisch aus, daß sie sich an Kates Beine schmiegten. Ihr behagte es sehr, mit ihm den Platz zu teilen und seine Wärme zu spüren.
„Was ißt sie denn jetzt, wo ihre Nahrungsquelle so weit weg ist?" fragte er mit gezieltem Blick auf ihre Brüste. „Ist das plötzliche Abstillen denn gut?"
Kate seufzte. Sie bedauerte sehr, ihr Baby nun nicht mehr stillen zu können. Bis sie wieder zusammensein würden, würde ihre Milch zurückgegangen sein. „Ich wollte, ich hätte sie länger stillen können. Aber sie wurde ohnehin schon zugefüttert. Der Arzt meinte, daß der Verlust, den ich während der Schwangerschaft erlitt, einen negativen Einfluß gehabt haben könnte."
„Tut mir wirklich leid, daß du das Stillen ganz aufgegeben hast, um bei mir zu sein." Und dann machte er ihr mit einiger Verlegenheit ein Eingeständnis: „Ich habe dich einmal beobachtet, als du sie stilltest. Es war ein ganz besonderes Erlebnis. Du sahst wunderschön aus." Er machte eine Pause, und seine Miene wurde ganz weich. „Ich glaube, in jenem Augenblick erkannte ich, daß meine Gefühle für dich anders sind als für jede andere Frau, die ich je kannte. Ich stellte mir vor, du seist meine Frau und Shanna mein Kind."
Kate wurde von einem Glücksgefühl erfaßt. Sie selbst hatte über ihre Beziehung zu Rusty phantasiert, wenn sich auch nicht alle Vorstellungen um die Vaterschaft drehten. Aber sie wollte das Thema so neutral wie möglich halten: „Nach all deinen Bemerkungen über Kinder fürchtete ich schon, du würdest sie nicht mögen."
„Aber mit ihr ist das doch etwas anderes", rief er mit unmißverständlicher Ehrlichkeit aus. „Sie ist ein Prachtkind. Weißt du, ich glaube, sie erkennt mich sogar schon."
„Natürlich. Ich habe beobachtet, wie sie ihren Kopf in deine Richtung dreht, wenn sie deine Stimme hört."
Er fuhr mit einem Anflug väterlichen Stolzes fort: „Sie hat ein Lächeln, da werden später mal alle Jungen Purzelbäume schlagen. Jemand wird darauf achten müssen, daß ihr keiner komisch kommt."
Der Nachdruck, mit dem er sprach, ließ Kate glauben, daß Rusty sie und ihre Tochter wirklich in seine Zukunftspläne einbezog, und sie mußte sich eingestehen, daß sie die Vorstellung, die elterlichen Pflichten mit ihm zu teilen, nicht mehr von sich wies. Er war liebevoll und verständig und würde sicherlich einen
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